Tichys Einblick
Ausnahmezustand an Grenze zu Weißrussland

Litauen warnt vor Terrorgefährdern unter Zuwanderern – Unruhen in Unterkünften

Ähnlich wie Polen schätzt Litauens Regierung die Terrorgefahr durch illegale Zuwanderer als hoch ein. In den provisorischen Migranten-Unterkünften des Landes kam es zu heftigen Unruhen. In Frankreich zeigte sich erst gestern wieder, wie wichtig das Thema ist.

Migranten an der weißrussisch-polnischen Grenze fällen Bäume

IMAGO / ITAR-TASS

Nachdem Lettland und Polen in dieser Richtung vorangegangen sind, will nun auch Litauen einen Ausnahmezustand über seine Grenzregion verhängen. Innenministerin Agne Bilotaite sagte, man beobachte die Vorgänge an der polnisch-weißrussischen Grenze genau und rechne folglich »mit ähnlichen Invasionen und Angriffen«. Am gestrigen Montag kam es in verschiedenen Migrantenunterkünften in Litauen zu Unruhen, so dass sogar Tränengas eingesetzt werden musste, wie die Deutsche Welle berichtet. 

Lettland, Litauen und Polen wollen sich nun gemeinsam der »hybriden Attacke des Lukaschenko-Regimes«  entgegenstellen, wie auch der öffentliche Rundfunk Lettlands berichtet. Am Montag besprachen sich die Premierminister der drei Länder, um anschließend eine gemeinsame Erklärung herauszugeben. Darin wird beklagt, das »Lukaschenko-Regime« – man unterscheidet dies von Weißrussland – gefährde vorsätzlich die Bürger von Drittstaaten (außerhalb der EU) und sei so für die angespannte Situation verantwortlich. Die drei Regierungschefs fordern schärfere Sanktionen von der EU. Auch die Unterstützung durch »internationale Organisationen« sei wichtig, um den Grenzkonflikt zu lösen.

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Derweil berichtet Litauen, dass »mindestens zwei dutzend« der illegalen Grenzübertreter seit Juli 2021 radikalen Terrororganisationen angehörten. Polen hatte schon im Oktober festgestellt, dass zahlreiche der illegal über Weißrussland Eingereisten vorher Mitglieder von bewaffneten Einheiten im Nahen Osten waren, manche gar mit Verbindungen zu Taliban und IS. Bei 50 von 200 überprüften Zuwanderern hatte man eine solche Vorgeschichte feststellen können (TE berichtete).

Der litauische Regierungsvertreter forderte die EU zum schnellen Handeln auf. Man müsse damit »beginnen, Resilienzprobleme ernster zu nehmen«. Resilienz – ein bezeichnendes Wort, man kann es mit Widerstandskraft, Elastizität oder Spannkraft übersetzen. Bei Belastung soll ein System möglichst schnell wieder in den Ursprungszustand zurückspringen. Politico verweist darauf, dass die Definitionen von Terrororganisationen je nach Regierung unterschiedlich sind. Das mag richtig sein, doch bleibt es jedem Staat – auch in der EU – überlassen, die Entscheidung über Gefahr oder Ungefährlichkeit selbst zu treffen.

Die Terrorgefahr im Inneren wächst

Die Terrorgefahr muss freilich inzwischen viel breiter gesehen werden. Das zeigen viele Vorfälle aus unterschiedlichen Ländern. Stichworte wie David Amess, Würzburg, ICE und andere können hier genügen. Heute kam es in Norwegen zu einem womöglich islamistischen Messerangriff. Erst am Montagmorgen kam es erneut zu einer Messerattacke in Frankreich. Unter dem Ruf »im Namen des Propheten« riss ein Algerier die Türen eines Polizeiautos auf und griff drei Polizisten an, stach einen der drei in die Brust. Es geschah vor einem Polizeikommissariat in Cannes. Schüsse eines Polizisten verhinderten Schlimmeres, der Täter – 2016 über Italien eingereist – wurde verwundet. Der Abgeordnete Eric Ciotti ließ keinen Zweifel am Terror-Charakter des Geschehens. Marine Le Pen sprach von einer neuen »Normalität«, solche Angriffe würden offenbar gerade zu einer Art »Gewohnheit«.

Es liegt nahe, die Gefährder auch hinter der weißrussischen Grenze zu vermuten. Die Direktflüge aus dem Nahen Osten – und die indirekten über Moskau und Istanbul – verbinden mit Orten, an denen religiöser Extremismus und Gewalt noch immer eine große Rolle spielen.

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