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Vorwurf der Homophobie

Landgericht Kassel: Kutscheras Aussagen sind nicht volksverhetzend

Das Landgericht Kassel hat den Biologen Ulrich Kutschera in zweiter Instanz vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. Seine Aussagen seien eine vom Grundgesetz geschützte Meinung. Schwer erträgliche Aussagen seien nicht per se strafbar.

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Biologieprofessor Ulrich Kutschera wurde freigesprochen. Das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichtes Kassel, bei dem Kutschera im August vergangenen Jahres wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt worden war, wurde damit aufgehoben. Das Landgericht Kassel kam am Dienstag in zweiter Instanz zu dem Urteil, dass Aussagen von Kutschera nicht als Volksverhetzung zu werten seien. Es handele sich um eine vom Grundgesetz geschützte Meinung, die auch scharf und verletzend sein dürfe. Auch Aussagen, die für viele Menschen schwer erträglich sind, seien nicht gleich strafbar.

Die Staatsanwaltschaft hatte ihn wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Verleumdung angeklagt. Kutschera habe die Menschenwürde Homosexueller »in höchstem Maße« herabgewürdigt. Anlass war ein Interview im österreichischen Internetportal kath.net vor fast vier Jahren. Darin hatte Kutschera die Entscheidung des Deutschen Bundestages zur Einführung der sogenannten »Ehe für alle« kritisiert. Stein des Anstoßes war unter anderem dieser Satz: »Sollte das Adoptionsrecht für Mann-Mann- bzw. Frau-Frau-Erotikvereinigungen kommen, sehe ich staatlich geförderte Pädophilie und schwersten Kindesmissbrauch auf uns zukommen.«

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Der Biologe betont, dass er »selbstverständlich nichts gegen gleichgeschlechtlich orientierte Menschen« habe. Nach diesen eindeutigen Vorbemerkungen habe er dann Dinge gesagt, »die einfach faktisch so sind«. Das sei von seinen Gegnern und Kritikern dann völlig auf den Kopf gestellt worden. Die Anschuldigungen gingen dahin, dass er Lügen verbreitet haben solle, um gleichgeschlechtlich veranlagte Männer und Frauen zu diffamieren. »Das war nie meine Absicht«. Auch wurde er immer wieder als Homohasser dargestellt, was er von sich wies.

Genderforschung hält Kutschera für »eine anti-biologische Pseudowissenschaft«. Es werde gefährlich, wenn – wie im grün-schwarzen Bundesland Baden-Württemberg geschehen – einst ein sogenannter »Entwurf zum Bildungsplan 2015« der Stuttgarter Landesregierung vorgelegt wurde. Der sorgte für heftige bundesweite Proteste. Mit ihm sollte für alle Schulen und Fächer vorgeschrieben werden, dass die Schüler von nun an »gendersensibel« erzogen werden. Man plante zum Beispiel, Achtklässler im Biologieunterricht zu fragen, ob sie wirklich »heterosexuell seien oder sein wollen«. Die Proteste hatten seinerzeit dazu geführt, dass Ministerpräsident Kretschmann den Vorschlag zurückgezogen hat.

»Das Urteil ist sicherlich ein Erfolg für die Meinungsfreiheit«, sagte Kutschera nach der Urteilsverkündung. Ihn frustriere jedoch als Wissenschaftler, dass die Humanbiologie ‚komplett durch den Rost gefallen‘ sei. »Wissenschaftliche Fakten zählten offensichtlich nicht mehr. Der Richter hat die Meinungsfreiheit betont; irrelevant ist dabei aber, ob die Aussagen wissenschaftlich wahr oder gelogen seien. Das hat keine Rolle gespielt.« Aus juristischer Sicht sei das sicherlich in Ordnung, das habe der Richter (»Ich habe volle Hochachtung vor ihm«) gut gemacht.

Kutschera weiter: »Dass ich aber auf Quellen gestützt Dinge gesagt habe, die nun mal so sind, wird von den Medien komplett ignoriert.« Die Medienvertreter hätten eine Dreistunden-Kompaktvorlesung bekommen, die sei aber »links rein und rechts raus aus den Ohren« gegangen.

Kutscheras Fazit: »Es kann nicht sein, dass in einem Wissenschaftsstandort wie Deutschland Fakten nicht mehr zählen, sondern nur noch Ideologie.« Die einst zur Universität aufgerückte ehemalige kleine Gesamthochschule Kassel hatte sich im vergangenen Jahr nach der erstinstanzlichen Verurteilung mit einer Erklärung von Kutschera distanziert: »Die Äußerungen von Ulrich Kutschera empören. Mehrfach und frühzeitig hat sich die Universität deutlich distanziert. Wir haben den Ausgang der heutigen Verhandlung gegen den Kasseler Biologieprofessor mit großem Interesse verfolgt. Herr Kutschera wurde wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Noch ist dieses erstinstanzliche Urteil aber nicht rechtskräftig.« Die Studentenvertreter des AStA, die Anzeige erstattet hatten, werfen Kutschera vor, »rassistische Thesen« zu verbreiten.

Der streitbare Professor ging einen Schritt weiter und hat in seinem neuen Buch »Klimawandel im Notstandsland. Biologische Realitäten widerlegen Politische Utopien« eine tiefgehende analytisch-kritische Enzyklopädie zahlreicher Notstände in Deutschland vorgelegt. TE-Autor Josef Kraus kommt nach dessen Lektüre zur Konklusion:

»Kutschera eckt an. Das Problem dabei ist, dass man Kutschera vielleicht wegen seiner manchmal markanten Sprache kritisieren, ihn aber kaum wissenschaftlich aushebeln kann. Deshalb sollte, wer auch immer sich mit Kutschera befasst, nicht nur Wikipedia und Co. zu Rate ziehen, sondern sein neuestes Buch lesen – auch wenn der Titel zunächst etwas gewöhnungsbedürftig ist und auf die CO2- und Klimadebatte eingeengt scheint: „Klimawandel im Notstandswandel“. Nein, mit „Klima“ meint er auch das politische und gesellschaftliche Klima!«

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