Tichys Einblick
Klausur in Meseberg

Die Ampel klammert das wichtigste Thema aus

Die Ampel arbeitet harmonisch, dynamisch und erfolgreich. Diese Schlagzeile wünscht sich Olaf Scholz zur Klausur des Kabinetts in Meseberg. Doch das aktuell wichtigste Thema haben er und seine Minister ausgespart.

IMAGO/Political Moments

Das Kabinett ist in Schloss Meseberg in Klausur gegangen. Das ist eine reine Show. Die Ministerrunde um Kanzler Olaf Scholz (SPD) müht sich wenig, das zu verbergen. Einen wichtigen Entschluss hat Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor Beginn der Klausur vorgestellt: Die Ampel erhöht das „Bürgergeld“ um 61 auf 563 Euro. Damit erhalten Personen, die dauerhaft nicht arbeiten, innerhalb eines Jahres eine „Lohnerhöhung“ von 25,4 Prozent. Nicht zu arbeiten lohnt sich in Deutschland in der Wirtschaftskrise am meisten.

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In diesem Sinn hat die Ampel das wichtigste Thema bei der Klausur verschoben – den „Industriestrompreis“. Die Idee von „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne): Der Staat setzt fest, wie viel Unternehmen für Strom zahlen müssen. Die Differenz zum echten Marktpreis zahlt der Steuerzahler. Als Journalisten Scholz nach der Klausur zu dem Thema befragen, übergeht er es einfach.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer hat am Dienstag den „Industriestrompreis“ als nötiges Mittel bezeichnet, das allein aber nicht ausreiche. Wichtiger sei, dass die Ampel die Steuern und Abgaben auf Energie und so den Strompreis für alle senke. 400 Unternehmen des Mittelstands haben sich im Handelsblatt für den „Industriestrompreis“ ausgesprochen, der aber an alle Unternehmen verteilt werden müsse, die viel Energie verbrauchten – nicht wie von Habeck geplant nur an große Industrieunternehmen.

Kein Wort von Scholz zum „Industriestrompreis“. Kein Wort zu Steuern und anderen Abgaben auf Energie. Stattdessen will Scholz nun Christian Lindners (FDP) „Wachstumschancengesetz“ als „Zehn-Punkte-Plan“ vermarkten. Mit ihm einher gingen der Abbau von Bürokratie, bessere Möglichkeiten der Abschreibung und wirtschaftliche „Entlastungen“ für die Wirtschaft von rund 7 Milliarden Euro im Jahr. Innerhalb von zwei Monaten zahlt der Staat mehr für das nun wieder erhöhte Bürgergeld.

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Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat ein „Bürokratieentlastungsgesetz“ vorgestellt. Von dem existieren bisher aber nur einzelne Ideen und Überschriften. Etwa, dass Unternehmen Buchungsbelege früher wegwerfen dürfen. Nach acht statt wie bisher zehn Jahren. Ursprünglich waren mal sieben Jahre im Gespräch. Aber wenn es um Bürokratieabbau geht, ist das „Deutschlandtempo“ eher fußgängerisch.

Eine weitere Idee des „Bürokratieentlastungsgesetzes“: Einheimische Gäste müssen in Hotels künftig keinen Meldeschein mehr ausfüllen. Auch müssen Unternehmen nicht mehr schriftlich über Allergene, Zusatzstoffe und Aromen informieren – die Kunden können im Netz die Lebensgefahren nachschlagen, die von Essen ausgehen.

Für die massive Einwanderung aus Syrien, Afghanistan, Bulgarien oder Rumänien hat die Ampel auch eine Lösung gefunden. Georgien und Moldau erklärt sie zu „sicheren Herkunftsstaaten“. Von dort kommen zwar nicht so viele Einwanderer her wie aus den genannten Ländern – aber so kann Scholz eine Lösung vorstellen, auf die sich die Ampel in Meseberg harmonisch geeinigt habe. Und darum geht es ja schließlich bei so einer Klausur.

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