Tichys Einblick
Unternehmer appellieren an CSU-MdB Radwan:

„Machen Sie sich und uns nicht zu Sklaven dieses Werts“

Hunderte Unternehmer in Bayern fordern ihren Bundestagsabgeordneten Alexander Radwan (CSU) auf, dem neuen Infektionsschutzgesetz nicht zuzustimmen. Statt sich und die Bürger allein dem Inzidenzwert auszuliefern, solle er sich für Regionalität und Verhältnismäßigkeit einsetzen.

Alexander Radwan (CSU), MdB

IMAGO / Christian Spicker

Die Initiative „Wir stehen zusammen„, ein „Zusammenschluss freier mittelständischer Unternehmer“ in den Landkreisen Miesbach, Rosenheim und Traunstein hat am Dienstag in einem Brief den CSU-Bundestagsabgeordneten Alexander Radwan aufgefordert, der Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes und dem damit verbundenen so genannten Bundes-Lockdown nicht zuzustimmen. Wir dokumentieren den kompletten Brief:

„Sehr geehrter Herr Radwan,

die Unternehmerinitiative ‚Wir stehen Zusammen‘ ist ein Zusammenschluss freier Unternehmerinnen und Unternehmer, der sich in den Wahlkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen-Miesbach und Rosenheim gegründet hat und zum 13. April 2021 insgesamt 3.230 Unternehmen mit 38.336 Mitarbeitern repräsentiert. In Ihrem Wahlkreis haben 330 Unternehmer unseren Offenen Brief unterschrieben, die 4.177 Arbeitsplätze in Ihrem Wahlkreis stellen. Unsere Unterstützerinnen und Unterstützer setzen sich mit uns für eine freie, eigenverantwortliche und verhältnismäßige Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik ein.

Heute hat das Bundeskabinett die Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, die bei einer Inzidenz von mehr als 100 in den Landkreisen Ihres Wahlkreises eine einheitliche Umsetzung von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen durch den Bund vorsieht. In den nächsten Tagen werden unter anderem Sie als Mitglied des Bundestags über das entsprechende Gesetz abstimmen.

Als Interessenvertretung vieler Unternehmen aller Größen und Branchen haben wir erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit der in diesem Gesetz getroffenen Maßnahmen. Daher fordern wir Sie dazu auf, sich gegen den Beschluss dieses Gesetzes auszusprechen.

Wir fordern Sie auf:

Entscheiden Sie sich für Regionalität. Regionale Probleme können in aller Regel nur durch regionale Lösungen behoben werden. Berlin kennt Ihre Region und deren Gegebenheiten nicht, wie sollte Berlin regionale Lösungen bieten?

Entscheiden Sie sich für Objektivität. Die Aktivierung bundeseinheitlicher Regelungen soll einzig am sogenannten Inzidenzwert festgemacht werden. Es ist jedem bekannt, dass dieser Wert für sich betrachtet ohne Aussage und Vergleichbarkeit ist. Jüngst hat das veränderte Testgeschehen über Ostern eindrücklich gezeigt, wie dieser Wert durch die Anzahl an Tests beeinflusst werden kann und dadurch seine Aussagefähigkeit ad absurdum geführt. Machen Sie sich und uns nicht zu Sklaven dieses Werts.

Entscheiden Sie sich für Verhältnismäßigkeit. Die Erfahrungen aus dem Sommer und Herbst 2020 haben uns gelehrt, dass vom stark betroffenen Einzelhandel, der Gastronomie und Hotellerie keine Gefahr für die Gesundheit von Mitarbeitern und Kunden ausgeht. Diese Branchen haben aufwändige Hygienekonzepte erarbeitet und umgesetzt, die noch immer gültig und wirksam sind. Wenn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen, zementieren Sie einen weiteren monatelangen Lockdown, befördern Firmensterben, Arbeitslosigkeit und Depressionen von Unternehmern, deren Mitarbeitern und deren Familien.

Entscheiden Sie sich für Verantwortung. Verantwortung ist nicht die Abgabe von Handlungsmöglichkeit, sie ist nicht der Ausschluss jeglichen Risikos. Verantwortung bedeutet, dass Chancen und Risiken gegeneinander abgewogen werden und bedachte Entscheidungen getroffen werden, die alle Interessen berücksichtigen. Dies schließt einen bundeseinheitlich vorgegebenen Maßnahmenkatalog aus.

Entscheiden Sie sich für das Grundgesetz. Die im Entwurf enthaltene Verordnungsermächtigung an die Bundesregierung besagt, dass die Regierung per Verordnung und ohne weitere Befassung des Parlaments von den Regelungen, die der Deutsche Bundestag beschlossen hat, in jede Richtung ab einer Inzidenz von 100 abweichen kann. Diese Regelung tritt die im Grundgesetz festgeschriebenen Rechte mit Füßen. Die epidemiologische Wirksamkeit einer Ausgangssperre ist darüber hinaus nie bewiesen worden.

Die Unternehmerinitiative wird Ihr persönliches Abstimmverhalten beobachten und dieses an alle uns unterstützenden Unternehmer und darüber hinaus kommunizieren. Ihnen muss bewusst sein, dass unsere Unterstützerinnen und Unterstützer Ihre Wahlentscheidung im Herbst von Ihrem Eintreten für eine verantwortungsvolle und freiheitliche Entscheidung abhängig machen.

Für die Unternehmerinitiative ‚Wir stehen Zusammen‘,

Florian Berghammer

Jan Czerny

Markus Dettendorfer

Marco Golshani

Ralf Schmiede

Florian Unterleitner“

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