Tichys Einblick
Scholz' Inszenierung der Politik

Der Gipfel des Schaulaufens

Kanzler Olaf Scholz (SPD) verkündet Beschlüsse zur Baupolitik. Und trifft sich erst danach mit der Baubranche zur Beratung. Der "Baugipfel" zeigt, dass für die Ampel Fachleute nur noch Komparsen sind.

IMAGO / Bernd Elmenthaler
Der Montagmorgen beginnt in einem weiten Teil der Medienlandschaft mit einer Meldung über „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne). Der ist bereit, den Standard „EH-40“ vorerst nicht einzuführen. Häuslebauer müssen demnach weniger Auflagen zur „Energieeffizienz“ einhalten als befürchtet. Die Ampel verzichtet also in der Baukrise darauf, Bauen noch teurer zu machen. Um 14 Uhr treten am gleichen Tag Kanzler Olaf Scholz und Bauministerin Klara Geywitz (beide SPD) vor die Presse und verkünden weitere 14 Punkte, mit denen sie die Baukrise meistern wollen. Danach gehen sie zum Baugipfel.

Warum? Warum danach? Warum verkündet die Ampel politische Beschlüsse, um erst dann mit den Fachleuten darüber zu sprechen? 35 Verbände hat Kanzler Scholz zum „Baugipfel“ eingeladen. Durch die Reihenfolge degradiert er die Fachleute zu Komparsen seiner Polit-Inszenierung. Ihre Präsenz dient nur dem Zweck, den Beschlüssen der Ampel den Anschein von fachlichem Gewicht zu verpassen.

Zwei der eingeladenen Verbände haben die Teilnahme am Gipfel abgesagt. Einer davon ist „Haus & Grund Deutschland“. Deren Präsident, Kai Wernecke, ist nach der Pressekonferenz von Scholz auf dem Sender Phoenix zugeschaltet. Er sieht seinen Entschluss, dem Kanzleramt fernzubleiben, gerechtfertigt: „Die Ergebnisse sind jetzt auf dem Tisch. Der Gipfel ist nur noch reines Schaulaufen.“

Im Oktober hat Scholz das „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ ins Leben gerufen. Also vor knapp einem Jahr. Auch so ein Schaulaufen, ebenfalls mit ganz vielen Fachleuten als Komparsen. 187 Punkte hat das Bündnis seinerzeit ausgemacht, die umgesetzt werden müssten, damit in Deutschland Bauen wieder bezahlbar und machbar wird. 14 dieser Punkte will die Ampel nun anlässlich des Baugipfels umsetzen. Das nächste Schaulaufen. Ein Jahr später.

Was bei dem „Baugipfel“ herausgekommen sei, sei entsprechend nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Wernecke. Mit dem Aussetzen von „EH 40“ habe die Ampel lediglich einen Punkt aufgehoben, den sie selbst beschlossen habe. Nichts werde damit besser. Es werde nur nicht noch schlimmer. Das Gleiche gelte für die Ankündigung, Zwangssanierungen weniger stark forcieren zu wollen.

Insgesamt müsse Bauen einfacher und billiger werden. Als einen wichtigen Schritt sieht Wernecke dabei eine Senkung oder Aufhebung der Grunderwerbssteuer. Thüringen ist diesen Schritt nun gegangen. Mit den Stimmen der CDU, der AfD und der FDP. Das hat in der Blase der Politiker und Journalisten für großes Aufsehen gesorgt. Allerdings nicht wegen seiner Wirkung auf die Baupreise – sondern weil CDU und FDP das gemeinsam mit der AfD durchgesetzt haben. Manche Journalisten sprachen auf Twitter sogar von einer rechtsextremen Steuersenkung. Denn so sehr sich Journalisten und Politiker nun anlässlich des „Baugipfels“ auch bemühen, dem Thema Bauen Gewicht zu verleihen – das einzige Bauwerk, für das sie sich ernsthaft interessieren, ist die „Brandmauer“ gegenüber der AfD. Der Rest ist Schaulaufen.

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