Tichys Einblick
Abschaffung der Menschenrechtsgarantie?

Bundestagsnahe „Menschenrechtsorganisation“ fordert AfD-Verbot

Die AfD könne verboten werden, teilte das staatsfinanzierte Deutsche Institut für Menschenrechte mit, das von einer Ex-Stasi-Mitarbeiterin mit geleitet wird. Die Bundestagsfraktionen reagierten zurückhaltend zu einem möglichem AfD-Verbotsverfahren vermutlich auch mit Blick auf die offenkundige Fragwürdigkeiten.

IMAGO

Die Voraussetzungen für ein Verbot der Alternative für Deutschland seien erfüllt, teilte am Mittwoch das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) mit. Die Partei sei in ihrer Programmatik eine rechtsextreme Partei, die sich die Abschaffung der im Grundgesetz verbrieften Garantie der Menschenwürde zum Ziel gemacht habe, so das Institut. Die Partei sei mittlerweile auch eine relevante Gefahr für die Demokratie, so das Urteil der veröffentlichten Untersuchung. Im Kuratorium der selbsternannten „Menschenrechtsorganisation“ sitzt ausgerechnet Annette Kahane, die als informelle Mitarbeiterin der Staatssicherheit Bürger der DDR bespitzelt und verraten hat. Sie ist dadurch sicherlich ausgewiesen ein Parteienverbot zu begründen. Kahane hatte die Amadeu-Antonio-Stiftung gegründet, die unter anderem Spitzelportale etabliert hat um Andersdenkende zu denunzieren – sie bleibt bei ihrer Kernkompetenz. So wurden unter anderem Eltern vor Kindern vermeintlich rechtsradikaler Eltern gewarnt, die man schon im Kindergarten an der blonden Haarfarbe, den Zöpfen, guter Kleidung und sportlicher Leistungsbereitschaft erkennen könne.

Man muss das ansehen, um die Texte bewerten zu können die jetzt mit Geld des Steuerzahlers und dem Segen des Bundestags von ihr abgesondert werden und die für sich sprechen.

Das Verbot einer Partei können sowohl der Bundestag, der Bundesrat als auch die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht beantragen. „Unabhängig davon, ob oder zu welchem Zeitpunkt sich die Antragsberechtigten dafür entscheiden, einen Verbotsantrag zu stellen, kann der von der AfD ausgehenden Gefahr nur effektiv begegnet werden, wenn sich die anderen Parteien auf der Ebene des Bundes, der Länder und der Kommunen unmissverständlich von der AfD abgrenzen.“, so das DIMR. Außerdem sollte über die „Anwendung des Waffenrechts“ gegenüber AfD-Mitgliedern oder des Disziplinarrechts gegenüber Beamten, Soldaten oder Richtern, die die AfD unterstützen diskutiert werden.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist formell parteiunabhängig, wird aber aus dem Haushalt des Deutschen Bundestags finanziert. Außerdem darf das DIMR für einzelne Projekte Drittmittel annehmen.

Implizierte Ablehnung der Menschenwürde?

Die Einschätzung des DIMR beruht vor allem darauf, dass die AfD die Garantie der Menschenwürde abschaffen wolle. Das sei zwar keine explizite Forderung im Parteiprogramm, aber die schlussendliche Folgerung aus dessen Forderungen Zitat: „Zusammenfassend lässt sich feststellen: Den Grundsatzpapieren der Partei, dem Grundsatzprogramm und den bisherigen Wahlprogrammen ist ein politisches Konzept zu entnehmen, das auf die Missachtung der in Artikel 1 Absatz 1 GG. verbrieften Garantien und den damit untrennbar verbundenen Garantien aus Artikel 3 Absatz 3 GG abzielt. Die AfD hat in ihren Grundsatzpapieren als Gesamtpartei eine rassistische nationalvölkische Ausrichtung fest verankert, die sich damit nicht etwa allein auf Mitglieder von Teilorganisationen wie dem (ehemaligen) „Flügel“ beschränkt. Die AfD zielt demnach bereits nach ihren Grundsatz papieren darauf ab, die in Artikel 1 Absatz 1 GG verankerten Garantien zu beseitigen.“

