Tichys Einblick
kurz vor der Verstaatlichung

Uniper schreibt historischen Verlust von 40 Milliarden Euro

Der Steuerzahler wird sich am Uniper-Konzern mit 99 Prozent beteiligen. Bereits jetzt steht fest, es wird ein milliardenschweres „Rettungspaket“ für Uniper. In Schweden freut man sich, dass mit dem Einstieg des Bundes ein neues Atomkraftwerk gebaut werden kann.

IMAGO / aal.photo

In den ersten neun Monaten des Jahres hat Uniper einen Nettoverlust von 39,3 Milliarden Euro eingefahren. Ein historischer Verlust – auch weltweit – und in der Geschichte eines börsennotierten Unternehmens beispiellos. Dies war allerdings schon seit geraumer Zeit absehbar. Schlug die Aktie vor exakt einem Jahr noch mit knapp 40 Euro zu Buche, sind es heute etwa 3 Euro, mithin ein Wertverlust an der Börse von rund 92 Prozent.

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Jahrelang bestand Unipers Geschäftsmodell darin, billiges Gas aus Russland teurer an Versorger und Stadtwerke zu verkaufen. Nun ist durch den Gaslieferstopp Russlands und die exorbitanten Energiepreise das Unternehmen darauf angewiesen, Gas am sogenannten Spotmarkt zu beschaffen. Andererseits ist Uniper durch langfristige Verträge gebunden und muss Gas zu den früheren und preiswerteren Konditionen liefern. Deshalb die horrenden Verluste.

In den knapp 40 Milliarden Euro sind Kosten für Gas-Ersatzmengen von zehn Milliarden Euro enthalten. Daneben seien erwartete künftige Verluste aus Bewertungseffekten in Höhe von 31 Milliarden Euro zu Buche geschlagen. Da ungewiss sei, wie sich die Situation entwickeln wird, gibt Uniper keine Prognosen für die künftige Geschäftsentwicklung ab. Der Ausblick für 2023 und 2024 hinge von der Marktentwicklung ab und davon, wie das Stabilisierungspaket der Regierung letztendlich aussehe und funktionieren wird.

Bereits jetzt steht fest, es wird ein milliardenschweres „Rettungspaket“ für Uniper. In den vergangenen Monaten hatte die staatliche KfW Kreditlinien in Höhe von 18 Milliarden Euro freigegeben. Davon hat Uniper 14 Milliarden Euro bis Ende Oktober abgerufen. Laut der Bild-Zeitung schickten die Steuerzahler über die Staatsbank KfW 31 Milliarden Euro Stütze. Auf der Website der KfW ist hierzu nichts aufzufinden.

Der Staatseinstieg bei Uniper wird nach bisherigen Plänen 8 Milliarden Euro kosten, weitere 8 Milliarden stellt der Bund dem Unternehmen zur Verfügung, um fällige Darlehen und Bürgschaften am finnischen Mutterkonzern Fortum abzulösen. Ein darüber hinausgehender Bedarf an Eigenkapital wird durch zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen durch den Bund als Teil des Stabilisierungspakets gedeckt werden, heißt es im Quartalsbericht von Uniper. Der Staatseinstieg dürfte also absehbar teurer werden als vor Wochen oder Monaten gedacht.

Trittin: "dreckig und gefährlich"
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„Nach immer höheren Verlusten will der Staat nun 99 Prozent der Anteile an Uniper erwerben“, schreibt das Manager-Magazin. „Hierzu dient eine Kapitalerhöhung bei Uniper von acht Milliarden Euro zu 1,70 Euro je Aktie. Zum gleichen Preis je Aktie übernimmt der Bund die Anteile des finnischen Mutterkonzerns Fortum. Einige Details müssen noch vom Bund mit Uniper und Fortum geklärt werden. Zudem müssen die Aktionäre zustimmen. Hierfür sei eine außerordentliche Hauptversammlung in der zweiten Dezemberhälfte geplant.“

Der Anteil des Zuschusses zum Eigenkapital könnte über der Größenordnung von 8 Milliarden Euro liegen. Fachleute gehen vom 4-Fachen oder sogar mehr aus. Womit man dann in etwa bei den prognostizierten Verlusten von 40 Milliarden Euro läge. Den anstehenden Staatseinstieg begründet die Ampel-Regierung damit, dass Unipers Energieversorgung in Deutschland systemrelevant ist.

Um dem Steuerzahler offenbar die Übernahme schmackhaft zu machen, wirbt Uniper auf seiner Website mit: „Die Energiewende vorantreiben“. Dabei ist längst klar: mit der Übernahme von 99 Prozent des Konzerns ist der künftige deutsche Staatskonzern an schwedischen Atomkraftwerken beteiligt – und an fünf Gas- und Kohlekraftwerken in Russland. Habecks Parteifreund, der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin findet das ganze Unternehmen „dreckig und gefährlich“.

Schon im September hatte sich Trittin öffentlich empört: „Es ist ganz offensichtlich, dass ein Land wie Deutschland, das sowohl aus Atom aussteigt, als auch eine dekarbonisierte Energieversorgung vorantreibt, nicht an anderer Stelle AKWs und Kohlekraftwerke betreiben kann“, sagte er dem Tagesspiegel.

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Doch aus den vollmundig angekündigten Ausstiegsszenarien wird wohl nichts werden. „Uniper hält nichts vom Atomausstieg. Habecks Staatskonzern baut AKW in Schweden“ titelt die Bild. Barsebäck, eine Tochter des baldigen deutschen Staatskonzerns Uniper, will nun in Schweden einen neuen Reaktor bauen! Im „Barsebäck Clean Energy Park“ soll Atomstrom und anderer fossilfreier Strom produziert werden. Das kündigte Åsa Carlson, CEO von Barsebäck, im schwedischen Fernsehsender SVT an.

Reaktion darauf von der Opposition: Das Handeln der Bundesregierung ist „doppelzüngig“, sagte CDU-Vize Carsten Linnemann. Auch Andreas Jung (47), energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hat wenig Verständnis für die Verstaatlichung und deren Folgen. Jung zur Bild: „Drei laufende Kernkraftwerke in Deutschland nächstes Frühjahr abstellen und gleichzeitig als Uniper-Eigentümer ein neues Kernkraftwerk in Schweden auf den Weg bringen – wie soll das zusammenpassen?“ Habeck müsse jetzt schnell Klarheit schaffen: „Wie bringt die Ampel ihre Vorstellungen zu Energie und Klimaschutz mit den Uniper-Beteiligungen unter einen Hut?“

Die schwedische Energieministerin Ebba Busch freut sich hingegen: Es sei höchst erfreulich, dass Uniper so rasch auf die Einladung der neuen schwedischen Regierung an die Energiekonzerne reagiert habe und nun bereits den Bau eines neuen Atomkraftwerks in der südschwedischen Provinz Schonen plane.

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