Tichys Einblick
Grüne Logik und „Demokratie leben“

Lisa Paus glaubt auch an den Storch

Bundesministerin Lisa Paus ist überzeugt, ihr Projekt „Demokratie leben“ erhöhe die Sicherheit in Deutschland. So rechtfertigt sie, dass weitere Hunderte Millionen Euro in ihr links-grünes Förderprogramm laufen. Es stellt sich heraus: Sie hat eine Studie falsch verstanden.

IMAGO / IPON

Nur weil die Menge an Storchen und die Zahl neugeborener Kinder zurückgeht, ist das noch lange kein Beweis dafür, dass die Störche die Babys bringen. Wissenschaftler nennen das: Korrelation ist nicht gleich Kausalität. So lautet ihre erste Lektion. Aber diese Lektion scheint an der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Lisa Paus (Grüne) vorbeigegangen zu sein: Sie ist überzeugt, dass „Demokratie leben“ die Sicherheit in Deutschland erhöhe, wie die Welt berichtete. Das bestätigt laut Paus „das Bundeskriminalamt, eine Sicherheitsbehörde. Denn da, wo wir viel in Prävention investieren, da steigt die politisch motivierte Kriminalität seit 2016 nicht weiter an, oder sie geht sogar zurück.“ Ein klarer Fall von: Der Storch bringt die Babys.

Paus verkündet in ihrer Rede auf einer Konferenz zu dem Förderprogramm „Demokratie leben“, dass ihr Ministerium im kommenden Jahr die „dritte Förderperiode des Projekts starten werde. Im Klartext heißt das: Das Familienministerium wird weiterhin mit jährlich rund 180 Millionen Euro „zivilgesellschaftliches Engagement für Demokratie, Vielfalt und gegen jegliche Form von Extremismus“ fördern – aus dem Steuer-Topf versteht sich.

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Bei dieser Konferenz betonte Paus, wie das Projekt „Demokratie leben“ ein „Vordringen von rechtsextremistischen Tendenzen“ stoppen würde. Das habe eine Studie vom staatlich geförderten Forschungsverband „Monitoringsystem und Transferplattform Radikalisierung“ (MOTRA) ergeben. Die haben die Zahlen des Bundeskriminalamtes zur politisch motivierten Kriminalität und die Anzahl der Präventionsangebote von „Demokratie leben“ in verschiedenen Regionen Deutschlands miteinander verglichen. Und tatsächlich: Im Ergebnis der Untersuchung zeigt sich, dass seit 2016 in den Kreisen und Städten mit mehr „Präventionsangeboten“ im Durchschnitt weniger politisch motivierte Kriminalität vorkommt. In Kreisen mit weniger Prävention gab es dagegen einen Anstieg der Kriminalität, fasst die Welt die Studie zusammen. Allerdings ist das eine Korrelation, und keine Kausalität. Denn die Studie ist „explorativ“, was bedeutet, dass sie nicht die Ursachen oder Zusammenhänge eines Ergebnisses erklärt. Also auch nicht, ob Präventionsangebote und Kriminalitätsraten tatsächlich zusammenhängen – oder eben von anderen Faktoren beeinflusst werden.

Darauf weisen sogar die Autoren in ihrer Studie hin. Sie schreiben: „Wir sind uns bewusst, dass der hier beschrittene makro-evaluative Zugang […] aufgrund vielfältiger empirischer und methodischer Einschränkungen keine Identifikation kausaler Wirkzusammenhänge erlaubt.“ Das heißt: Dass es in diesen Kreisen weniger Kriminalität gibt, könnte auch an anderen Gründen als den Angeboten von „Demokratie leben“ liegen. Das klingt aus Paus’ Mund allerdings ganz anders: Die Bundesministerin stellte die Ergebnisse der Studie so dar, als würden sie beweisen, dass das Projekt „Demokratie leben“ wirksam sei, und erschuf somit eine Kausalität, wo es ausdrücklich keine gibt.