Dies will das DIMR am Grundsatzprogramm der Partei, von 2016, und den Wahlprogrammen von 2017 und 2021 festmachen.
Zum Grundsatzprogramm schreibt der Autor Hendrik Cramer:
Die AfD fokussiert in ihrem Grundsatzprogramm von 2016 auf das Ideal einer kulturell homogenen Bevölkerung, die es gegen „importierte kulturelle
Strömungen“ zu verteidigen gelte.“

Und weiter:

„Demzufolge sei die Nation als „kulturelle Einheit“ zu verstehen, die in ihrer Substanz durch „importierte kulturelle Strömungen“ gefährdet sei und angesichts dieser postulierten Konkurrenzsituation „selbstbewusst“ verteidigt werden müsse. In dem die AfD die Nation – und damit das deutsche Volk – als „kulturelle Einheit“ begreift, gleich bedeutend mit einer „deutschen Identität“, wird deutlich, dass sie „Kultur“ als ein unveränderliches identitätsstiftendes Wesensmerkmal von Menschen begreift. Dabei nimmt sie eine Hierarchisierung von Menschen vor, indem sie nicht nur die „deutsche Identität“ als „Leitkultur“ hervorhebt. Durch die Betonung einer vermeintlich unangebrachten Gleichstellung verschiedener Kulturen wertet die AfD zugleich implizit ebenjene Menschen ab, die nach ihren Vorstellungen nicht Teil der Deutschen „einheimischen Kultur“ seien. Diese Menschen sind es, die die AfD als „ernste Bedrohung“ für den „Fortbestand der Nation“ betrachtet, und der Grund, weshalb die „deutsche Identität“ zu verteidigen sei. […] Dem Grundsatzprogramm der AfD lässt sich damit eine Positionierung entnehmen, die mit den Garantien aus Artikel 1 Absatz 1 GG unvereinbar ist.“

Zum Wahlprogramm von 2017 findet das DIMR:

„Im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2017 hat die AfD entsprechende Aussagen konkret gegen Muslim*innen gerichtet, wonach die bloße Präsenz von Muslim*innen in Deutschland eine „große Gefahr“ sei: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland. In der Ausbreitung des Islam und der Präsenz von über 5 Millionen Muslimen, deren Zahl ständig wächst, sieht die AfD eine große Gefahr für unseren Staat, unsere Gesellschaft und unsere Werteordnung.“ Damit hat die AfD ihre rassistische nationalvölkische Ausrichtung im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2017 untermauert. Dabei begründet sie Bedrohungsszenarien für den Staat und die Gesellschaft allein mit der Existenz und Anwesenheit von Menschen, die eine bestimmte Religionszugehörigkeit aufweisen (Muslim*innen). Sie stellt den Grundsatz der gleichen Menschenwürde eines jeden Individuums (Artikel 1 Absatz 1 GG) damit fundamental infrage“

Zum Wahlprogramm 2021 schreibt das DIMR:
„Die rassistische nationalvölkische Ausrichtung, wonach die AfD eine geschlossene und homogene Gesellschaft propagiert, in der Menschen unter Bezugnahme auf das Kriterium der Kultur in ein „Uns“ und „die anderen“ unterteilt und hierarchisiert werden, findet sich ebenso in dem Wahlprogramm der AfD zur Bundestagswahl 2021. Auch hier wird ein Menschenbild offenbar, das den Garantien aus Artikel 1 Absatz 1 GG diametral entgegenläuft. So heißt es in dem „Kultur“ benannten Kapitel an erster Stelle unter der Überschrift „Deutsche Leitkultur statt Multikulturalismus“ wie folgt: 

[Zitat AfD, An. d. Red] „Unsere Identität ist geprägt durch unsere deutsche Sprache, unsere Werte, unsere Geschichte und unsere Kultur. Letztere sind eng verbunden mit dem Christentum, der Aufklärung, unseren künstlerischen und wissenschaftlichen Werken. Unsere Identität bestimmt die grundlegenden Werte, die von Generation zu Generation weiter gegeben werden. Die deutsche Leitkultur beschreibt unseren Wertekonsens, der für unser Volk identitätsbildend ist und uns von anderen unterscheidet. Sie sorgt für den Zusammenhalt der Gesellschaft und ist Voraussetzung für das Funktionieren unseres Staates. Die gemeinschaftsstiftende Wirkung der deutschen Kultur ist Fundament unseres Grundgesetzes und kann nicht durch einen Verfassungspatriotismus ersetzt werden. Kulturrelativismus und Multikulturalismus führen zu einem Neben und Gegeneinander von Parallelgesellschaften, denen es an gemeinsamen Werten für das Zusammenleben fehlt. In einer derart fragmentierten Gesellschaft entstehen Konflikte, die kaum noch beherrschbar sind. Die AfD wird nicht zulassen, dass Deutschland aus falsch verstandener Toleranz vor dem Islam seine tradierte Kultur verliert.“ [Zitat Ende]

