Das Bundesamt für Verfassungsschutz stellte am Freitag einen Bericht vor, der darlegen soll, warum der Geheimdienst die Partei AfD auch auf Bundesebene als rechtsextremistisch einstuft. Doch dieser Bericht ist als geheim deklariert: Einsicht haben das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) im Bundestag und Gerichte, sofern es zur Klage gegen die Äußerungen des Bundesamts für Verfassungsschutzes kommt.
Doch die Öffentlichkeit oder gar die AfD bekommen diesen Bericht nicht zu Gesicht. Sie müssen sich mit der mehr als dünnen Begründung aus der Pressemitteilung des Verfassungsschutzes zufriedengeben: „Dem gesetzlichen Auftrag folgend hatte das BfV das Agieren der Partei an den zentralen Grundprinzipien der Verfassung zu messen: Menschenwürde, Demokratieprinzip und Rechtsstaatsprinzip.“
So schreibt das Bundesverfassungsgericht, die AfD würde „bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen, sie einer nicht verfassungskonformen Ungleichbehandlung auszusetzen und ihnen damit einen rechtlich abgewerteten Status zuzuweisen“. Beweise, wo solche Bestrebungen bei der AfD zu finden seien, liefert das Bundesamt nicht.
Auf Nachfrage von Tichys Einblick antwortet das Bundesamt für Verfassungsschutz, dass das Gutachten ein „eingestuftes Behördendokument“ ist. Später wurde telefonisch erklärt, dass der Datenschutz eine entscheidende Rolle spiele. Und noch ein Rückruf später: Selbstverständlich dürfe nicht berichtet werden, dass das Gespräch überhaupt stattgefunden habe … das ist die Transparenz bei einem politisch und rechtlich höchst brisanten Vorgang: wir sagen nichts und das unter der Voraussetzung, dass wir nichts sagen.
Allerdings geben sich damit insbesondere Berliner Journalisten gerne damit zufrieden. So hat der frühere Amtschef Haldenwang reichlich und umfangreich vor zwei Berliner Journalistenrunden über die Beteiligung an der Correctiv-Affäre geplaudert – und alle Journalisten schwiegen oder sollten von ihren Kollegen zum Schweigen gebracht werden. Auch darüber hat TE berichtet. Jetzt wiederholt sich der Vorgang im Umgang mit der AfD: Läppische Begründungen („Datenschutz“) – und keiner will’s gesagt haben.
Es ist reguläre Praxis des Verfassungsschutzes, dass er keine Beweise für seine öffentlichen Einordnungen vorlegen muss. Sofern es zu Gerichtsverfahren gegen diese Äußerungen kommt, werden diese Beweise dann einem Richter vorgelegt. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit entscheidet der Verfassungsschutz so vorab, wer als radikal, extremistisch oder andersartig gefährlich gilt. Die Praxis, die so schon gegen Moscheen, Sportgruppen und Vereine angewendet wurde, wird auf die umfragenstärkste und führende Oppositionspartei ausgedehnt.
Fragwürdig ist auch, dass der Verfassungsschutz in dieser Zeit nur kommissarisch geleitet wird. Nancy Faeser hat als Innenministerin direkte Weisungsbefugnis – doch sie ist nur Ministerin, bis Friedrich Merz am kommenden Montag zum Kanzler gewählt wurde und ein neues Kabinett beruft. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz hat gerade keine vollständige Leitung. Der bisherige Präsident, Thomas Haldenwang, legte das Amt schon 2024 nieder. Er wollte im Bundestagswahlkampf für die CDU antreten. Ein Mandat verpasste er jedoch. Das Bundesamt für Verfassungsschutz wird bis zur Ernennung eines neuen Präsidenten von zwei Vize-Präsidenten, Sinan Selen und Silke Willems, geleitet.
Wer also führt den Verfassungsschutz derzeit und auch sonst eigentlich?