Tichys Einblick
„Flüchtlinge mit Ukraine-Bezug“

Ukrainer müssen fliehen, aber Afrikaner kommen an

Statt betroffener Ukrainer kommen Afrikaner: „Flüchtlinge mit Ukraine-Bezug“ heißt das neue Schlupfloch für die illegale Migration, das Innenministerin Nancy Faeser aufgemacht hat. Die Bundespolizei hat sie gewarnt. Es war ihr gleich. Die Kosten werden andere tragen.

IMAGO / Stefan Zeitz

Eine seltsame Meldung verbreitete die Hessenschau des ARD-Senders „Hessischer Rundfunk“: „Nach teils traumatischer Flucht aus dem Ukraine-Krieg sind afrikanische Studierende in einer Frankfurter Kirchengemeinde untergekommen. Viele von ihnen haben keinen Pass mehr und ihre Zukunft ist ungewiss.“

Ukraine-Flüchtlinge, die aus Afrika stammen und ihre Pässe verloren haben – übrigens fast ausnahmslos stramme junge Männer, während ukrainische Flüchtlinge praktisch ausnahmslos Frauen, Kinder und Alte sind: ein seltsames Paradoxon, das auch aus Garmisch-Partenkirchen gemeldet wird. Ein Hotelier wollte ukrainische Flüchtlinge unterbringen und erhielt schwarze, männliche Gäste. Nur Einzelfälle?  Die Erklärung liegt bei der neuen Bundesinnenministerin Nancy Faeser.

Der Neubau des Bundesinnenministeriums in Berlin-Moabit strahlt mit seiner strengen Fensterfront nicht unbedingt Kreativität aus und muss das vielleicht auch nicht. Allerdings macht das Haus unter der neuen Ministerin Nancy Faeser (SPD) leider auch nicht durch gedankliche Stringenz auf sich aufmerksam. Das zeigt sich in der aktuellen Flüchtlings- und Migrationskrise.

Seit Freitag wird die Erstversorgung der Flüchtlinge mit Lebensmitteln an Berliner Bahnhöfen schließlich von staatlichen Stellen übernommen. Bis dahin hatten die freiwilligen Helfer (und private Hilfsorganisationen) am Hauptbahnhof, am Süd- und Ostkreuz sowie am ZOB für geschnitten Brot und Mandarinen, für Tütensuppen und saure Gurken gesorgt. Immer noch sorgen die Privaten laut Telegram-Gruppennachrichten für alle Sanitärartikel, aber auch für Hausschuhe, Ladekabel und allerlei anderen Bedarf. Die Hilfe für Flüchtlinge, die der Staat eingeladen hat, ist outgesourct an Einzelpersonen und Hilfsorganisationen. Was das bedeutet, weiß jeder, der sich je mit Charities beschäftigt: Es ist ein schwacher Staat, der sich hier von anderen Gruppen vertreten lässt.

Diese Organisationen stellen jedoch daneben auch eine gesellschaftliche Kraft dar. Man spricht gern bemäntelnd von der „Zivilgesellschaft“, die sie verkörperten. Aber sie sind eher deren Ableger, in dem sich einzelne Bürger zusammenfinden mögen, aber nie alle. Das unterscheidet sie vom demokratischen Staat, von Ländern und Kommunen. Doch das Meinungsklima in diesem Land können diese „NGOs“ sehr wohl beeinflussen. Nur so lässt sich letztlich die Welle von Medienberichten erklären, in denen die Ukraine-Flüchtlinge als die zentrale Auswirkung des Krieges auf unser Leben dargestellt werden, während zugleich keinerlei Trennschärfe besteht zwischen den Menschen aus der Ukraine und mutmaßlichen Glücksrittern, die buchstäblich auf den Flüchtlingszug aufgestiegen sind und nun – mit Hilfe von Schleusern? – erneut Einlass in Deutschland erwarten.

