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Abwegig

Offizierslehrgang für Soldaten aus Saudi-Arabien in der Bundeswehr

Der Deal, eine Handvoll Soldaten aus Saudi-Arabien auszubilden, soll 2016 von Ursula von der Leyen höchstselbst in Riad mit dem Kronprinzen eingefädelt worden sein.

imago images / Deutzmann

Das kann doch nicht wahr sein: Laut dpa bildet die Bundeswehr zukünftig saudische Offiziere aus. Muss man hier fragen, ob auch Frauen dabei sind? Die CDU hat jüngst auf einem Plakat zur EU-Wahl eine Soldatin abgebildet. Was erhofft sich also Kronprinzen Mohammed bin Salman von dieser Armee, die im Übrigen wegen ihres desolaten Zustandes dauerhaft in der Kritik steht? Sind solche Ausbildungsfälle die neue Rolle der Bundeswehr, wenn es schon nicht mehr mit der eigenen Verteidigung klappt, alleine deshalb weil das dafür notwendige Waffenarsenal oft in nicht einsatzfähigem Zustand ist?

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Der Deal, eine Handvoll Soldaten aus Saudi-Arabien auszubilden, soll 2016 von Ursula von der Leyen höchstselbst in Riad mit dem Kronprinzen eingefädelt worden sein. Fünf Soldaten sollen beim Heer, zwei bei der Luftwaffe ausgebildet werden. Sieben weitere werden ab Mitte des Jahres zunächst in der deutschen Sprache unterrichtet, um dann 2020 zu Offizieren ausgebildet zu werden.

Was lehrt die Bundeswehr? Um was anschließend tun zu können? Um nach ihrer Rückkehr begeistert von der gendergerechten Zusammenarbeit der deutschen Soldatinnen und Soldaten zu berichten? Aber so abwegig ist das gar nicht, wenn das hinsichtlich der Menschenrechte ansonsten so düstere Saudi-Arabien seit Anfang 2018 vorgibt, tatsächlich seine Armee für Frauen zu öffnen. Grundlage dafür soll eine „Vision 2030“ des Kronprinzen sein.

Es geht dabei um Reformen, wenn der Kronprinz, der auch Verteidigungsminister ist, laut Süddeutscher Zeitung mehr auf das Prinzip Leistung denn auf das bisherige Senioritätsprinzip setzen will, das bisher vorwiegend Männern jenseits der siebzig Positionen beim Militär verschaffte. Weiß der Kronprinz denn nicht um die Mängelliste der Bundeswehr, dass er annimmt, die irgendwann zurückkehrenden Soldaten wären dann besser dazu in der Lage, einem Leistungsprinzip zu folgen?

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Nicht vergessen darf man zudem, dass Saudi-Arabien seit nunmehr drei Jahren an einem vernichtenden Stellvertreterkrieg beteiligt ist, der im Jemen zu einer humanitären Katastrophe unter der Zivilbevölkerung geführt hat. Gerade wieder flogen saudische Maschinen Angriffe auf die vom Iran gestützten Huthi-Rebellen. Welche neu erworbenen Kompetenzen sollen das also sein, welche die in Deutschland ausgebildeten Soldaten in diesen Konflikt tragen, wenn Deutschland andererseits vorgibt, mit bestimmten Rüstungsexporteinschränkungen auf das militärische Engagement der Wüstenmonarchie im Jemen zu reagieren?

In Saudi Arabien wurden seit Jahresbeginn schon dutzende Menschen hingerichtet. Nun gibt es auch in den USA die Todesstrafe, aber in dem Wüstenstaat wird sie nicht ausschließlich wegen Gewaltverbrechen verhängt, sondern beispielsweise wegen Drogendelikten aber auch wegen Vergewaltigung, Inzest, Terrorismus und Hexerei. Auch Homosexuelle sollen in Saudi Arabien schon hingerichtet worden oder von geheimen Killerkommandos umgebracht worden sein.

In Saudi-Arabien wird „unzüchtiges Verhalten“ scharf verfolgt. Eine dahingehende Auslegung der Scharia wurde in der Landesverfassung verankert. „Auf Homosexualität steht daher im Höchstfall die Todesstrafe, meist durchgeführt durch öffentliche Enthauptung. Die saudische Regierung hat in der Vergangenheit erklärt, dass gewöhnlich nur „Kinderschänder“ hingerichtet werden würden. Da es keine freie Presse im Land gibt, ist nicht bekannt, wie häufig Homosexuelle exekutiert worden sind.“

Zur Rolle der Frau in Saudi-Arabien ist hinreichend berichtet worden, wenn es schon zum Erfolg erklärtt wird, dass dort nun auch vereinzelt Frauen in Fußballstadien auftauchen oder hinter dem Steuer eines Fahrzeuges am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen dürfen.

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Donald Trump wurde Ende 2018 deutlicher, als er einen der gewichtigen Gründe benannte, warum es gegenüber Saudi-Arabien dieses ambivalente Verhalten gibt, dass nun offensichtlich auch zu solchen von von der Leyen eingefädelten Ausbildungsverhältnissen geführt hat: Trump hatte klargestellt, dass er die Beziehungen zu dem mächtigen Golfstaat nicht aufs Spiel setzen wolle: Saudi-Arabien sei ein wichtiger Partner im Kampf gegen den Terror und gegen Iran.

Die Kosten der Lehrgänge der Offiziersausbildung übernimmt Saudi-Arabien übrigens komplett. Aber sind solche Informationen für die Beurteilung dieser Arbeitsverhältnisse wirklich relevant? Wen soll das beruhigen, vielleicht den Verein der Steuerzahler? Auf die Lehrgänge bei Heer und Luftwaffe wird für die saudischen Soldaten ein drei- bis vierjähriges Studium an der Universität der Bundeswehr folgen.

Was in dem Zusammenhang klingt, wie ein schlechter Witz, weiß n-tv zu berichten, wenn solche Offiziersausbildungen von der Bundesregierung auch als wichtiges Instrument zur Vermittlung demokratischer Wertvorstellungen angesehen werden. Wer hier tatsächlich Hoffnungen hegt, der soll sich beispielsweise nur einmal daran erinnern, wie gut das schon in Deutschland funktioniert hat, wenn Moslems hierzulande nach Umfragen mehrheitlich die Scharia über das Grundgesetz stellen.

Galgenhumor wäre es allenfalls darauf hinzuweisen, dass eine militärische Ausbildung in einer deutschen Armee unter Ursula von der Leyen möglicherweise keinen Schaden anrichten kann: „Waffen, die nicht funktionieren, Flugzeuge, die nicht fliegen, Schiffe ohne Ersatzteile.“

Vor ein paar Wochen wurden in Saudi Arabien fast 40 Menschen hingerichtet.
Die Hingerichteten seien alle für schuldig befunden worden, sich „terroristisches, extremistisches Denken angeeignet zu haben“. Üblich ist hier nach wie vor das Köpfen mit dem Säbel. Einer der Verurteilten soll laut Meldung eines saudischen Ministeriums zudem gekreuzigt worden sein. Diese brutale Hinrichtungsart ist im Wüstenstaat nach wie vor bei besonders schweren Verbrechen vorgesehen.


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