Tichys Einblick
Bundestagsdebatte über Russland

AfD und Linke demonstrieren ihre Distanz zur Freiheit

In der Bundestagsdebatte zur Russlandpolitik offenbaren sich ganz links und ganz rechts diejenigen, die unreflektiert Demokratien und Diktaturen gleichsetzen. Die Debatte wäre als Lehrstoff an Schulen geeignet.

17. Bundestagssitzung und Debatte in Berlin am 17.02.2022

IMAGO / Political-Moments

Es ist nicht oft der Fall, aber manchmal wünschte man sich, die Debatten im Bundestag würden an unseren Schulen gezeigt. Ein Beispiel ist die heutige kontroverse Debatte über die deutsche Russlandpolitik. In aller Schärfe wurden die fundamentalen Unterschiede zwischen Links-Partei und AfD im Gegensatz zu CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP deutlich.

Die Parteien der Ampel-Koalition und der früheren Regierung erklärten das völkerrechtswidrige Verhalten Russlands, nicht nur gegenüber der Ukraine, aus dem grundsätzlich verschiedenen Charakter der Systeme und ihrer Wertvorstellungen. Und da ist es nun mal so, dass die westlichen Demokratien, zu denen auch die Ukraine gehört, sich von der Herrschaft im Reiche Putins substanziell unterscheiden. 

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Das gilt auch dann, wenn im Westen immer wieder mal Abweichungen von demokratischen Gepflogenheiten vorkommen. Nur ein Beispiel ist das zum Teil unverhältnismäßig harte, ja sogar brutale Vorgehen der Polizei gegen friedliche Teilnehmer an Demonstrationen gegen die Corona-Politik der Regierung in Deutschland. Geduldete Entgleisungen, die umso schwerer wiegen, da Gegendemonstrationen mit regelmäßigen Regelverletzungen der militanten Linken-Szene mit Zurückhaltung und Verständnis begleitet werden. 

Aber weder in den USA noch in der Bundesrepublik werden Wahlen gefälscht, Kritiker ins Gefängnis geworfen oder Zeitungen und Organisationen einfach so verboten. Auch bestimmt nicht – obwohl es Versuche dazu gibt – eine verordnete Ideologie an das Verhalten der Menschen, die bei Nichtbefolgung gesellschaftlicher Vorgaben von oben mit Benachteiligungen rechnen müssen. Vereinfacht gesagt, geht es hier einfach um den Gegensatz von Freiheit und Unfreiheit oder Demokratie und Diktatur. Auch manche Redner im Parlament der Deutschen scheinen diese Unterscheidungen willentlich oder aus schlichter Unkenntnis der Geschichte nicht wahrhaben zu wollen. 

So setzt der Linken-Star Gregor Gysi prinzipiell die Vereinigten Staaten von Amerika und Russland ebenso wie China auf eine Stufe. Nicht anders argumentiert der Übervater der AfD, Alexander Gauland. Er hält es für die Beurteilung und den Umgang mit einem anderen Staat für unwesentlich, welche inneren Verhältnisse in diesem herrschen. Dabei kann man in der gesamten Geschichte der Menschheit nachweisen, dass repressive und totalitäre Systeme, gleichgültig ob in ideologischer, rassistischer oder religiöser Verkleidung, immer auch eine Gefahr für ihre Nachbarschaft und den Frieden darstellen. Nicht selten konnte nur frühzeitiger Widerstand das Schlimmste verhindern.

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Der legendäre britische Kriegspremier Winston Churchill sagte selbstkritisch beim Anblick des zerstörten Europa im Sommer 1945: „Jeder hat den aggressiven Charakter des Deutschen Nationalsozialismus schon frühzeitig erkennen können. Hätte man 1937/38, zu einem Zeitpunkt, an dem die deutsche Wehrmacht noch nicht zu voller Stärke aufgewachsen war, dem Spuk ein Ende bereitet, wären der Welt nicht nur die Schrecken eines Krieges, sondern auch die Ermordung Millionen unschuldiger Menschen erspart geblieben.“ Eine Erkenntnis,  über die auch die vielen „Russland-Versteher“ hierzulande nachdenken sollten.

Nachdenkenswert wäre auch die Frage, warum weltweit keine Bürger der „aggressiven und kulturlosen USA“ um politisches Asyl nachsuchen. Allerdings gilt dies millionenfach umgekehrt. Die Beispiele ließen sich fortsetzen.

Möglicherweise liegen ja die Diktaturerfahrungen des Dritten Reiches und der DDR bereits zu lange zurück, als dass sich aus ihnen moralische Haltungen und Empathien für die Freiheit entwickeln konnten. Mit Sicherheit hat dazu auch die Vernachlässigung des Geschichtsunterrichts, jenseits soziologischer Betrachtungen, beigetragen.

Kurzum – die Debatte im Bundestag war ein Spiegelbild unseres Bewusstseins.  

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