Nebenbei hat das angerichtete Chaos auch direkte Auswirkungen auf die von Krieg und Flucht betroffenen Ukrainerinnen: Früh machten Hinweise auf Menschenhändler mit Verbindungen zum Rotlichtmilieu die Runde (TE berichtete). Aus der Ukraine hört man, dass einige Ukrainerinnen es „nach bösen Gerüchten“ vorzogen, in ihrem Land zu bleiben, anstatt sich in deutsche Flüchtlingsbusse zu setzen, wie das Online-Portal inFranken.de berichtet.

Der Krieg durchlöcherte die Grenzen noch mehr

Dabei haben nachgeordnete Behörden unsere Regierung vor einer solchen Lage gewarnt. Wie TE aus Bundespolizeikreisen erfahren konnte, warnte die Bundespolizei die Innenministerin frühzeitig vor einer Verquickung von Migrationsströmen mit den aktuellen Flüchtlingsbewegungen aus der Ukraine. Zwei Argumente wurden dazu vorgetragen, von denen das eine besonders relevant für die kommenden Monate sein wird. Dass wir von diesen Warnungen wissen – die nicht überraschend kommen –, lässt auch die Entscheidungen von Bundesinnenministerin Faeser in einem anderen Licht erscheinen.

Zum einen weiß die Bundespolizei – auch dank der Kontakte zu ausländischen Sicherheitsbehörden durch das gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum GASiM –, dass sich noch bis zu 15.000 illegale Migranten in Weißrussland befinden, denen die illegale Einreise in die EU dank dem polnischen Grenzschutz nicht gelungen ist. Nun wird die polnische Grenze nach wie vor schwer bewacht und derzeit durch einen massiven Zaun gesichert. Noch immer finden aber laut dem Grenzschutz täglich Durchbruchsversuche an den Grenzanlagen statt. Und auch wenn die meisten zurückgeschlagen werden, zeigt das, wie volatil die Lage ist.

Als erschwerender Faktor kommt der Krieg hinzu: Seit Russland durch seine kriegerische Operation die weißrussisch-ukrainische Grenze durchlöchert hat, könnte sich auch für viele illegale Migranten eine Möglichkeit bieten, auf ukrainisches Gebiet vorzudringen, um sich dann mit Hilfe von Schleppern in die Züge und Busse gen Westen zu schmuggeln. Die Bilder vom messerbewehrten Kampf um die Zugplätze sind erinnerlich. Und auch bei den ukrainischen Visa, die viele der Migranten in Deutschland vorweisen, könnte es sich letztlich um Diebesgut aus besetzten und ausgeplünderten Rathäusern handeln, so Einschätzungen aus der Bundespolizei.

Gewährung von Asyl als „disruptive Belohnung“?

Zunehmende Verwunderung
Anstieg der Flüchtlingszahlen in Deutschland: Anteil der Nicht-Ukrainer bleibt unklar
Wenn die Bundesregierung nun auch noch das Asyl für Russen erleichtern will und dies vom Wirtschaftsethiker Ingo Pies als Mittel der „asymmetrischen Kriegsführung“ im Sinne einer „disruptiven Belohnung“ hervorgehoben wird, dann ist das schon eine Pointe: Russland (eventuell) und Weißrussland (mit Sicherheit) setzen die Migration in die europäischen Sozialsysteme als Waffe gegen die EU ein. Deutschland kontert, indem es auch noch die zweite Wange hinhält. SPD-Menschenrechtsexperte Frank Schwabe erwartet gegenüber WELT, dass „sowohl Deserteure als auch Journalisten und Menschenrechtsaktivisten“ aus Russland bald leichter „umfassenden Schutz“ in Deutschland bekommen. Da klopft also jemand mit einem Rammbock an die Tore der EU, und die in Deutschland regierenden Rot-Grün-Gelben reißen sie prompt auf.

In Slowenien hat Annalena Baerbock versichert, dass die EU an der Seite der Ukrainer stehe und „alle aufnehmen“ werde – auch die, die gar keine Ukrainer sind, aber das liegt in der Verantwortung ihrer Kabinettskollegin Faeser. Mit einem hat der Wirtschaftsethiker Pies aber wohl Recht: Die westliche Sicht auf den Ukraine-Krieg heroisiert derzeit die Ukrainer und dämonisiert alles Russische. Aus dieser Erzählung sah Pies nur den einen Ausweg, nun auch die Russen zum Opfer ihrer Regierung zu stempeln.

