Tichys Einblick
"Dialogreihe Wolf"

Grüne Ministerin weicht Bauern mit bizarrer Aktion aus

Die Bauern schlagen Alarm: Die Zahl der Wölfe nimmt zu und die Angriffe auf Schafe und Kühe ebenfalls. Das Umweltministerium von Steffi Lemke (Grüne) hilft auf seine Weise: mit einer „Dialogreihe Wolf“.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne), Deutscher Bundestag, Berlin, 25. Mai 2023

IMAGO / Future Image

Wenn Politikern ein Thema unangenehm ist, sie aber so tun wollen, als ob sie was tun, dann gründen sie einen Arbeitskreis. Allerdings sind diese mittlerweile verrufen – wenn ich nicht mehr weiterweiß und so weiter. Deswegen kommen sie heutzutage mit schickeren Namen daher: „Task Force“ ist derzeit beliebt, „Gipfel“ auch gerne genommen oder „Runder Tisch“. Umweltministerin Steffi Lemke hat die „Dialogreihe Wolf“ ins Leben gerufen, die an diesem Donnerstag zum ersten Mal in Berlin tagte.

Eine Dialogreihe unterscheidet sich komplett von einem Arbeitskreis. Denn ein Arbeitskreis ist ein phantasieloses Mittel, das nichts bringt, aber gerne genutzt wird von Politikern, die zu bequem, zu ignorant oder einfach zu verlogen sind, um ein Problem wirklich anzugehen. Eine Dialogreihe indes hat einen ganz anderen Namen. Und Steffi Lemke sagt zum Beginn der Dialogreihe: Die Rückkehr der Wölfe in ein dicht besiedeltes Land bringe schon „Herausforderungen und Konflikte“ mit sich. Aber: „Ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam praktikable und rechtskonforme Lösungen dafür finden können.“ Das heißt: Derzeit gibt es eben keine praktikablen und rechtskonformen Lösungen. Aber Techniker ist informiert, Kollege kommt gleich, und Dialogreihe Wolf läuft.

Ewig währende Schonzeit
Den Wolf ansiedeln, den Hund abschaffen – grüne Steinzeit-Ideologie
Medien kommen derzeit kaum daran vorbei, über die „Herausforderungen und Konflikte“ zu berichten, die der Wolf so mit sich bringt. Das gilt vor allem für die Lokalzeitungen. Egal, wie sehr ihre Redaktionen auch der rot-grünen Regierung – samt gelbem Anhang – wohlgesinnt sind. Die Berichte sehen dann aus wie der in der Mitteldeutschen Zeitung: Ja, es gebe zunehmend Sichtungen von Wölfen. Und zeitgleich gebe es auch Meldungen von gerissenen Wild- und Nutztieren. Aber daraus dürfe man nicht schließen, dass die Risse auf Wölfe zurückgingen. Stimmt schon. Könnte auch ein genmanipulierter Briefmarkensammler sein, der im Blutrausch durch den Wald streift. Sieht man ständig in Filmen und sollte man nicht vorschnell ausschließen.

Die HNA klärt ihre Leser unterdessen auf: „So verhalten Sie sich, wenn Sie einem Wolf begegnen.“ Der Wolf lasse sich leicht verscheuchen. Nur Jungtiere seien mitunter ein wenig „neugieriger“. Aber der Wolf „zieht sich meist gelassen und bedacht zurück“. Was, wenn nicht? Nun dann: viel Glück. Dazu weiß die HNA auch keinen Rat. Brenzliger werde es zudem, wenn der Mensch mit einem Hund unterwegs sei. An denen zeigten die Wölfe durchaus „Interesse“. In dem Fall sollte „man durch laute Geräusche auf sich aufmerksam machen“. Die Redewendung „Das Pfeifen im Walde“ mag veraltet sein, könnte aber durch eine Politik à la Steffi Lemke bald eine Renaissance erleben.

Als die Politik den Wolf wieder ansiedelte, waren die Versprechungen groß: Bauern und Schäfern sollte kein Schaden entstehen. Im Schutz vor dem Wolf und im Ausgleich seiner Schäden, so hieß es, übernehme der Staat die vollen Kosten. Doch mittlerweile gibt es bei solchen Versprechen eine Art Wumms-Effekt: Politiker versprechen volle Kostenübernahme. So wie das öffentliche Interesse an dem Thema aber schwindet und sich die Scheinwerfer woanders hindrehen, bleiben die Betroffenen allein. Die volle Kostenübernahme schrumpft im bürokratischen Verfahren zu partiellen Ansprüchen, die ausgiebig dokumentiert und geduldig abgewartet werden müssen. Der Eigenanteil an den Kosten explodiert derweil.

