Tichys Einblick
E-Mobilität auf Staatsstützrädern

Die Weltsicht des Opel-Fiat-Peugeot-Chrysler-Chefs Tavares

Kaum einer hat klarer dargelegt, wie die Bürger Europas künftig noch stärker zur Kasse gebeten werden sollen durch die Finanzindustrie unter Beihilfe der EU-Kommission und der deutschen Grünen, als Carlos Tavares, der Geschäftsführer des Auto-Konzerns Stellantis.

IMAGO

Am härtesten wird es Deutschland treffen, aber das dürfte den Grünen doch einige Freude bereiten. Die Fakten sind einfach zu verstehen, der Geschäftsführer von Stellantis hat Klartext gesprochen und seine Verachtung gegenüber den Autokunden, die sich kein teures E-Auto leisten können, deutlich im Interview mit der WELT zum Ausdruck gebracht. Und nicht nur dies, er hat auch die neue Mazzucato-Wirtschaft, in der die Bürger die Investitionen bezahlen und die Manager die Gewinne einstreichen, die wiederum durch staatliche Propaganda und politische Willkür, durch Interventionen und Subventionen zustandekommen, ungewollt transparent gemacht. Der neue Wettbewerb findet um Subventionen und Vorgaben für die Bürger statt, nicht mehr um das beste Produkt.

Auto auf Staatsstützrädern

Kurz zu den Fakten, die zum Verständnis wichtig sind: Stellantis ist aus der Fusion des amerikanisch-italienischen Konzerns Fiat Chrysler Automobiles und der französischen PSA Gruppe hervorgegangen und hat seinen Hauptsitz in Amsterdam. Stellantis bringt folgende Marken auf den Markt: Abarth, Alfa Romeo, Chrysler, Citroën, Dodge, DS, Fiat, Jeep, Lancia, Maserati, Opel, Peugeot, Ram und Vauxhall. Sieht man von den 69,10 Prozent Streubesitz (Freefloat) ab, wird es dann in der Eigentümerstruktur interessant. Größter Anteilseigner ist Exor NV, eine Investmentgesellschaft, die der Familie Agnelli gehört und ihren Rechtssitz in Amsterdam hat. Mit 14,40 Prozent, es folgt die Peugeot-Familie mit 7,19 Prozent. An dritter Stelle kommt Bpifrance mit 6,18 Prozent. Über Bpifrance ist der französische Staat an Stellantis beteiligt, denn Bpifrance ist die Investitionsbank des öffentlichen Sektors, die ein Join Venture zweier staatlicher Unternehmen ist. Vierter im Bunde der Eigentümer ist mit 1,58 Prozent der chinesischer E-Auto-Bauer Dongfeng Motor Coporation. Die Dongfeng Motor Corporation gehört zu 100 Prozent der chinesischen Regierung. Es ist also ein Konzern auf Staatstützrädern.

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Elektroauto: Die nächste Pleite droht
Aggressiv setzt Geschäftsführer Carlos Tavares die Umstellung der Marken des Konzerns auf E-Mobilität durch – man wird gleich sehen, warum. Im November 2021 nahm Stellantis ein Netz von Ladestellen in Betrieb. Mit dem taiwanesischen Halbleiterhersteller Foxconn schloss Stellantis ein Abkommen über die Lieferung von Chips. Im Februar 2023 gab Stellantis bekannt, dass es im polnischen Gliwice ein Softwareentwicklungs- und Engineering-Zentrum errichten will. Am 26. Oktober 2023 kaufte Stellantis Aktien des chinesischen Elektrofahrzeugherstellers Leapmotor. Im Rahmen des Join Ventures wurde Stellantis das exklusive Recht zum Verkauf, Export und zur Herstellung von Leapmotor-Produkten außerhalb Chinas eingeräumt. Bis 2030 will Stellantis außerhalb Chinas 500.000 Fahrzeuge verkaufen.

Die Pointe des Abkommens besteht darin, dass das Joint Venture in den Niederlanden registriert ist und Stellantis deshalb die Leapmotor-Produkte auch in Europa bauen kann, wenn die EU die Einfuhrzölle auf chinesische E-Fahrzeuge erhöht, und man dadurch die Zölle zu unterlaufen vermag. So gesehen könnte Stellantis auch als Trojanisches Pferd den Chinesen dienen. Dass der Hauptstoß, den Stellantis führt, die deutsche Automobilindustrie vor allem treffen soll und wohl auch treffen wird, ist strategisch und politisch vorbereitet, denn man kann bei VW keine wirkungsvolle Abwehrstrategie erkennen, und die Ampel-Regierung, vor allem der Primaklimaminister, der im Nebenberuf Wirtschaftsminister ist und momentan alle Hände voll damit zu tun hat, gegen den Faschismus zu kämpfen, tun ihr mögliches, um die deutsche Autoindustrie zu schwächen. So geben Habeck und seine Ampel Stellantis beste Verbündete ab im Kampf gegen die deutsche Konkurrenz.

