Tichys Einblick
„Aktivistisch und nicht zielführend“

CDU-Wirtschaftsrat gegen Özdemirs Werbeverbot für „Junkfood“

Cem Özdemir will an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt in Sendungen und Onlineformaten verbieten. Der CDU-Wirtschaftsrat hält dagegen und fordert Ernährungsbildung und Aufklärung statt Werbeverbote. Es müsse in Deutschland möglich bleiben, ein legales Produkt zu bewerben.

Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft (Bündnis90/Die Grünen) stellt Vorhaben für mehr Kinderschutz in der Werbung am 27.02.2023 in Berlin vor

IMAGO / Christian Spicker
Der „Wirtschaftsrat der CDU“ wehrt sich gegen die Pläne Pläne der Bundesregierung, die Werbung von bestimmten Nahrungsmitteln für Kinder einzuschränken. „Die Lebensmittelwerbeverbote von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sind aktivistisch und nicht zielführend“, sagte Wirtschaftsratspräsidentin Astrid Hamker der Neuen Osnabrücker Zeitung (Donnerstagsausgabe). Özdemir folgt mit seinem Gesetzesvorschlag einer Empfehlung der WHO, die 2022 mit einer Meta-Studie Zusammenhänge zwischen Werbung und ungesunder Ernährung bei Kindern herstellte.

Hamker sagte nun, Özdemir sei gut beraten, seine Ernährungsstrategie „weniger auf Basis von grüner Ideologie“, sondern auf der Grundlage wissenschaftlicher Daten zu erarbeiten. „Wir dürfen die Ernährung nicht zur Geißel identitätspolitischer Debatten machen“, so Hamker. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte jüngst angekündigt, an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt in Sendungen und Onlineformaten für unter 14-Jährige untersagen zu wollen.

Das geplante Werbeverbot ist offensichtlich viel weitreichender als ursprünglich angenommen, wie Bild unter Berufung auf den Referentenentwurf vor kurzem berichtete. Danach sind auch Werbeverbote für Milchprodukte, Brotarten sowie Obst- und Gemüsesäfte vorgesehen. Das geplante Verbot soll für Werbung gelten, „die ihrer Art nach besonders dazu geeignet ist, Kinder zum Konsum zu veranlassen oder darin zu bestärken“.

Im Wirtschaftsrat hält man das Vorhaben „für kein adäquates Mittel, der steigenden Anzahl übergewichtiger Kinder und Jugendlicher entgegenzuwirken“. Hamker sieht darin eine „Kriminalisierung wichtiger Teile unserer Wirtschaft“. Das geplante Werbeverbot treffe „vor allem mittelständische Lebensmittelproduzenten, die ihren Umsatz hierzulande und nicht auf den globalen Märkten erzielen“.

Es müsse in Deutschland möglich bleiben, „ein legales Produkt bewerben zu dürfen“. Hamker sagte: „Das Verbannen von Lebensmittelprodukten von Werbetafeln, analogen wie digitalen Medien hat keinen Einfluss auf das Ernährungsverhalten“. Sie widerspricht damit der WHO-Studie, die Daten zu dem Thema aus 80 wissenschaftlichen Arbeiten zusammengetragen hat. Das Ministerium habe Hamker zufolge auf eine Parlamentsanfrage nicht bestätigen können, dass es eine Kausalität zwischen Lebensmittelwerbung und der Auswirkung auf das Ernährungsverhalten gebe.

Bereits heute trage Werbung infolge entsprechender EU-Regulierung der hohen Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen Rechnung. Das bestätigt auch der Wirtschaftspublizist Detlef Brendel in einem Beitrag für TE. Demnach gebe es bereits eine umfangreiche Selbstregulierung der Unternehmen, um beispielsweise keine Werbung in klar definierten Kindersendungen zu schalten. Eine inhaltliche Regulierung der Werbung werde zudem durch die Verhaltensregeln des Deutschen Werberats geleistet.

Brendel sieht in Werbeverboten eine weitere Gefahr. Werbung, ein in einer freien Gesellschaft gewohntes und allgegenwärtiges Segment der Kommunikation, habe erhebliche Relevanz für die Demokratie. Kinder und Jugendliche könnten ohne Konfrontation mit Werbung nicht die Kompetenz erlernen, mit der in ihrem Leben immer vorkommenden Werbung umzugehen. Kommunikationsverbote seien deshalb für eine Demokratie ein bedenkliches Ansinnen.

Zentraler Schlüssel für eine gesunde Ernährung ist nach Ansicht der Wirtschaftsratspräsidentin Bildung. „Wir fordern eine Abkehr von Werbeverboten und stattdessen eine stärkere Konzentration auf die Ernährungsbildung auch in Schulen, etwa durch Kochkurse, Praktika im landwirtschaftlichen Bereich und Aufklärungskampagnen.“

(mit Material von dts)

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