Das grüne Deutschland ist kein Ponyhof
Wolf reißt von der Leyens Liebling und steht jetzt zur Diskussion
So geht es auch den Bauern mit den Wölfen. Über ein Beispiel, wie die Politik in der Praxis mit dem vollmundigen Versprechen der vollen Kostenübernahme umgehen, darüber berichtet aktuell das Fachportal Topagrar.com. Demnach will die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) „in den kommenden Wochen einen aktualisierten Wolfsmanagementplan vorstellen“. Zu diesem gehört die Einführung von „Präventionsgebieten“.

In diesen Präventionsgebieten sollen die Bauern Fördergeld zum Schutz vor Wolfsangriffen erhalten. Aber dafür sind Auflagen vorgesehen: Es muss innerhalb von vier Monaten zu mindestens vier Angriffen auf Nutztiere kommen. Die müssen als Wolfsangriffe bewiesen werden. Dann gibt es Geld für Zäune – vier Angriffe in vier Monaten und ein Antragsverfahren. Wohlgemerkt: So stellt sich die Politik rasche und effektive Hilfe für Bauern vor. Wie allein gelassen sie sonst sind, lässt sich daraus leicht ermessen. Aber Steffi Lemke ruft eine „Dialogreihe Wolf“ ins Leben und sagt: „Ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam praktikable und rechtskonforme Lösungen dafür finden können.“ Techniker ist informiert, Kollege kommt gleich.

Es gibt Gründe, warum die Zivilisation den Wolf zurückgedrängt hat. Er ist ein ebenso kluges wie gefährliches Raubtier. So berichtet der Tagesspiegel nun, dass die Wölfe gelernt haben, die Barrieren gegen die Afrikanische Schweinepest für die Jagd zu nutzen: Sie können diese überwinden, Rehe nicht. Also sitzen sie in der Todesfalle. Doch für sie gilt der Tierschutz offensichtlich nicht, den Grüne sonst gerne vor sich hertragen – es ist die übliche grüne Doppelmoral, an der sich immer mehr Menschen gewöhnt haben.

Blutbad unter Pferden
Von Wölfen, romantischen Städtern und Deichen ohne Schafe
Aber immerhin gibt es jetzt die „Dialogreihe Wolf“. Dort säßen Vertreter aus Ministerien, Behörden und Naturschutzverbänden. Also ein Familientreffen quasi. Aber die Bauern dürfen auch Vertreter schicken. Der erste Treff des Arbeitskreises habe sich „mit dem Monitoring, der Erfassung und der Entwicklung der Wolfspopulation“ beschäftigt. Das heißt: Sie zählen erstmal Wölfe, bevor sie Schafe schützen. Sei den Schafen, Kühen und Hunden zu wünschen, dass die Dialogreihen-Teilnehmer beim Wölfe-Zählen nicht einschlafen.

Einen Zweck erfüllt die Dialogreihe für seine Schöpferin Steffi Lemke: Sie lenkt vom eigentlich drängenden Thema Wolfsabschuss ab. CDU und CSU sind in diesem Punkt nämlich wachgeworden. „Die in vielen Regionen unseres Landes auftretenden Probleme mit der wachsenden Wolfspopulation werden von Frau Lemke indes schlichtweg ignoriert“, sagt der stellvertretende Union-Fraktionschef Steffen Bilger. Der Dialog sei ein „Feigenblatt“.

Die umweltpolitische Sprecherin der Unions-Fraktion, Anja Weisgerber, fordert: „Wolfsbestände müssen reduziert werden.“ Die Bundesregierung lasse bei dem Thema die Menschen im ländlichen Raum alleine. Es brauche „unbürokratische Regeln für die Bejagung von verhaltensauffälligen Wölfen“. Derzeit muss ein Gentest die Schuld eines Wolfes beweisen, bevor an eine Jagd auch nur zu denken ist. Ob ihm in dem Fall der Verweis auf eine schwere Jugend hilft, ist nicht geklärt. Eigentlich eine hübsche Aufgabe, für die eine „Dialogreihe Wolf“ wie gemacht ist.

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