Tichys Einblick
Polizeiliche Kriminalstatistik 2023

Bundesweit stark wachsende Gewaltkriminalität

Am Dienstag will Nancy Faeser die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2023 vorstellen. Im Zentrum der Zahlen steht die stark gestiegene Gewaltkriminalität, bei der vor allem Ausländer und Zuwanderer herausstechen. Die Politik versucht das Problem kleinzureden, doch die Einwanderung drängt sich immer mehr in den Vordergrund.

picture alliance/dpa/dpa-zb | Paul Zinken
Berlin ist vor einer Woche vorangegangen. Und das in zweifacher Hinsicht: Zum einen gibt es auch in der Bundeshauptstadt einen starken Anstieg der Kriminalität, die dort ohnehin schon am ausgeprägtesten ist. Laut Innensenatorin Iris Spranger (SPD) gibt es einen deutlichen Trend zur „Verrohung“, vor allem im öffentlichen Raum, wo die gefährliche und schwere Körperverletzung um 17,5 Prozent zunahm. Vor allem Raub, Diebstahl, Körperverletzungen und Sexualdelikte nahmen nun im zweiten Jahr deutlich zu. Die Sexualdelikte steigen in der Hauptstadt seit 2015 kontinuierlich an. Es gab mehr als eine halbe Million Taten bei einem allgemeinen Plus von 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Man kommt nicht umhin, Berlin hier als Labor der Bundesrepublik zu sehen.

Originell waren daneben die Begründungen der Senatorin, bei denen alles Verfügbare zusammengemischt wurde: „Corona, Inflation, Krieg in der Ukraine, Migration, Hamas-Terror in Israel – die Krisen der letzten Jahre suchen sich ihr Ventil.“ Im Detail heißt das erstens: „erhöhte Mobilität“, das spielt auf die überwundenen Corona-Maßnahmen an. Dann: „wirtschaftliche Belastung“, das ist allerdings klar angesichts der aktuellen Wirtschaftspolitik. Zuletzt: „ein dynamisches Migrationsgeschehen“.

Damit folgt Spranger gewissermaßen der Vorgabe ihrer Kollegen Herbert Reul (CDU) und Joachim Herrmann (CSU), die bei der Vorstellung der bayrischen und nordrhein-westfälischen Zahlen nicht mehr vermeiden konnten, einen starken Anstieg der Ausländerkriminalität zu konstatieren, TE berichtete.

Auch Innensenatorin Spranger hatte ein paar politisch korrekte Bemerkungen zu den Berliner Zahlen parat: „Gewalt wird nicht durch Herkunft bestimmt, sondern durch besondere Umstände geprägt. Sozialisation, Gewalterfahrungen, Ängste sind nur einige davon, auch ein fremdes Umfeld, eine ungewisse Zukunft, wenig Geld.“ Und das wären dann wohl Gründe im halben Dutzend für Zuwanderer, um in der ihnen fremden Umgebung Deutschland, nach von Gewalt und Ängsten begleiteter (illegaler) Migration, bei geringen Geldmitteln (Achtung, nun kommt auch noch die Bezahlkarte!) straffällig und gewalttätig zu werden.

17,8 Prozent mehr ausländische Verdächtige

Nächste Woche kommen nun die bundesweit zusammengefassten und vom BKA aufbereiteten Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik 2023 auf den Tisch. Nancy Faeser will sie am Dienstag vorstellen. Erste, nach außen gedrungene Zahlen gehen sogar noch über die Berliner Werte hinaus. So ist die Zahl die Straftaten in ganz Deutschland laut Welt am Sonntag sogar um 5,5 Prozent auf knapp sechs Millionen (5,94 Mio.) gestiegen, im Vergleich zu 2019 ergibt sich ein Zuwachs von 9,3 Prozent (damals gab es 5,44 Millionen Taten).

Die Zahl der Tatverdächtigen stieg um 7,3 Prozent auf 2,2 Millionen an, darunter die der ausländischen Verdächtigen um 17,8 Prozent auf nun 923.269. Bei etwa 400.000 von ihnen soll es sich um „reisende Täter“ handeln, also zum Teil um besagte Banden, die oft aus Ost- und Südosteuropa stammen, aber ihre Hauptstützpunkte durchaus andernorts unterhalten könnten – vielleicht ja auch in deutschen Ballungszentren.

