Tichys Einblick
Politik gegen den eigenen Staat

Bundeswehr unerwünscht: Öffentliche Ablehnung und Gewalttaten gegen Soldaten

Allein im Jahr 2018 zählte das Verteidigungsministerium insgesamt 86 Anschläge und Straftaten gegen die Bundeswehr. Insbesondere die Partei die Linke versucht, jeden werbewirksamen öffentlichen Auftritt der Streitkräfte zu skandalisieren.

Farbschmiererei auf einem Werbeplakat der Bundeswehr

imago images / CHROMORANGE

Die latente Antipathie gegenüber der Bundeswehr in Teilen der Gesellschaft manifestiert sich gelegentlich auch bei Repräsentanten des Staates, für dessen Sicherheit sie existiert. Die Berliner Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg und Lichtenberg lehnten zum Beispiel im Juni das Angebot der Bundeswehr ab, den Gesundheitsämtern bei der Suche Kontaktpersonen von Corona-Infizierten zu helfen. Dafür gebe es keine mehrheitliche politische Unterstützung, so eine Sprecherin. Der Bezirk wolle dafür studentische Hilfskräfte einstellen. Die Empörung gegen solche Aktionen hielt sich im rot-rot-grün regierten Berlin in engen Grenzen. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) schrieb immerhin auf Twitter, sie habe kein Verständnis dafür, dass die beiden Bezirke die Hilfe ablehnen.

Die Abneigung privater Bundeswehr-Gegner geht über derartige Blasiertheit lokaler Würdenträger weit hinaus. Wie jetzt die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Christian Sauter offenbart, zählte das Verteidigungsministerium 2018 insgesamt 86 Anschläge und Straftaten gegen die Bundeswehr. Die meisten richteten sich gegen Truppenübungsplätze, Kasernen und Fahrzeuge. Sieben davon hatten jedoch Soldaten zum Ziel. Auch 2019 wurden mindestens fünf Soldaten angegriffen, es wird eine hohe Dunkelziffer vermutet.

Dass die Gewalttaten gegen Bundeswehrangehörige zunehmen, war schon aus Antworten des Verteidigungsministeriums auf Anfragen im vergangenen Herbst 2019 deutlich geworden.

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Sauter erkundigte sich auch, wie oft der Bundeswehr 2019 die Mitwirkung an einer Veranstaltung zum Zwecke der Berufsorientierung oder der Öffentlichkeitsarbeit von den Organisatoren untersagt wurde, also z. B. von Schulen, Hochschulen, Ministerien, Kommunen, Behörden, Verbänden, Nichtregierungsorganisationen oder Unternehmen. Nach Auskunft der Bundesregierung wurden Aktivitäten zur Öffentlichkeitsarbeit kein einziges Mal abgelehnt. Zur Zahl der Absagen bei Veranstaltungen zur Berufsorientierung konnte keine Angabe gemacht werden, da diese nicht erfasst wird. Dadurch bleibt unklar, inwieweit die Bundeswehr daran gehindert wird, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und Nachwuchs zu gewinnen.

Eine noch nicht beantwortete kleine Anfrage der Linken unter Federführung der besonders im Kampf gegen die Bundeswehr engagierten Abgeordneten Ulla Jelpke macht deutlich, worum es geht und dass die Störer keineswegs ohne politische Unterstützung handeln. Sie sieht die Tatsache, dass überhaupt Jugendoffiziere und Karriereberater der Bundeswehr um Nachwuchs werben dürfen, offensichtlich als Skandal an. „Aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller stellt dies eine Militarisierung der Schulen dar, die mit dem Gebot einer neutralen und dem Frieden verpflichteten Bildung nicht zu vereinbaren ist.“

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Und sie fasst auch nochmal zusammen, dass die SED-Nachfolgerin damit nicht alleine steht im politisch-gesellschaftlichen Spektrum: „Die Fragestellerinnen und Fragesteller begrüßen es, dass Organisationen der Friedensbewegung gegen die Werbeeinsätze der Bundeswehr an Schulen protestieren. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat ihre ablehnende Haltung zur Präsenz des Militärs im Unterricht bereits vor langem geäußert (vgl. Bundestagsdrucksache 18/4516). Ende März 2019 hat auch der Landesparteitag der Berliner SPD eine Resolution verabschiedet, in der es heißt: „Es wird militärischen Organisationen untersagt, an Berliner Schulen für den Dienst und die Arbeit im militärischen Bereich zu werben“ (https://parteitag.spd-berlin.de/app/uploads/pdf/I_2019//Antrag-109I2019-Werbeverbot-fuer-alle-militaerisch-1.pdf ).“

In einer weiteren, ebenfalls noch unbeantworteten kleinen Anfrage verlangt Jelpke übrigens von der Bundesregierung Mitteilung über „Termine für Messe- und Ausstellungsbeteiligungen der Bundeswehr“, „Termine für Auftritte des KarriereTreffs Bundeswehr“ und „Termine für Vorträge oder anderweitige Veranstaltungen von Karriereberatern in Schulen sowie Hochschulen“ – und sie will es genau wissen: „(bitte jeweils Anlass, Ort mit Postleitzahl und Zeitraum angeben)“. Auch für die geplanten Auftritte des Musik-Korps der Bundeswehr und nicht zuletzt „Feierliche Gelöbnisse, Zapfenstreiche oder andere Militärrituale außerhalb militärischer Liegenschaften“ interessiert sich Jelpke in ihrer Anfrage ganz genau: „(bitte nach Art der Zeremonie, Anlass, Ort mit Postleitzahl, teilnehmenden Einheiten sowie Datum und Örtlichkeit der Zeremonie darstellen)“.

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