Tichys Einblick
Tendenz zur Impfpflicht ab 50

Es wird vermutlich keinen allgemeinen Impfzwang geben

Im Bundestag zeichnet sich ab, dass es keine Mehrheit für eine Impfpflicht ab 18 Jahren gibt. Um das Projekt „Impfpflicht“ dennoch zu retten, klammert man sich an das italienische Modell: die Impfpflicht ab 50.

IMAGO / Bihlmayerfotografie

Offenbar gibt es keine gemeinsame Linie von Ampel und Union für eine allgemeine Impfpflicht. Das berichtet die Bild-Zeitung. Eine Verhandlungsrunde sei ergebnislos verlaufen. Deswegen mehren sich die Hinweise, dass eine allgemeine Impfpflicht nur für einen Teil der Bevölkerung gelten könnte.

Nachdem die Bundesregierung keinen eigenen Gesetzesvorschlag unterbreitet hatte, sollte der Bundestag in einer freien Entscheidung ohne Fraktionszwang eine Lösung finden. Doch von den fünf Anträgen könnte derzeit kaum einer eine Mehrheit im Parlament finden. Bereits im Vorfeld hatte der Unionsabgeordnete Tino Sorge davor gewarnt, dass Gespräche zum Scheitern verurteilt seien, eine „allgemeine Impfpflicht“ in dieser Form werde es mit CDU/CSU nicht geben.

Keine Mehrheit für allgemeinen Impfzwang im Parlament

Nun kommen auch die Ampelparteien in Bewegung. Dass Wolfgang Kubicki, die lauteste FDP-Stimme gegen die Impfpflicht, wieder einmal rumpelt („Sollte es sich bewahrheiten, dass die Impfpflicht ab 18 Jahren politisch erledigt ist, wäre das nur folgerichtig“), ist nicht außergewöhnlich. Doch nun hat auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert jüngst eine Andeutung gemacht, die dem Kurs der Genossen entsprechen dürfte: Er will die Impfpflicht ab 50. „Damit verfolge ich nach meiner festen Überzeugung das gleiche Ziel wie die Kolleginnen und Kollegen bei der Impfpflicht ab 18.“

Regelmäßige Ordnungsstrafe
Welche Strafen bei einer allgemeinen Impfpflicht drohen
Ähnlich tönt Dieter Janecek von den Grünen. „Omikron ist nicht Delta, insbesondere für Jüngere, deshalb ist eine Impfpflicht ab 18 nicht verhältnismäßig. Bei den Älteren ab 50 sieht die Risikoeinschätzung anders aus“, sagt er gegenüber der Bild-Zeitung. Die Taktik könnte darauf hinauslaufen, dass die Anträge zur Impfpflicht mit 18 und der Unionsvorschlag scheitern, und die Abgeordneten zuletzt für eine Impfpflicht ab 50 stimmen.

Die deutsche Politik setzt also darauf, ihr Gesicht zu wahren, um das Projekt, das sich seit Monaten selbst überholt hat, doch noch durch den Bundestag zu peitschen. Während die Schweiz morgen aus der Pandemie aussteigt, Spanien Corona als Grippe bewertet, oder Österreich seine Impfpflichtbestrebungen ausgesetzt hat, wollen die deutschen Hardliner sich nicht die Blöße geben. Zu viele Abgeordnete haben sich mit ihren Aussagen bereits vergaloppiert.

Vorbild für diesen Deal ist Italien. Dort hatte man ebenfalls um eine allgemeine Impfpflicht geschachert, bis als Kompromiss eine Impfpflicht für ältere Menschen ab 50 Jahren herauskam. Sie wurde bereits am 8. Januar eingeführt.

Italien setzt Impfpflicht aus, Deutschland führt sie ein

Schon kurz nach der Einführung mehrten sich in Italien allerdings die Probleme, weil Bußbescheide gegen Ungeimpfte kaum zugestellt werden konnten. Grund? Der Datenschutz. Ohne zentrales Register war das Finanzministerium, das für die Versendung der Bescheide verantwortlich ist, auf eine Weitergabe der Daten durch das Gesundheitsministerium angewiesen. Das war rechtlich allerdings nur mit Hindernissen möglich.

Zugleich gibt es einen feinen Unterschied zwischen Deutschland und Italien: Während die deutsche Impfpflicht ab 50 vermutlich ab dem Frühsommer durchsetzbar wäre, wird sie in Italien ab dem 15. Juni wieder ausgesetzt. Das erinnert an den legendären Werbeclip mit den beiden Dörfern Villariba und Villabajo: Während in Italien schon wieder gefeiert wird, wird in Deutschland noch gespritzt.

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