Was benötigt Stellantis für seinen Siegeszug? Kurz gesagt: den Sieg der E-Mobilität, auf die Stellantis setzt, weil sie politisch gewollt ist.

1.) Die Konkurrenz des Verbrenners muss in Europa auf administrativem Weg vom Markt verschwinden, denn auf wirtschaftlichem funktioniert es nicht, weil der Verbrenner dem E-Auto überlegen ist. Die EU-Kommission hat die Wünsche von Stellantis bereits erfüllt, indem sie kurzerhand den Verbrenner ab 2035 verboten hat. Eine freie Gesellschaft sieht anders aus. Doch das ist Tavares noch zu viel Freiheit, denn, so sagt er im Interview: „Wenn die Verbraucher den Kauf eines Neuwagens aufschieben, weil sie nicht wissen, ob sie Diesel, Benziner, Elektroauto, eines mit Brennstoffzelle oder einen Mild-Hybrid kaufen sollen, führt das dazu, dass der Fahrzeugpark immer älter wird.“

Kurz gesagt, wenn die Verbraucher Wahlfreiheit haben. Wünscht Tavares, dass die EU einen Kaufbefehl erlässt? Wovor sich Carlos Tavares fürchtet, ist die Überprüfung des Verbrennerverbots im Jahr 2026, denn mit dem Fall des Verbots scheitert seine Strategie. Es ist in Europa durch von der Leyens EU-Administration inzwischen so absurd geworden, dass der Kampf für die Freiheit auch zu einem Kampf um den Verbrenner wird. Der deutsche Bürger hat damit aber die Chance, in der Bundestagswahl auch über den Verbrenner zu entscheiden, und der Kunde ohnehin, ob er die Strategie von Stellantis unterstützt, wenn er Produkte von Stellantis erwirbt.

2.) Die Willkür des Verbots des Verbrenners, das von Profitinteressen diktiert ist, muss natürlich ideologisch verpackt werden. Die Klimalüge, die sich bewährt hat als größte Vermögensumverteilung von unten nach oben, von den Bürgern zur Finanzindustrie, soll auch hier wieder verlässlich schlechte Dienste leisten, denn an die Stelle der Politik ist das Schüren von Panik und Hysterie getreten. So ist es schon ein Klassiker, wenn Carlos Tavares, der Weltenretter, im Interview mit der Schnurre langweilt: „Womit ich mich nicht wohlfühle ist, dass wir gerade eine Erwärmung unseres Planeten um mehr als 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau erleben. Das Ziel der Klimakonferenz 2015 in Paris war es, bis weit nach 2024 unter 1,5 Grad zu bleiben. Jetzt erleben wir diese Erwärmung in unserem täglichen Leben. Wir brauchen den Umstieg auf die Elektromobilität …“

Tavares Botschaft lautet, dass die Menschheit nur überlebt, wenn sie E-Autos fährt. Was macht Carlos Tavares gleich noch mal beruflich? Stimmt, er produziert und verkauft E-Autos? Und da Tavares als Verkäufer sich selbst das Teppichhändlerniveau nicht zu verkneifen vermag, wirft er mit der Wurst nach dem Speck: „Saubere Energie ist die Voraussetzung für alles. Wir bieten 30 Elektromodelle an, Ende des Jahres werden es 48 sein. Wir sind bereit. Jetzt müssen die Bürger davon überzeugt werden, dass Elektroautos die richtige Antwort sind.“ Die Bürger m ü s s e n jetzt nur noch überzeugt werden, interessant. Der Propaganda- und Administrationsauftrag ist also klar. Und da Kampagnen inzwischen nicht mehr ohne das Feindbild auskommen, nicht mehr ohne den „Rechten“, den „Schwurbler“, den „Rassisten“, den Volksfeind, den Menschenfeind, den „alten weißen Mann“ benötigen, zeigt Tavares auch gleich mal in die Richtung des Feindes: „Wenn Sie sich die Autos ansehen, die in Europa auf der Straße sind, dann liegt deren Durchschnittsalter irgendwo zwischen zwölf und 13 Jahren.“

Klar, Menschen, die so wenig Geld verdienen, auch weil ihnen der Staat so viel wegsteuert, dass sie inständig hoffen, ihr dreizehn Jahre altes Auto möge noch ein vierzehntes Jahr halten, kommen in der Welt von Carlos Tavares nicht vor. Wie auch? Laut Automobilwoche steigt für das abgelaufene Jahr der Verdienst von Tavares „um 56 Prozent auf die Rekordsumme von 36,49 Millionen Euro. Hauptgrund dafür ist ein Bonus von zehn Millionen Euro, den ihm der Aufsichtsrat für das Erreichen einer besonderen Zielmarke zusprach.“

