Tichys Einblick

Die Autorin der Polizisten-auf-den-Müll-Hetze war Gast des Bundespräsidenten

Die taz-Autorin Yaghoobifarah, die Polizisten auf den Müll wünschte, war 2019 zu Gast beim Bundespräsidenten. Medien und Politiker stellen sich nicht hinter die angegriffenen Beamte, kritisiert Polizeigewerkschafter Rainer Wendt.

imago Images/photothek

Am Dienstag um 15.51 Uhr beendete die sonst so diskussionsfreudige taz die Debatte auf ihrer Leserseite in einem erstaunlich autoritären Ton: „Wir schließen jetzt die Kommentarfunktion, weil mittlerweile die Positionen ausgetauscht sind.“ Es ging um die Zeitung selbst, genauer, einen Artikel ihrer Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah, die am Montag in menschenverachtender Sprache darüber sinniert hatte, was mit den 300 000 deutschen Polizeibeamten nach der von der Autorin gewünschten Auflösung der Polizei geschehen sollte. Wegen ihres „Fascho-Mindset“ seien sie eine Gefahr für die Gesellschaft. 

„Spontan fällt mir nur eine geeignete Option ein“, schreibt Yaghoobifarah: „ die Mülldeponie. Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.“

Den Text illustrierte die Zeitung mit dem Foto von zwei Polizeibeamten vor Müllcontainern.

Beitrag in der "taz": Polizisten werden zu Müll erklärt
Viele taz-Leser hatten nach dieser Forderung, Menschen als Müll zu behandeln, die Kündigung ihres Abonnements und sogar Strafanzeigen angekündigt. Die deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und die Gewerkschaft der Polizei  (GdP) erstatteten am Dienstag Strafanzeige gegen die taz. DPolG-Chef Rainer Wendt sagte, seine Organisation habe zusätzlich auch eine Beschwerde beim Presserat eingereicht. 

„Wir sind entsetzt über die volksverhetzenden Worte, mit denen über 300.000 Menschen aufs Übelste diffamiert und beleidigt werden“, sagte der Berliner GdP-Landesvorsitzende Norbert Cioma: „Wer meine Kolleginnen und Kollegen ganz gezielt mit Nationalsozialisten vergleicht und sie auf einer Mülldeponie unter ‚ihresgleichen‘ entsorgen möchte, der ist nicht mal im Ansatz besser als jeder Nazi.“

Über die Entgleisung der taz hatte sogar die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) berichtet. Das Schweizer Blatt stellte der linksradikalen Zeitung die rhetorische Frage: „Mehr Klicks durch Volksverhetzung? Die neue, trübe TAZ“ 

Bemerkenswert ruhig blieb es in den meisten deutschen Medien. Welt  und FAZ berichteten zwar klein, behaupteten aber gleichzeitig, es habe sich bei dem taz-Hasstext um einen „satirischen Beitrag“ gehandelt. 

„In dem satirischen Beitrag sinniert Hengameh Yaghoobifarah über die Abschaffung der Polizei und mögliche Berufsalternativen für Polizisten. Am Ende steht die Schlussfolgerung, dass Polizeibeamte am besten auf einer „Mülldeponie“ aufgehoben seien“, schreibt die Welt – ohne allerdings zu erklären, worin der satirische Gehalt des Hass-Textes liegen soll. Die Sprachregelung, es habe sich um „Satire“ gehandelt, verwendeten auch etliche Medien nach dem „Umwelt-Sau“-Lied des WDR im Dezember 2019.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt kritisiert die laue Reaktion der Medien und das Schweigen der Politik.

„Wo ist eigentlich unser Staatsoberhaupt, wenn Polizistinnen und Polizisten in derart menschenverachtender Weise zu Abfall erklärt werden? „Worte werden rasch zu Taten“, ertönt es oft mahnend aus Schloß Bellevue, leider nicht, wenn gegen Frauen und Männer der Polizei gehetzt wird“, so Wendt. 

Wegen Kolumne von Hengameh Yaghoobifarah
Polizeigewerkschaften erstatten Strafanzeige gegen die "taz“
„Und wo sind eigentlich unsere ‚Haltungsjournalisten’, die sonst rasch und zuverlässig zur Stelle sind, wenn es darum geht, jedes noch so kleine Zitat von mir und anderen kritischen Zeitgenossen so lange zu sezieren, bis man irgendwo angebliche populistische Züge darin erkannt hat? Richtig. In Deckung. Schweigen im Blätterwald.“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte zwar am Dienstag in einer Rede gegen Rassismus den banalen Satz gesagt: „Die Polizei und Sicherheitskräfte in unserem Land sind vertrauenswürdige Vertreter des Staates“ – war aber auf die Hassrede der taz nicht eingegangen.

Dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sich zu dem taz-Vergleich von Staatsdienern mit Müll nicht äußerte, verwundert allerdings nicht.  Zur Hundertjahrfeier des Frauenwahlrechts 2019 hatten er und Steinmeiers Frau Elke Büdenbender 2019 auch Hengameh Yaghoobifarah ins Schloss Bellevue zu einer festlichen Matinee eingeladen. 

Auf Anfrage von TE bestätigte eine Sprecherin des Bundespräsidialamtes: „Ja, sie war eingeladen.“ 

Yaghoobifarah war schon damals für ihre Hassausbrüche in der taz bekannt. In ihrer Kolumne hatte sie schon 2017 unter der Überschrift „Deutsche, schafft euch ab!“ die deutsche Kultur als „Dreckskultur“ bezeichnet.

Politische Entlastung erfährt die taz durch die Grünen. Am Dienstag, einen Tag nach dem Polizisten-auf-den-Müll-Beitrag, forderte die Grünen-Bundestagsfraktion eine „Bestandsaufnahme“ von „Rassismus in der Polizei“. 

„Die Themen Rassismus und Rechtsextremismus bei der Polizei werden aktuell breit diskutiert, aber es fehlt eine empirische Faktengrundlage“, so begründete die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic den Antrag. Über Rassismus in der Polizei gebe es keine Daten, meinte die Abgeordnete. Gleichzeitig behauptete sie: „Rassismus und Rechtsextremismus sind leider mittlerweile viel zu tief in der Gesellschaft verankert“. Sie nehme deshalb an, dass das „auch in etwa für die Polizei gilt“.  

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