Dazu passt: Die unerlaubten Einreisen haben stark um 40,4 Prozent zugenommen, und das hat nicht nur an der erhöhten Wachsamkeit der Bundespolizei und den schließlich ausgedehnten Grenzkontrollen gelegen. Auch das Delikt „unerlaubter Aufenthalt“ nahm deutlich um 28,6 Prozent zu. Deutschland erlebte 2023 eine Erneuerung der Migrationskrise mit ähnlichen Zahlen wie um 2015/16 herum, ja noch höheren, wenn man die Ukraine-Flucht dazunimmt.

Rund ein Drittel aller Taten sind Diebstahlsdelikte, dazu zählen auch Wohnungseinbrüche, die um 18,1 Prozent zunahmen (77.819 Fälle), in Berlin sogar um 35,2 Prozent. Überhaupt gibt es (noch) ein ziemliches Nord-Süd-Gefälle bei den Kriminalitätszahlen. Die führenden Berlin, Bremen und Hamburg sind auch als Stadtstaaten stärker belastet als das süddeutsche Flächenland Bayern am anderen Ende der Rangliste.

Bundesweit stark wachsende Gewaltkriminalität

Daneben wuchs die Gewaltkriminalität auch im Bund um 8,6 Prozent überdurchschnittlich an und hat damit den höchsten Stand seit 15 Jahren erreicht. Das läuft einem zuvor jahrzehntelang gesehenen Trend der abnehmenden Gewaltkriminalität zuwider. Mit anderen Worten: Der Zivilisationsprozess wird gerade umgekehrt.

Insgesamt waren im letzten Jahr 214.099 Fälle von schwerer Gewaltkriminalität zu beklagen. Das sind fast 600 Fälle am Tag. Ein Großteil davon entfällt wiederum auf die gefährliche und schwere Körperverletzung (154.541 Fälle, plus 6,8 Prozent). Hinzu kommt aber noch die „vorsätzliche einfache Körperverletzung“, die auf einen Rekordwert von 429.157 Fälle anstieg – also 1.176 Fälle an jedem einzelnen Tag. Damit ist laut Welt am Sonntag der bisherige Höchststand von 2016 eingestellt.

Blickt man auf die Tatverdächtigen in Sachen Gewaltkriminalität, dann gab es den deutlichsten Zuwachs in der Gruppe der sogenannten „Zuwanderer“, dazu zählen illegal Eingereiste, Asylbewerber und anerkannte Flüchtlinge: um 20,3 Prozent nahm die Gewaltkriminalität dieser Gruppe mutmaßlich zu, insgesamt gab es nur eine Zunahme um 6,9 Prozent, bei Ausländern insgesamt um 14,5 Prozent. Zuwanderer (wie Ausländer) sind hier zudem erneut stark überrepräsentiert: Bei einem Bevölkerungsanteil von etwa 3,6 Prozent (laut Destatis) machten sie 13 Prozent der mutmaßlichen Gewalttäter aus.

Ausländer insgesamt machten bei 16,4 Prozent Bevölkerungsanteil 41,5 Prozent der Gewalttäter aus. Das ist jeweils eine deutliche Häufung der Tatverdächtigen in den beiden Gruppen, eine Überrepräsentation um das Drei- bis Vierfache in beiden Fällen.

Messerangriffe immer noch heruntergerechnet: plus 9,7 Prozent

Besonders stark nahmen bundesweit die Raubdelikte (um 17,4 Prozent, 44.857 Straftaten), auch die Messerangriffe (8.951, plus 9,7 Prozent) zu. Letztere dürften aber wiederum heruntergerechnet sein. Diese BKA-Zahl ist nur von eingeschränkter Aussagekraft. TE-Recherchen zum Jahr 2022 ergaben mehr als doppelt so viele Messerangriffe als damals vom BKA zugegeben, solange man den immer zugrundeliegenden Länderzahlen folgt. Es ist schon eine besondere Aussage über den deutschen Föderalismus, aber auch über die breitere Medienlandschaft, dass es hier einer Bundesbehörde wie dem BKA bei fast völligem Mangel an eigenen Zahlen gelingt, die Debatte über ein ganzes Deliktfeld mit verwässerten Zahlen fernzusteuern.