Helmut Tausendteufel, ein Kriminologe an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, bezeichnet die Studie laut Welt als „Stochern im Nebel“: „Die Autoren präsentieren ihre Ergebnisse entsprechend zurückhaltend. Ein Nachweis der Wirksamkeit des Programms lässt sich damit nicht – auch nicht ansatzweise – belegen.“ Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft und CDU-Mitglied, sagte Welt: „Die Aussage auf Basis dieser Studie ist absolut unseriös. Lisa Paus will mit dieser spekulativen Konstruktion eine Begründung dafür liefern, wieso sie die politischen Vorfelder-Organisationen der Grünen mit Geld versorgt. Das ist abenteuerlich.“

Immerhin steckt Paus’ Ministerium mit „Demokratie leben“ das Steuergeld vor allem in links-grüne Projekte, nicht zuletzt in die „Datteltäter-Akademie“, wie TE berichtete: Dieses Jugendformat des öffentlich-rechtlichen Mediums Funk richtet sich vor allem an eine „muslimische Community“. Die „Datteltäter“ fallen derweil immer wieder mit antisemitischen Aussagen auf. Aber Paus lobt auf der Konferenz zu „Demokratie leben“ die Projekte der Versammelten und betont, es gehe darum zu „lernen, dass Hass keine Meinung ist“. Antisemitische Aussagen der „Datteltäter“ fallen für Paus offenbar nicht unter „Hass“.

Was für Paus und ihr Ministerium wiederum unter „Hass“ fällt, zeigt sich daran, wer auf der Konferenz eine Rede hält: So spricht zum Beispiel eine Vertreterin der Amadeu Antonio Stiftung. Diese Stiftung hat mithilfe der Gelder von „Demokratie leben“ eine „Meldestelle Antifeminismus“ ins Leben gerufen, bei der unter anderem Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsschwelle gemeldet werden sollten – beispielsweise, wenn „Gender Studies“ als „unwissenschaftlich“ „diffamiert“ werden.

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Zudem zeigt sich der deutlich links-grüne Trend der Projekte des Familienministeriums darin, dass Andersdenkende kaum in Förderprojekte eingebunden werden: Gender-Kritiker etwa warfen Lisa Paus’ Staatssekretär und „Bundesqueerbeauftragten“ Sven Lehmann (Grüne) vor, sie aus Fördermittelrunden zu einem anderen „Aktionsplan“ ausgeschlossen zu haben. Paus betont in ihrer Rede auf der Konferenz trotzdem: Die Förderprojekte seien so „vielfältig wie unsere Demokratie selbst“. Und sie behauptete, dass „sozusagen diskriminierungsfrei die Förderrichtlinien“ gelten.

Aber auch diese Aussage von Paus klingt etwas überspitzt. Immerhin hat Ali Ertan Toprak (CDU), der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde in Deutschland, in der Expertenanhörung zu Paus’ Demokratiefördergesetz im Frühjahr 2023 gesagt: „Aus eigener Erfahrung in der Vergangenheit haben wir die Vermutung, dass bestimmte Projekte von der Exekutive abgelehnt werden, die aus der eigenen ideologischen Brille betrachtet nicht opportun sind.“ Er nannte auch ein Beispiel: So habe „Demokratie leben“ ein Projekt über „Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus in Migrantencommunitys“ abgelehnt.

Während der Konferenz zu „Demokratie leben“ fragte ein Reporter, wie viele Konservative oder Nicht-Linke sich wohl auf der Konferenz aufhielten, schreibt Welt. Paus antwortete: „Ich will jetzt keine Zahl abgeben, aber ich kann Ihnen versichern, es gibt sehr viele darunter.“ Na klar. Diese Aussage war bestimmt nicht überspitzt. Folgt man den Darstellungen von Paus, dann gibt es auch einen Zusammenhang zwischen „Demokratie leben“ und der Geburtenrate: „Demokratie leben“ gibt es seit 2014. Seitdem ist die Geburtenrate von 1,47 auf 1,36 gesunken. Das bedeutet nach grüner Logik, dass die Förderprogramme der Bundesregierung die Menschen demotivieren, sich fortzupflanzen – wobei einem dieser Zusammenhang fast schon wieder plausibel erscheint.

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