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ifo-Umfrage

Corona-Krise: Familien mit geringem Einkommen mussten auf Mahlzeiten verzichten

Eine neue ifo-Befragung erschreckt: Viele einkommensschwache Familien verzichteten im vergangenen Jahr auf Mahlzeiten, weil das Geld nicht ausreichte.

IMAGO/photothek

Eine Umfrage des Münchner ifo-Instituts: Die Forscher untersuchten in der zweiten Novemberhälfte während des Lockdown, wie es Familien mit weniger als 3.000 Euro Monatseinkommen in der Corona-Krise ergeht. Das Ergebnis: Aus Geldnot mussten 7 Prozent der über 2.200 befragten Elternteile auf Mahlzeiten verzichten. Jeweils 5 Prozent heizten die Wohnung weniger oder gar nicht beziehungsweise verpfändeten Besitztümer.

Auf die Frage, ob das Geld seit der Corona-Krise am Monatsende knapper sei, antworteten 46 Prozent der Eltern unter der Armutsgrenze mit “trifft voll und ganz zu” oder “trifft eher zu”. Bei den Eltern über der Armutsgrenze waren es 29 Prozent. Als Armutsgrenze galt ein Monatseinkommen, das bei einer vierköpfigen Familie unter 2.400 Euro liegt – also 60 Prozent des Medianeinkommens eines Haushalts mit gleicher Personenzahl. “Besonders betroffen sind Familien unterhalb der Armutsgrenze, Familien mit nur einem berufstätigen Elternteil und Eltern, die nicht im Homeoffice arbeiten können“, sagt ifo-Forscher Benjamin Arold.

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Ursache der sozialen Probleme dürften wohl nicht nur die Corona-Maßnahmen sein, die bei vielen Familien zu Einkommenseinbußen oder gar Jobverlust führten. Auch die Steuern belasten hierzulande Familien mehr als Alleinstehende. Der Deutsche Familienverband (DFV) und der Familienbund der Katholiken warnten bereits im vergangenen Jahr, dass hierzulande selbst das Durchschnittseinkommen nicht für ein Existenzminimum reiche. “Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Lage für Familien 2020 erneut verschlechtert”, sagte DFV-Präsident Klaus Zeh. “Durch eine familienblinde Abgabenregelung verschärfen die Sozialabgaben das Armutsrisiko von Eltern und ihren Kindern.”

Bei dem sogenannten Horizontalen Vergleich untersuchte der DFV, ob eine Familie nach Steuern und Abgaben und mit Kindergeld über ein Existenzminimum kommt. Bei einem Bruttoeinkommen von 35.000 Euro errechnete der Verband, dass einem Alleinverdiener im vergangenen Jahr 1.109 Euro pro Monat übrig blieben, nachdem er alle Steuern und Abgaben entrichtet hat und das Existenzminimum abgezogen ist. Bei einem kinderlosen und verheirateten Paar waren es 607 Euro. Hat das Paar hingegen ein Kind, bleiben nur noch 176 Euro über. Bei zwei Kindern fällt ein Minus von 270 Euro an, bei drei Kindern 711 Euro und bei fünf Kindern 1.543 Euro. “Der Horizontale Vergleich deckt die dramatische Ungerechtigkeit bei Sozialabgaben auf, mit der Familien zu kämpfen haben”, sagte denn auch Klaus Zeh.

Dabei profitieren die Kinderlosen von den zukünftigen Einzahlungen der Kinder ins umlagefinanzierte Rentensystem. Dennoch wollte die vormalige Familienministerin Franziska Giffey sogar Steuervorteile für Familien streichen. Im März kündigte sie im Handelsblatt an, das Ehegattensplitting abschaffen zu wollen. Die 1958 eingeführte Regelung fördere die klassische Ein-Verdiener-Familie und führe zu dem Fehlanreiz, dass Frauen zuhause oder in Teilzeit arbeiteten, sagte die SPD-Politikerin und fügte hinzu: “Steuerlich sollte es also einen Anreiz geben, dass beide arbeiten.”

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Auch im Jahr 2021 belastet der Staat die Eltern weiter. Die zum Jahresanfang eingeführte CO2-Steuer dürfte gerade Familien belasten. Nicht nur verteuern sich die Wohnkosten über steigende Heizölpreise, sondern auch das Autofahren wird immer unerschwinglicher aufgrund von anziehenden Spritpreisen. Laut dem Statistischen Bundesamt stieg Heizöl zwischen Mai 2020 und Mai 2021 um 35,4 Prozent im Preis und Kraftstoffe um 27,5 Prozent. Insgesamt verteuerte sich Energie um 10 Prozent innerhalb eines Jahres.

Selbst die gerade zu Corona-Zeiten ultralaxe Geldpolitik der EZB dürfte vor allem Familien treffen. Wenn etwa die Verbraucherpreise steigen, sind Familien besonders belastet, weil sie im Schnitt einen größeren Einkommensanteil für etwa Lebensmittel ausgeben. Wegen höherer Ausgaben fällt es ihnen zudem schwerer, Vermögen aufzubauen – etwa Aktien oder Immobilien zu kaufen. Es sind aber gerade die Vermögenspreise, die aufgrund der Geldschöpfung der Zentralbanken am kräftigsten steigen. Von den Eltern unter der Armutsgrenze sagten in der ifo-Umfrage denn auch 53 Prozent, dass sie sich weniger als vor der Corona-Krise leisten könnten.

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