In Hessen ergab sich durch Nachfrage beim LKA sogar eine viermal so hohe Zahl an Messerangriffen (2.124 im Jahr 2022). Neuere Berichte legen hier keinen Rückgang, sondern im Gegenteil einen weiteren Anstieg um bis zu 30 Prozent, laut Bundespolizei vor allem an Bahnhöfen, nahe.

Gewaltmotive: kurze Zündschnur, Ängste, fremdes Umfeld?

Laut Herbert Reul ist hier schlichtweg „die Zündschnur kürzer geworden“ – das kommt als soziologische Analyse daher und verdeckt so den demographischen Anteil der Sache: die aktuelle Zuwanderung ebenso wie die Zusammensetzung der Schulklassen. Die niedersächsische SPD-Innenministerin Daniela Behrens erklärt den Zuwachs wiederum mit dem Spranger-Dreiklang „Inflation, höhere Mobilität nach der Pandemie und Migrationsbewegungen“. Da scheint es ein Papier aus dem Willy-Brandt-Haus zu geben.

Tatsächlich weiß Iris Spranger, dass ein nicht unerheblicher Teil der Körperverletzungen in Asylunterkünften geschah. Nach Darstellung der Polizei sollen aber bei der Ausländerkriminalität das große Problem nicht die „in Berlin lebenden Menschen“ sein, sondern vielmehr „durchs Land ziehende Banden“, etwa von Wohnungseinbrechern und Autodieben, wie der Tagesspiegel berichtet.

Hier greift der Berliner Bericht genau ineinander mit einem Europol-Bericht, demzufolge 821 kriminelle Banden mit 25.000 Mitgliedern in der EU aktiv sind und unter anderem mit Drogenhandel und Menschenschmuggel ihr Geld verdienen. Auch hier geht es mithin um die offenen Grenzen im Schengenraum, die – wie auch Bundespolizist Heiko Teggatz anmahnt – nicht mehr funktionieren.

Faeser: Unsere Gesellschaft ist gewalttätiger geworden

Mt Spannung darf man nun auch Faesers Worte am Dienstag erwarten. Es gibt aber schon einige Aussagen, in denen die Bundesinnenministerin die schon bekannte Wende in den Zahlen kommentiert hat. So sagte Faeser im vergangenen Herbst bei der Tagung des Bundeskriminalamtes: „Unsere Gesellschaft ist tatsächlich gewalttätiger geworden.“ Das entspricht wieder der gewohnten SPD-Sicht auf die Dinge: Wir selbst sind an unseren Problemen schuld, und zwar in solidarischer Weise, „untergehakt“ auch im Schlechten und Schlimmsten. Aber sogar Faeser musste im Herbst zugeben, dass es hier auch um das „aktuelle Migrationsgeschehen“ und, so wörtlich, um „die umfangreiche Zuwanderung Geflüchteter“ geht.

Abgesehen von der unsinnigen Genderung – es handelt sich mehrheitlich um junge Männer –, hat Faeser damit eine Tatsache angesprochen, die sie sonst lieber verschweigt. Die Zuwanderung über das Asyl-Ticket, die immer noch vor allem an den Grenzen im Süden und Osten weiterläuft, ist ein großer Teil des Problems und ein Treiber von Kriminalität und Gewalt auf deutschen Straßen und Plätzen, auf Bahnhöfen und in Parks.

Und in noch einem dürfte die Berliner Innensenatorin Spranger der Bundesministerin Faeser (beide SPD) den Weg weisen. Teilweise, so gibt Spranger zu, begründet der Zuwachs der ausländischen Berliner Bevölkerung (um immerhin 17 Prozent) die Zunahme der Kriminalität. Nur will Spranger freilich immer noch so weit als möglich differenzieren: „Wir reichen die Hand für diejenigen, die Hilfe suchen. Aber wir zeigen denjenigen die Grenzen auf, die unsere Hilfe ausnutzen und gegen unsere Gesetze verstoßen.“

Das möchte man allerdings sehen. Das Zurückweichen des Staates in Sache Clankriminalität, die denkbare Einbürgerung eines Clanbosses in Mecklenburg-Vorpommern etwa, die schon regelmäßigen „Familienschlägereien“ im Ruhrgebiet und anderswo, die schon internationale Überlastung der Polizei, auch ein geheimes Salafistentreffen in Hamburg fast ohne jedes öffentliche Echo machen keine großen Hoffnungen an dieser Stelle.

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