Tichys Einblick
TE 08-2019

Diplomat Seitz: Wir sollten die Entwicklungshilfe radikal verändern

Armut ist ein Geschäft: Willen zur selbstgesteuerten Entwicklung respektieren.

Getty Images

Für eine radikale Wende der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika plädiert der Diplomat Volker Seitz. Nach 40 Jahren zeige sich, dass die bisherige Strategie den afrikanischen Kontinent nicht voran gebracht hat. Im Gegenteil: Armut sei zum Geschäft für korrupte Staatsführer geworden, schreibt Seitz in einem Gastbeitrag für das Meinungsmagazin Tichys Einblick.

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„Das größte Kapital mancher Länder in Afrika sind nicht der Boden oder die Rohstoffe. Es ist die arme Bevölkerung, denn sie sorgt dafür, dass weiter Entwicklungshilfe ins Land fließt“, schreibt Seitz, der insgesamt 17 Jahre unter anderem als Botschafter in den afrikanischen Ländern Kamerun, Benin, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea gearbeitet hat. „Je bedürftiger ein Land ist, desto mehr können die Regierenden kassieren: Sie erhalten leichter internationale Unterstützung und können sich an der Macht halten, wenn ihre Bevölkerung arm, ungebildet und unselbstständig bleibt. Armut ist ein Trumpf bei den Forderungen nach Entwicklungshilfe.“ Für Seitz ist die jetzige Form von Entwicklungshilfe in Afrika „eine Belohnung für schlechtes Regierungshandeln“.

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„In 17 Jahren in Afrika habe ich beobachtet, dass die afrikanischen Länder, die am meisten Entwicklungshilfe erhalten, am wenigsten gegen die Armut unternehmen“, so der Diplomat. „Die Entwicklungshilfe ist eines der wichtigsten Instrumente, mit denen sich korrupte und inkompetente Regime in Afrika an der Macht halten.“ Der größte Teil der Entwicklungsgelder fließe offenbar in die Taschen der Machthaber. „Es verdichten sich die empirisch bestätigten Informationen, dass die große Mehrheit der afrikanischen Präsidenten inzwischen Milliardär geworden ist und im Begriff steht, sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit weiter zu bereichern. Sie besitzen Luxusimmobilien in westlichen Ländern und dort auch dicke Bankkonten.“

Deutschland solle deshalb die Mittel streichen, die beispielsweise in Waffen und Sicherheitskräfte investiert werden. „Wir Bürger (und unsere Abgeordneten!) müssten der Regierung verbieten, Steuergelder für die Steigerung der repressiven Kapazität dieser Länder auszugeben und dies dann als ‚Entwicklungsbeiträge‘ darzustellen.“ Die Entwicklung Afrikas könne nicht über die zutiefst korrupten Regierungen laufen. „Sie liegt in der Hand der jeweiligen Zivilgesellschaften. Diese verdienen unsere Unterstützung, aber nur, wenn sie es selbst wünschen.“ Seitz: „Wir müssen den Willen zur selbstgesteuerten Entwicklung respektieren – Afrika hat genug materielle und humane Ressourcen – und dürfen uns nicht, wie über 60 Jahre geschehen, weiter schamlos aufdrängen.“


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