In Bayern gehen die Zahlen der Polizei zufolge in die Zehntausende. Allein das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West registrierte 29 Veranstaltungen mit 8.500 Teilnehmern, nur in Mittelfranken zählte die Polizei 8.500 Menschen bei 33 Veranstaltungen. In Nürnberg waren 4.400 auf den Straßen, in Augsburg, Kempten und Bamberg jeweils über 2.000 Bürger und in zahlreichen weiteren bayerischen Städten über 1.000.
In über 1.000 Städten wurde deutschlandweit zu Protesten aufgerufen. In Thüringen waren nach Polizeiangaben 26.500 Leute auf den Straßen, 3.000 davon in Gera. Teilnehmer sprechen von weitaus höheren Teilnehmerzahlen. Insgesamt scheint sich der Protest – auch aufgrund der stärkeren Restriktionen in größeren Städten – weiter zu dezentralisieren und vor allem in kleineren Städten zu wachsen.
— Janine (@Janine03199979) January 25, 2022
Auch in Köln kam es zu größeren Protesten, ohne Zwischenfälle. Gegendemonstrationen blieben insgesamt weit in der Unterzahl. Eine Augenzeugin berichtet uns:
„In Köln gingen wohl mehrere Tausend Menschen auf die Straße. Treffpunkt des Kölner ‚Spaziergangs‘ war auf dem Roncalli-Platz vor dem Kölner Dom. Der Demo-Zug zog durch die Altstadt über den Heumarkt am Rathaus vorbei, über die Cäcilienstraße zum Neumarkt, dann vom Rufdolfplatz über den Ring zum Friesenplatz, von da aus am Zeughaus vorbei zurück zum Dom.
In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern wurden die Proteste von einem rigiden Vorgehen von Politik und Polizei überschattet – in Rostock und Magdeburg wurden die Proteste aufgelöst. Dabei kam es zu Krawallen und auch zu Flaschenwürfen auf die Polizei, die hart agierte. Mit Allgemeinverfügungen gehen Städte hier pauschal gegen jeden Protest gegen die Corona-Maßnahmen vor, der nicht angemeldet ist – angemeldete Demonstrationen werden aber ebenfalls verboten bzw. mit so harten Auflagen belegt, dass die Veranstalter sie selbst absagen.
Dennoch demonstrierten auch in diesen drei ostdeutschen Bundesländern Zehntausende. In den vergangenen Wochen waren die Proteste in Baden-Württemberg besonders stark – hier liegen bis dato noch keine Zahlen vor. Auch dort waren zahlreiche Proteste verboten worden.
In Wandlitz starb ein Mann bei einem „medizinischen Notfall“. Kurz zuvor hatte er versucht, eine Polizeisperre zu durchbrechen.
Die Demonstranten kommen aus unterschiedlichen Milieus und gesellschaftlichen und politischen Gruppen. Rechtsextreme sind auch etwa nach den Angaben des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen nur eine kleine Minderheit. Der ehemalige WDR-Journalist und Leiter des ARD-Studios in Brüssel Rolf-Dieter Krause teilte seine Beobachtungen auf Twitter mit: „Ich wollte es mal mit eigenen Augen sehen: Montagsspaziergang in Templin, Uckermark. 15.000 Einw., ca. 400 Teiln. (entspricht ca 100.000 in Berlin). Keine blöden Sprüche, kein Krawall, eine bunt gemischte Bürgergesellschaft. Polizei: entspannt. Radikalisierung? Nicht zu sehen.“
Impfpflicht-Ende in Bautzen
Zu bemerkenswerten Szenen kam es vor rund 3.000 Bürgern in Bautzen, darunter zahlreichen Pflegern. CDU-Landrat Michael Harig hatte zuvor darauf hingewiesen, dass ohne das ungeimpfte Personal die Versorgung Kranker und Pflegebedürftiger nicht gewährleistet werden könne: „In der ohnehin bestehenden angespannten Lage – bezogen auf die Verfügbarkeit von Fachkräften in der Pflege, ist selbst ein Verlust von ’nur‘ zehn Prozent der tätigen Personen nicht zu kompensieren.“
Vize-Landrat Udo Witschas sprach am Montag nun sogar auf der Demonstration und erklärte, der Landkreis Bautzen werde die Impfpflicht für medizinisches Personal nicht umsetzen. Eigentlich ist vorgesehen, dass Krankenhäuser ungeimpfte Pfleger an das jeweilige Gesundheitsamt melden, das dann ein de facto Berufsverbot erteilt. Genau das soll das Amt im Landkreis Bautzen aber nicht tun. Witschas sagte: „Ich kann Ihnen sagen, warum es bei uns am 16.3. das Betretungsverbot nicht geben wird. Es gibt eine ganz einfache Antwort auf diese Frage: Wer soll sich um diese Pflegebedürftigen und hilfsbedürftigen Menschen kümmern, wenn Sie nicht mehr da sind?“