Tichys Einblick
Chaos um Heizungen geht im Bundestag weiter

„Der Heizungshammer ist nicht verschoben – er kommt mit voller Wucht“

Die Ampel hat das Gebäudeenergiegesetz in den Bundestag eingebracht. Den Entwurf aus dem April. Was sie gestern veröffentlicht hat, gilt vorerst nur als "Leitplanke". Kurz gesagt: Um Robert Habecks Heizhammer herrscht Chaos.

IMAGO / Political-Moments
Politiker wie Carina Konrad repräsentieren in diesen Tagen die FDP. Eben hat sie im Bundestag zum Gebäudeenergiegesetz geredet. Das sei ein fachlich ordentliches, ein gutes Gesetz hat sie den Kritikern entgegengehalten. Danach stellt Thomas Heilmann (CDU) ihr Fragen: Wann werde denn aus den „Leitplanken“ ein Gesetz? Wie viele Änderungsanträge würden dafür notwendig? Und wie viel Zeit wäre minimal notwendig, um diese Änderungen so intensiv zu bearbeiten, um seriös darüber abstimmen zu können?

Da lacht Carina Konrad. Das wisse sie nicht. Sie sei ja nicht im Wirtschaftsministerium – und freut sich dabei sichtlich über ihre Unwissenheit. Carina Konrad hat gerade im Bundestag zugestimmt, dass der alte Entwurf des Heizungsgesetzes kurzfristig auf die Tagesordnung kommt. Sie hat das Gesetz mit durch die erste Lesung gewunken. Der Opposition hat sie entgegengehalten, dass es gut und fachlich ordentlich sei. Aber wie das Gesetz letztlich aussieht und wann solche inhaltlichen Details feststehen, weiß Carina Konrad nicht – und freut sich darüber. Mit diesem Anspruch machen Bundestagsabgeordnete wie Carina Konrad von der FDP Politik.
Das muss man wissen, um zu verstehen, wie es zu dem Chaos um Robert Habecks (Grüne) Heizhammer kommen kann.

Der Wirtschaftsminister sagt, sein Gesetz sei immerhin „debattierreif“. Um dann nachzulegen: „Entscheidungsreif“ sei es auch – „aus meiner Sicht“. Habeck gibt die Devise aus: „Politik ist die Kunst des Möglichmachens.“ Damit stellt der Philosoph und Kinderbuchautor sich über die Banalität der profanen Sacharbeit – nur genau diese profane Sacharbeit fehlt seinem Handeln dann halt zur Seriosität.

Eingebracht in den Bundestag hat Habeck seinen Gesetzesentwurf, wie ihn die Öffentlichkeit seit zwei Monaten kennt und diskutiert. Was er und die Fraktionsvorsitzenden der Ampel am gestrigen Mittwoch vorgestellt haben, seien hingegen nur „Leitplanken“. Dass diese Leitplanken in entscheidenden Punkten von dem Gesetz abweichen, das er jetzt in den Bundestag eingebracht hat, stört ihn offensichtlich nicht. Erstmal gehe es darum, dass der Einstieg ins Gebäudeenergiegesetz geschafft sei – der erfolge nun stufenweise statt ruckartig im kommenden Jahr. Diese Ausführungen voller Philosophie und einem Mangel an Sacharbeit lassen viele Fragen offen.

Diese Fragen stellte die Opposition: Muss ich eine neue Gasheizung 2028 wieder ausbauen, will Jens Spahn (CDU) wissen. Sind Beratungen für Hausbesitzer verpflichtend oder nur ein Angebot? Wie viel Förderung wird es geben? Und wer erhalte die? All diese Fragen Spahns blieben auch in der Debatte des Bundestags unbeantwortet. Spahn attestierte daher der Regierung und den Vertretern der Ampelkoalition: „Sie wissen ja selbst gar nicht, worüber Sie hier reden.“ Da stand der Auftritt von Carina Konrad noch aus – und sollte Spahn nachträglich recht geben.

In der kommenden Woche soll es eine Anhörung zum Gesetz geben. Zu solchen Anhörungen laden die Fraktionen Experten ein, die den Abgeordneten erklären sollen, welche Folgen ein Gesetz jeweils hat. Spahn kritisiert, dass in dem Fall eine Anhörung keinen Sinn ergebe – da die Experten gar nicht wissen, ob sie über das veraltete Gesetz reden sollen, das der Bundestag nun in erster Lesung beraten hat. Oder doch über die „Leitplanken“, die Habeck und die Fraktionsvorsitzenden der Ampel gestern vorgestellt haben.

Marc Bernhard (AfD) kritisiert die intransparente Art der Ampel, die zuvor in der Sitzung des Fachausschusses verhindert hatte, darüber zu reden, was diese „Leitplanken“ nun eigentlich bedeuteten: „Der einzige plausible Grund dafür ist, dass Sie es selber noch nicht wissen.“ Mit einem solchen Vorgehen verhöhnten Habeck und die Ampel das Parlament und die Menschen im Land.

Was die am Mittwoch vorgestellten Leitplanken überhaupt bedeuteten, müsste aber dringend erörtert werden, fordert Bernhard. Denn sie seien mehr eine Augenwischerei für die Medien, als konkrete Änderungen. So gebe es keine Ausnahmen für die Ölheizungen, sagt Bernhard. Gasheizungen dürften nur eingebaut werden, wenn sie sich auf Wasserstoff umrüsten lassen – das sei technisch aber gar nicht möglich. Auch sei das Heizungsverbot mitnichten um Jahre verschoben. Allein im nächsten Jahr würden sieben Millionen Öl- und Gasheizungen als veraltet gelten und müssten ausgetauscht werden.

So deutlich sagt das Habeck nicht. Aber mit weniger deutlichen Worten hat der Minister Bernhards Vorwürfe vorher durchaus bestätigt. „Es ist nicht so, dass bis (20)28 gar nichts passiert“, sagt Habeck. Zumal das Heizungsverbot an die Fernwärmeordnungen der Länder, Städte und Kreise gebunden sei – und manche hätten diese Ordnungen ja schon. „Über Größen werden wir noch sprechen“, verspricht Habeck. Erst einmal ist das Gesetz im Bundestag, das ist ihm wichtig. Über die Leitplanke können die Häuslebesitzer dann später noch gehen.

Vor dem Hintergrund hält Bernhard dem Minister vor: „Der Heizungshammer ist nicht verschoben. Er kommt mit voller Wucht. Und das in sechs Monaten.“ Inwiefern das stimmt, wird sich zeigen. Zu viele Fragen sind offen und nur noch drei Sitzungswochen Zeit, um sie zu klären. Wann und was beschlossen wird, wissen die Abgeordneten wie Carina Konrad selber nicht und finden es lustig, wie locker sie doch mit ihrer Verantwortung für das Wohl der Bürger umgehen können.

„Politik ist die Kunst des Möglichmachens“, hat Habeck als Philosophie ausgegeben. Und er hat recht: In Deutschland ist mittlerweile vieles möglich. Doch das reicht dem grünen Vordenker nicht: Er will „das Mögliche immer erweitern“. Mit Hütern wie Carina Konrad, die über Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit von Gesetzen wachen (sollten), wird tatsächlich noch manches möglich sein.

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