Die stärkere Aufnahme von Russen aus den vom SPD-Abgeordneten Schwabe bezeichneten militärischen und „zivilgesellschaftlichen“ Sektoren steht uns also eventuell noch bevor. So fügt eine linke Regierung Aufnahmeversprechen an Aufnahmeversprechen. Man fühlt sich natürlich an die afghanischen „Ortskräfte“ erinnert, von denen am Ende die meisten nur noch sehr wenig mit dem Bundeswehreinsatz zu tun hatten.

Die illegale Migration über die Ostroute ist noch nicht gebannt

Sehr viel rascher könnte ein anderer Faktor aktuell werden, den die Bundespolizei ebenfalls gegenüber Nancy Faeser angesprochen hat: In Polen endet bald das Asylgewahrsam für viele Migranten, das dort per Gerichtsbeschluss für ein halbes Jahr angeordnet werden kann. Migrationsfreunde in deutschen Medien kritisierten schon das als „Internierung“ bei haftartigen Bedingungen. In Kürze – ja schon heute – könnten illegale Migranten in Polen allerdings daraus entlassen werden, und dann ist nicht sicher, wie weit die polnischen Behörden noch deren Verbleib in Polen sicherstellen können. Nicht unplausibel ist jedenfalls, dass ein aus dem Gewahrsam kommender illegaler Migrant eher versuchen wird, seinen Weg nach Westen fortzusetzen als umzukehren – und das eventuell unter Zuhilfenahme aller Mittel, die er auch bis dahin gerne in Anspruch nahm, also der kriminellen Schlepper- und Schleuserbanden.

Grenzkontrollen derzeit nur zu Österreich
Viele Drittstaatler kommen nach Deutschland – Bundespolizisten wehren sich gegen „Racial Profiling“-Vorwurf
Auch darum dringt die Bundespolizei heute mehr denn ja auf eine Notifizierung auch der östlichen Landesgrenzen, um stationäre Grenzkontrollen zu ermöglichen. Die Notifizierung ist dabei leicht vorzunehmen: Die Bundesregierung müsste nur die Einschränkung des Grenzverkehrs auf zugelassene Grenzübergänge anzeigen. Dann könnten an diesen feste Grenzkontrollen stattfinden, sodass klarer wäre, wer wirklich nach Deutschland kommt. Auch reiche es keineswegs aus, wenn die EU-Staaten mit Außengrenze dies kontrollieren, weil immer mit Fehlern zu rechnen sei. In wohlinformierten Bundespolizeikreisen ist man verwundert über den Starrsinn der Ministerin, die gegenüber allen unbequemen Realitäten die Augen zu verschließen scheint.

Eines hat die Bundesregierung mit ihrer vorbehaltlosen Akzeptanz aller Bus- und Zugpassagiere aus östlicher Richtung allerdings erreicht: In großen Mengen werden nun Drittstaatler, die angeblich aus der Ukraine kommen und teils über ukrainische Visa verfügen, aber nicht über auch nur rudimentäre Sprachkenntnisse, als „Flüchtlinge mit Ukraine-Bezug“ in deutschen Gemeinden einquartiert.

Gemäß den Twitter-Worten der Ministerin sollen auch sie ohne Asylverfahren aufgenommen werden. Tatsächlich entspricht das nicht den Regeln, die sonst von der Bundespolizei angewandt werden. Ein Nicht-Schengen-Visum reicht nach diesem Regelwerk nicht aus, um legal nach Deutschland einzureisen. Es handelt sich folglich um illegale Migranten, die sich folglich nur durch einen sofort gestellten Asylantrag einen ersten Aufenthaltsstatus sichern können. Geschieht dies in allen Fällen? Man darf es bezweifeln. Die unklaren Ansagen des Innenministeriums – bisher häufig wolkige Versprechen – haben zum ersten Mal manifesten Schaden angerichtet. Sie wirken wie eine lebensverlängernde Maßnahme für die Ostroute der illegalen Migration nach Deutschland.

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