3.) Man könnte jetzt fragen, was macht der Staat, was macht die EU mit dem Geld, das sie auch demjenigen abnimmt, der deshalb auch das 15. und 16. Jahr mit seinem alten Auto über die Runden kommen muss? Sie hat einem Konzern wie Stellantis, der mit einer Marge von über 12 Prozent Profit macht, den Weg an die Spitze der Autobauer in der EU zu finanzieren – über Subventionen versteht sich. Tavares schnauzt die Interviewer förmlich an, als die fragen, wozu ein Konzern, der Gewinn erwirtschaftet, Subventionen benötigt: „Wir müssen bereits eine Menge in unser Geschäft investieren, um uns nachhaltig aufzustellen.“

Gehört es nicht zu den Grundmaximen der freien Marktwirtschaft, dass Unternehmen dort investieren, wo sie einen Markt sehen? Oder soll hier Ideologie das Geld einspielen, das man in einer freien Marktwirtschaft, also ohne Interventionen und Subventionen, nicht erwirtschaften könnte? Wenn es ums Geld geht, wird der Weltenretter Tavares plötzlich richtig sauer: „Was ist Ihr Problem mit den zwölf Prozent Gewinnmarge?“ Schließlich brachten ihm die zwölf Prozent eine Gehaltserhöhung um 56 Prozent ein? Und dann verdreht Tavares die Tatsachen völlig, wenn er sagt: „Kritisieren Sie, dass wir ein Unternehmen sind, das so profitabel ist, dass es seine Zukunft in einem sehr herausfordernden Umfeld finanzieren kann?“

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Ja, wenn es das kann, wozu benötigt das Unternehmen dann Subventionen? Dann ist doch alles okay. Worüber reden wir? Und wieder dreht Tavares eine Pirouette: „Wir brauchen die Gewinne, um die Transformation zu finanzieren.“ Eben! Wozu braucht Stellantis Subventionen, wenn Stellantis die Gewinne hat? Leute wie Tavares denken anscheinend, dass die Profite nicht für die Investition in das Unternehmen verwand, sondern in die eigene Tasche gesteckt werden sollen, während der Steuerzahler für die Investitionen aufzukommen hat, weil es nun mal die Investitionen sind, die sich die Regierung wünscht. Und nichts anderes sagt Tavares: „Wenn die Technologie, die von der politischen Führung beschlossen wurde, zu teuer ist, dann müssen die Staaten helfen, den Übergang zu subventionieren.“

Das lasse man sich in seiner ganzen Unverfrorenheit einmal auf der Zunge zergehen. Finanzindustrie und Konzerne promoten eine Ideologie, die zur Veränderung der Industrie und der Produktion aufruft, die dann durch interessierte politische Kräfte politischer Wille wird, die in der Folge aber von der Politik, wenn sie die Konzerne umsetzen, das heißt vom Staat, das heißt vom Steuerzahler bezahlt werden müssen, weil sie zu teuer oder nicht konkurrenzfähig sind. Das erinnert an die Wirtschaftspolitik in Deutschland in der zweiten Hälfte der Dreißiger Jahre, der Staat legt die Richtung fest – in 4-Jahresplänen –, lässt aber die Eigentumsverhältnisse unangetastet und finanziert. Man könnte einwenden, dass es damals um die Rüstung ging. Aber in diese Richtung denkt Robert Habeck mit Blick auf den Ukraine-Krieg schon, dass der Staat der Rüstungsindustrie dadurch die Kapazitätserweiterung schmackhaft machen will, dass der Staat auch über den Krieg hinaus Abnahmegarantien erteilt.

So wie sich Carlos Tavares das vorstellt, und so wie Ursula von der Leyen und Robert Habeck ticken, können die Stellantis-Manager autonom, den Lenker auf Habeckpilot gestellt, ins Schlaraffenland fahren. Die Rechnung bezahlt der deutsche Steuerzahler in dreifacher Weise: erstens mit dem Niedergang der deutschen Automobilindustrie, die andere Industrien mit in den Abgrund reißt; zweitens mit dem erzwungenen Kauf von E-Autos, die übrigens keine Gebrauchtwagenmarktqualität besitzen; und drittens mit Energieunsicherheit und Energieverteuerung, denn die Ampel hat als einzige europäische Regierung mit dem Ausstieg aus der Kernenergie die Axt an die deutsche Energiesicherheit gelegt.

Die gute Nachricht lautet, Carlos Tavares hat in dem Interview siegessicher mehr erzählt, als er erzählen wollte. Die noch bessere Nachricht lautet, die schöne neue Tavares-Welt lässt sich verhindern.

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