Die Ausführungen sind ein weiteres Beispiel dafür, dass die AfD Menschen nicht als Individuen mit gleicher Menschenwürde und gleichen Rechten betrachtet, sondern – unter Bezugnahme auf den Begriff der „Kultur“ – diese vielmehr in Gruppen unterteilt und hierarchisiert. So werden Menschen, die als „unser Volk“ bezeichnet werden, als Träger einer „deutschen Kultur“ beschrieben.
Konsequent werden in Abgrenzung zur bestehen den Verfassungsordnung nicht etwa die in Artikel 1 Absatz 1 GG verankerten menschenrechtlichen Garantien als Fundament des Grundgesetzes und der verfassungsrechtlichen Werteordnung gewürdigt, sondern die „gemeinschaftsstiftende Wirkung der deutschen Kultur“ (die „nicht durch einen Verfassungspatriotismus ersetzt werden“ könne) zum „Fundament unseres Grundgesetzes“ erhoben, womit die AfD zum Ausdruck bringt, dass die von ihr konstruierte „deutsche Leitkultur“ einen absoluten Anspruch auf Dominanz habe.

Am 2020 veröffentlichten Konzept zur Sozialpolitik der Partei bemängelt das DIMR:

Die nationalvölkische Ausrichtung der Programmatik der AfD kommt schließlich auch in dem von der Bundesprogrammkommission (BPK) im März 2020 beschlossenen und auf dem Bundesparteitag im November 2020 verabschiedeten Leitantrag zur Ausrichtung der AfD in der Sozialpolitikdeutlich zum Ausdruck, insbesondere in ihren Konsequenzen.“
Und weiter: „Der Leitantrag […] beschäftigt sich unter anderem mit dem Thema Rentenpolitik. Das in dem Konzept anfangs formulierte Bekenntnis zum Sozialstaat ist auf gegenseitige Hilfe und Solidarität „innerhalb unseres Volkes“ beschränkt. Diese Beschränkung von sozialen Sicherungsleistungen erstreckt sich dem Konzept zufolge auch auf die Rente. Sie steht Personen, die nach Ansicht der AfD nicht zum deutschen Volk gehören, demnach nicht zu. Deutsche, die nach dem Volksverständnis der AfD nicht zum deutschen Volk gehören, würden danach vom Recht auf Zahlung von Altersrente ausgeschlossen.“

[…]

„Indem das Konzept zur Sozialpolitik das anfangs formulierte Bekenntnis zum Sozialstaat auf gegen seitige Hilfe und Solidarität „innerhalb unseres Volkes“ beschränkt, macht die AfD darüber hinaus deutlich, dass sie den auf der Menschenwürde basierenden Sozialstaat unter Missachtung der in Artikel 1 Absatz 1 GG verbrieften Garantien auf Angehörige „unseres Volkes“ begrenzen will. Sie zielt damit auf die strikte Exklusion und weitgehende Rechtlosigkeit aller ab, die nach ihren Vorstellungen nicht zum deutschen Volk gehören. Der auf der Menschenwürde basierende Sozialstaat und die damit verbundenen grundgesetzlichen Garantien und Rechte sollen nur für diejenigen gelten, die nach dem Verständnis der AfD zum deutschen Volk gehören.“

Die 70-Seiteige Untersuchung liefert noch weitere Argumente, die belegen sollen, dass die AfD nicht nur die Garantie der Menschenwürde, sondern auch die freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen will.

Hierzu verfolgt die AfD insbesondere das Ziel, die Grenzen des Sagbaren und damit den Diskurs so zu verschieben, dass eine Gewöhnung an ihre rassistischen nationalvölkischen Positionen – auch im öffentlichen und politischen Raum – erfolgt.

