Tichys Einblick
Jugendkriminalität in Berlin und Hamburg

Trotz Mord und Messerangriff: Strafmündige Jugendliche auf freiem Fuß

„Heimtückischer“ Mord und Messerangriff: In der vergangenen Woche gab es zwei gewaltsame Straftaten, begangen von strafmündigen Minderjährigen. Trotzdem sind die Tatverdächtigen freien Fußes. TE wollte wissen, warum.

Symbolbild

IMAGO
Die einen ermorden „heimtückisch“ ihren Vater, der andere verletzt mehrere Personen mit einem Messer und danach mit Pfefferspray. Es gibt konkrete Tatverdächtige, die befinden sich aber auf freiem Fuße. Die Täter sind zwar minderjährig, aber über 14 Jahre alt und somit eigentlich strafmündig.

Der Mord fand letzte Woche in Berlin-Gatow statt. Dort wurde ein 40-jähriger Syrer mit mehreren Schüssen tödlich verletzt, berichteten mehrere Medien übereinstimmend. Der 16-jährige Sohn und die 14-jährige Tochter des Syrers sollen ihn unter einem Vorwand zu einem Parkplatz gelockt haben. Unmittelbar nachdem er aus seinem Auto ausstieg, feuerte eine unbekannte Person mehrere Schüsse auf den Mann ab, unter anderem in den Hinterkopf, wie die Polizei angibt.

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 Die Polizei bat um Zeugenaussagen und erhielt einige Hinweise, die sie auf die Spur für die Verdächtigten brachte, wie der Tagesspiegel schreibt. Die Verdächtigen sind demnach die beiden Kinder des Syrers sowie zwei Bekannte der Jugendlichen, die wiederum 15 und 17 Jahre alt sind. Den Vieren wird „gemeinschaftlich begangener, heimtückischer Mord“ vorgeworfen. Die beiden älteren Kinder befinden sich deshalb in Untersuchungshaft. Die beiden Jüngeren befinden sich hingegen „in der Obhut ihrer Familien“, wie die Pressesprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft, Karen Sommer, gegenüber TE sagt. Das bedeutet: Sie sind – zumindest derzeit – auf freiem Fuß.

Sommer begründet warum: Derzeit bestünde nach dem Jugendgerichtsgesetz „einzig“ eine Fluchtgefahr als Haftgrund. Für diesen Erlass „gelten bei Jugendlichen unter 16 Jahren strengere Voraussetzungen als bei über 16-Jährigen“. Diese lauten, wie Sommer ausführt: Ein straffälliger Jugendlicher hat sich bereits dem Verfahren entzogen oder er hat keinen festen Wohnsitz beziehungsweise Aufenthalt in Deutschland. „Diese Voraussetzungen sind bei der 14- und der 15-Jährigen nicht erfüllt“, betont sie. Eine Strafmündigkeit sei aber bei allen vier Tatverdächtigen gegeben, da diese über 14 Jahre alt sind. Ergeben die Ermittlungen, dass die 14- und die 15- Jährige in den „gemeinschaftlich begangenen, heimtückischen Mord“ verwickelt sind, ist also davon auszugehen, dass sie nicht mehr auf freiem Fuße sein werden. Ein Motiv für den Mord ist derweil noch nicht offiziell bekannt.

Messerstecherei in Hamburg

Im Stadtteil Wandsbek kam es laut NDR am vergangenen Samstagabend zu einem Messerangriff vor einem Shisha-Geschäft, bei dem zwei Menschen verletzt wurden. Der NDR berichtet, dass ein 14-Jähriger verdächtigt wird. Dieser soll versucht haben, für einen 15-Jährigen Tabak in dem Shisha-Shop zu kaufen. Der 29-jährige Besitzer verweigerte jedoch die Herausgabe an den Jugendlichen, weshalb der Tatverdächtige ein Messer gezogen und den 29-Jährigen am Arm verletzt haben soll. Auch der 15-Jährige, der wohl schlichtend eingreifen wollte, erlitt Schnittverletzungen am Arm.

Auf der Flucht des 14-Jährigen in Richtung U-Bahnhof setzte er dann gegen drei Menschen Pfefferspray ein, die folgten ihm, stellten ihn und übergaben ihn der Polizei. Den Beschuldigten habe die Polizei dann vorläufig festgenommen, aber „nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen“ wieder entlassen, da keine Haftgründe vorlägen, heißt es vom NDR. Bei der Staatsanwaltschaft sei dieser Fall nach eigenen Aussagen noch nicht eingegangen, die Polizei gab noch keine Neuigkeiten bekannt.

Diese beiden Vorfälle sind nur jüngste Beispiele dafür, wie die Zahl gewalttätiger Jugendlicher steigt. TE berichtete:

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