Tichys Einblick
Erinnerungslücken „häufig diagnostiziert"

Hamburger Staatsanwaltschaft will nicht gegen Scholz ermitteln

Der renommierte Strafverteidiger Gerhard Strate erstattete gegen den Kanzler eine detaillierte Strafanzeige wegen dessen Aussage in der Cum-Ex-Affäre. Doch die weisungsgebundene Behörde will nicht aufklären.

IMAGO/photothek

Hamburgs Staatsanwaltschaft lehnt es ab, aufgrund der Strafanzeige des Anwalts Gerhard Strate wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung und der Falschaussage gegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu ermitteln. Der Hamburger Anwalt, der zu den renommiertesten Strafverteidigern der Republik zählt, hatte die detaillierte Anzeige am 15. Februar 2022 erstattet. In einem vierseitigen Schreiben teilte ihm eine Oberstaatsanwältin jetzt mit, die Behörde sehe von Ermittlungen gegen den Kanzler von vornherein ab.

Cum-Ex-Skandal
Scholz und Tschentscher wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung angezeigt
Strate wirft Scholz Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Fall der Warburg-Bank vor. Das Hamburger Geldhaus hatte sich wie viele andere Banken an den sogenannten Cum-Ex-Geschäften beteiligt, die damals in einem rechtlichen Graubereich stattfanden, und mittlerweile als illegal gelten. Dabei ging es darum, vom Fiskus Erstattungen von tatsächlich nie gezahlten Steuern auf Aktienerträge zu kassieren. Insgesamt entstand dem Staat dadurch ein Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe.

Die Hamburger Finanzverwaltung hatte in diesem Zusammenhang von der Warburg-Bank eine Steuernachzahlung von 47 Millionen Euro gefordert. Nach insgesamt vier Gesprächen leitender Bankiers mit dem damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz nahm die Behörde die Forderung zurück. Die Bank hatte argumentiert, durch die Nachzahlung gerate sie in existenzielle Probleme.

Einen möglichen Tatbestand der Beihilfe durch Scholz, schrieb die Staatsanwaltschaft an Strate, könne sie nicht erkennen.

Strate hatte es in seiner Anzeige außerdem als völlig unglaubwürdig und lebensfremd bezeichnet, dass sich Scholz angeblich nicht an den Inhalt der vier Gespräche mit den Warburg-Bankern erinnern könne. Vor dem Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft hatte er stets Erinnerungslücken geltend gemacht. Nach Ansicht des Rechtsanwalts lege das den Verdacht der Falschaussage nahe.

Erinnerungslücken, meint dagegen die zuständige Oberstaatsanwältin in ihrem Schreiben, seien „ein häufig diagnostiziertes Problem“. Damit ließe sich ein Anfangsverdacht wegen Falschaussage nicht begründen.

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