Alexander Gauland, zum damaligen Zeitpunkt noch Partei- und Fraktionsvorsitzender, mittlerweile Ehrenvorsitzender der Partei, hat in einem im Juni2018 erschienenen Interview zu unterschiedlichen Äußerungen vonseiten der AfD und zu Positionen der Partei konstatiert, dass „wir in der Tat versuchen, die Grenzen des Sagbaren auszuweiten“ und außerdem ergänzt: „Und ja, da findet eine Ausweitung der sagbaren Zone statt, und das ist auch beabsichtigt“

An anderer Stelle heißt es:

Eng verknüpft mit dem Ziel, die Grenzen des Sagbaren immer weiter zu verschieben, sind die von Führungspersonen und Mandatsträger*innen kreierten Bedrohungsszenarien, wie sie sich bereits in den Grundsatzpapieren der AfD finden, wonach es die „deutsche Identität“ und den „Fortbestand der Nation“ zu verteidigen gelte, und inszenieren die Partei als legitime Widerstandsbewegung. In diesen Zusammenhang gehört etwa auch die sogenannte Erfurter Resolution vom März 2015, zu deren Erstunterzeichnern neben Björn Höcke auch Alexander Gauland zählte. Darin hieß es ausdrücklich, dass sich die AfD „als Widerstandsbewegung gegen die weitere Aushöhlung der Souveränität und der Identität Deutschlands“ verstehe. Mit der Resolution ging die Gründung des sogenannten Flügels in der AfD einher, womit eine deutliche Radikalisierung der AfD verbunden war.“

Abgesehen von der Forderung nach Abgrenzung und Auschluß jeglicher Zusammenarbeit aller Parteien mit der AfD fordert die Untersuchung weiter: „Außerdem ist erforderlich, dass Schulen, Universitäten und alle anderen Bildungsinstitutionen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus als wichtige Themenfelder verinnerlichen und sich den bestehenden Herausforderungen in diesem Feld stellen.“ Weiterhin soll, so die Studie, die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden und ihr die Gemeinnützigkeit aberkannt werden.

Die Desiderius-Erasmus-Stiftung ist bislang von der Stiftungsförderung des Bundestags, die alle parteinahen Stiftungen finanziert, ausgeschlossen. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Februar diesen Jahres sieht darin eine bisher nicht gerechtfertigte Benachteiligung der Stiftung, denn es gibt kein Gesetz, das diese Stiftungsförderung regelt. Folglich besteht Gesetzgebungsbedarf, dem bisher noch nicht nachgekommen wurde. Die Stiftung hat bisher auch kein Geld erhalten.

Der Bundestag reagiert verhalten auf die Studie.
„Die AfD ist eine verfassungsfeindliche Organisation“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Sebastian Hartmann, der „Welt“. Man sehe bei der Partei auch eine sich immer schneller drehende Radikalisierungsspirale. „Unser primäres Ziel bleibt es dennoch, die AfD politisch zu stellen, damit sie nicht mehr in unsere Parlamente gewählt wird.“ Die Vize-Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), sagte: „Eine Diskussion um ein AfD-Verbot führt in die falsche Richtung.“ Davon profitiere ihrer Einschätzung nach „am Ende nur die AfD selbst, weil sie sich wieder als Opfer darstellen kann“.

FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle sagte der „Welt„: „Angesichts des derzeitigen Umfragehochs der AfD einen Verbotsantrag ins Spiel zu bringen, ist ein falsches Signal. Es ist Aufgabe aller demokratischen Parteien, durch ihre Programmatik und Kommunikation Wählerinnen und Wähler der AfD zurück zu gewinnen.“ Dabei müsse aber klar sein: „Wähler der AfD kann man nicht um jeden Preis zurück gewinnen“, so Kuhle. „Denn sonst versündigt man sich an der demokratischen und gesellschaftlichen Mitte.“

Der parlamentarische Geschäftsführer der Linke-Fraktion, Jan Korte, sagte: „Die Debatte über ein Parteiverbot lenkt vom eigentlichen Problem ab, nämlich dass die AfD politisch bekämpft werden muss. Die Umfragen der AfD steigen immer, wenn die Verunsicherung zunimmt. Die beste Sofortmaßnahme gegen die AfD wäre ein starker Sozialstaat.“


Zum Thema: „Das Parteienbeben – Aufstieg der AfD“, diskutieren Roland Tichy und Frank Henkel am Donnerstag, den 08.06., im Tichys Einblick Talk mit Beatrix von Storch, Peter Hahne und Klaus-Rüdiger Mai. Die Sendung ist ab 19:00 Uhr auf Tichys Einblick oder dem Tichys Einblick Talk YouTube-Kanal verfügbar.

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