Tichys Einblick
Verlogen

Bundesregierung sauer: Libyen will Migration stoppen!

Es ist Wahlkampf und Merkel lässt etwas sagen, was den kriminellen Schleppern und ihren Helfern der NGOs gefällt. Die Libyen-Route sollen andere - weiter weg vom Mittelmeer - schließen wie weiland die Balkan-Route weiter weg von der deutschen Grenze.

Members of Libya's naval coastguard

© MAHMUD TURKIA/AFP/Getty Images

Niemand bezweifelt, dass die Zustände in Libyen für Migranten nicht nur nach europäischen Maßstäben erbärmlich sind. Allerdings immigrieren hier kaum Libyer übers Mittelmeer, sondern Afrikaner, die sich in vielen Fällen durch mehrere afrikanische Staaten bis nach Libyen bewegt haben mit dem einzigen Ziel, in Europa Asyl zu beantragen, um dann mehrheitlich nach Deutschland zu gelangen. Und selbst, wenn deren ursprüngliches Herkunftsland kein sicheres ist, heißt das ja noch lange nicht, dass auf der innerafrikanischen Route nach Libyen nicht als sicher geltende Herkunftsländer durchreist werden. Immerhin Länder, die gerade von Deutschland und Frankreich militärisch aufgerüstet werden. Dazu aber gleich mehr.

Nein, den Transfer von potentiellen Asylantragstellern von Libyen aus nach Europa mit den Zuständen in Libyen zu rechtfertigen, greift eben nicht automatisch. Dass die Lebensumstände in den allermeisten Staaten Afrikas nicht den europäischen Standards entsprechen, kann als Grund ebenfalls nicht herhalten. Hier muss, wenn, dann nach wie vor die Verantwortung der internationalen Staatengemeinschaft eingefordert werden. So mühsam das sein mag, so inhuman und so wenig akzeptabel das erscheinen mag, angesichts der wiederkehrenden Hunger- und Elendkatastrophen und der politischen und religiösen Verwerfungen auf dem afrikanischen Kontinent.

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Wenn die Bundesregierung nun eine Warnung ausspricht, Libyen müsse sich bei der Einrichtung einer Suchzone im Mittelmeer an internationale Regeln halten, stellen sich mehrere Fragen. Zum einen die grundsätzliche nach dem richtigen politischen Ansprechpartner. Denn die politischen Kräfteverhältnisse in Libyen sind alles andere als stabil. Wer ist der geeigente Gesprächspartner in dem zerissenen Land?

Zusätzlich haben diese libyschen Kräfte nun noch einen Grund mehr, nervös zu werden, wenn sich die Bundesregierung im Verbund mit Frankreich gerade anschickt, eine Polizei- und Militärtruppe der westafrikanischen Staaten Mali, Niger, Tschad, Mauretanien und Burkina Faso aufzurüsten, mit dem Ziel, Migration schon in diesen Ländern zu stoppen.

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Niemand kann jetzt schon sagen, welche Kräfteverhältnisse sich dadurch verschieben könnten, welche zukünftigen Konflikte hier willfährig programmiert werden. Die Bundesregierung warnt also einerseits libysche Kräfte, im Mittelmeer keine irgendwie völkerrechtswidrigen Such- und Rettungsbereiche aufzubauen – unter Ausschluss der europäischen Nichtregierungsorganisationen, während man auf der anderen Seite solche Länder aufrüstet, deren junge Männer im Übrigen ebenfalls ihren Anteil am Kontingent der Europa-Migration über die Libyenroute stellen. Dass alles wirkt planlos, handlungsunfähig und sogar gefährlich.

Anstatt also wohlwollend zu beobachten, dass es tatsächlich libysche Interessen gibt, die Migration nach Europa aufzuhalten – und das offensichtlich entgegen den Interessen einer finanziell immer besser aufgestellten Schlepperlobby im eigenen Land, interveniert die Bundesregierung getreu des merkelschen, nur angeblich humanistischen Imperativs, interveniert offensichtlich schon deshalb, weil hier etwas geschieht, ohne dass man europäische politische Institutionen, ohne dass man die ehemaligen Kolonialmächte dazu um Erlaubnis gebeten hätte.

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Allerdings verstoße die Einrichtung eines solchen libyschen Such- und Rettungsbereichs nicht einmal „prinzipiell gegen Seevölkerrecht“, weiß die ZEIT. Auch Libyen dürfe grundsätzlich nach bestimmten international festgelegten Voraussetzungen einen solchen Bereich weit über die 12-Meilenzone hinaus einrichten. Klar, zur Seenotrettung sind gernell die einer Unglückstelle am nächsten sich befindenden Schiffe verpflichtet. Aber hier ursprünglich Schiffe gemeint, die auf ihrem Weg von A nach B dort vorbeikommen. Keine Schiffe, die sich ausschließlich dort aufhalten zum Zwecke der als Seenotrettung inszenierten Migrationsförderung nach Europa. Dafür hat keiner der NGOs irgendein Mandat. selbst dann nicht, wenn sie von den zuständigen Seenot-Leitstellen kontaktiert werden. Hier greift einfach ein Automatismus: Nächstes Schiff – erster Seenotrettungsauftrag.

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Wenn nun aber die Libyer es selbst erledigen wollen, sollte man sie dabei logistisch und finanziell unterstützen, anstatt ihnen von Berlin – wohl auch auf Druck der nun handlungsunfähigen Seerettungs-NGO’s – Drohungen auf den Planungstisch zu werfen. Allerdings muss man auch die Frage stellen, warum Libyen einen eigenen Seerettungsdienst einrichtet, der Schiffsbrüchige zurück nach Libyen bringt, wenn Libyen eben diese Unglücksfälle schon dadurch verhindern könnte, dass man die eigenen Küstengrenzen entsprechend sichert und Schleppern schon im Vorfeld das Handwerk legt.

Deutschland und Frankreich rüsten nun diverse Staaten im afrikanischen Hinterland auf, die Migration nach Europa abzuwehren. Und gefährdet womöglich einen irgendwie gearteten militärischen Status Quo. Nötigt also letztlich die Libyer, Migration als Faustpfand zu nutzen für die Forderung einer militärischen Aufrüstung ihrerseits. Und das es dazu kommen könnte, deute die französische Verteidigungsministerin Florence Parly bereits an: Das Engagement Deutschlands und Frankreichs in den Sahelstaaten sei erst der Anfang.