Tichys Einblick
Berg- und Talfahrt

Tesla: Zukunft oder Aus?

Berichte häufen sich, dass die Lage bei dem Elektroautohersteller mau aussieht. Das tut sie zwar schon lange, bisher gelang es Musk noch jedesmal, von irgendwoher das nötige Kleingeld aufzutreiben.

© Getty Images

Bild schrieb vor einigen Tagen: »Tesla hat keine Überlebenschance!« Der Hersteller von Elektroautos rase immer tiefer in die Krise. Laut Bild sind sich immer mehr Experten sicher: »Die Kult-Marke wird enden wie der legendäre DeLorean aus dem 1980er-Film „Zurück in die Zukunft“ – als Sammler-Stück für Träumer«.

Die Tesla-Aktie legte in der vorvergangenen Woche eine regelrechte Berg- und Talfahrt hin und fiel auf den niedrigsten Stand seit Ende 2016: »Die Citigroup hatte das Kursziel für die Papiere des Herstellers von Elektroautos von 231 auf 191 US-Dollar gesenkt und rät weiter zum Verkauf der Aktien.«

Das sind in der Tat doch mal Bilanzen: Zehn Milliarden Miese, das Geld in der Kasse von Tesla soll nur noch zehn Monate reichen. Das berichtete ntv vor kurzem und bezog sich auf eine angebliche Rundmail von Tesla-Chef Elon Musk an seine Belegschaft.

Wie also gehts bei Tesla weiter? Berichte häufen sich, dass die Lage bei dem amerikanischen Elektroautohersteller mau aussieht. Das tut sie zwar schon lange, bisher gelang es Musk noch jedesmal, von irgendwoher das notwendige Kleingeld aufzutreiben.

Bloomberg meldete, dass pro Woche schon mehr als 6.000 Exemplare gebaut werden. Die können sich zwar von der Produktqualität nicht mit deutschen Autos messen, fahren jedoch auch und bleiben nicht sofort an jeder Ecke stehen.

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Der ehemalige BMW-Chefvolkswirt und Börsenexperte Helmut Becker sieht allerdings keine Überlebenschance für Tesla und weist darauf hin, dass Führungskräfte wie Finanzvorstand und Entwicklungs- und Technikvorstand aus dem Unternehmen flüchten. Sogar Mitarbeiter aus der Produktion würden entlassen; fatal, denn genau dort fehlten Kapazitäten, wie das die Produktionsprobleme zeigten. Die Autos werden nach seiner Einschätzung zu teuer verkauft und würden dennoch keinen Gewinn bringen, sondern Kosten im zweistelligen Prozentbereich über dem Verkaufserlös verursachen. Eine Folge: Der Börsenwert schrumpft.

Außerdem weist Becker darauf hin, dass mittlerweile auch andere Hersteller e-Autos auf den Markt bringen, die qualitativ besser als die Produkte von Tesla seien. Zudem verfügten die über eine funktionierende Verkaufs- und Werkstattorganisation.

Dazu passt, dass Tesla eine Anleitung für »Do it Yourself«-Wartung an seine Kunden verschickt, ähnlich wie jene legendären Anleitungen »Hilf Dir selbst«, mit denen die früheren Automobilisten ihre Autos selbst reparieren konnten. Die waren allerdings deutlich bescheidener als heutige konzipiert.

Einfachere Wartungsarbeiten wie das Wechseln des Innenraumluftfilters sollten die Kunden selbst ausführen können und müssten dazu nicht die wenigen überlasteten Werkstätten aufsuchen. Hoffentlich liefert Tesla genügend drastische Warnhinweise, dass die Hobbybastler Finger und Schraubenschlüssel weit genug von den energiegeladenen und explosiven Batterien weglassen. Ein kleiner versehentlich ausgelöster Kurzschluss – das war es dann mit Fahrer, Tesla und Werkstatt.

Mit großem Getöse von Elon Musk hat der Elektroautobauer 2016 bekanntlich eine Batteriefabrik in der Wüste von Nevada in der Nähe von Reno eröffnet. In Marketing-Manier vollmundig »Gigafactory« genannt kommen jetzt mehr und mehr Berichte über angeblich katastrophale Zustände in der Produktion daher. Sie sind allerdings mit großer Vorsicht zu lesen.

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In dem Gemeinschaftsunternehmen von Tesla und Panasonic werden täglich drei Millionen Batteriezellen an Tesla geliefert, doch aufgrund von chaotischen Zuständen und Unachtsamkeiten der Beschäftigten entstünden teure Fehler. Eine halbe Million Batteriezellen müssten täglich, so jüngst ein Bericht es Business Insiders verschrottet werden. So habe im vergangenen September ausgelaufenes Öl einen großen Teil der empfindlichen Produktionsanlagen verunreinigt und Millionen von Batteriezellen kontaminiert. Werkzeuge fielen in Mischanlagen und würden erst bei der Reinigung wieder gefunden.

Der technische Direktor des Instituts für Batterieproduktion der Universität von Michigan, Greg Less, beschrieb gegenüber Business Insider die Gefahren: »Wenn ein Splitter in die Lithium-Mischung gerate, könne dies das Trennmaterial zwischen Anode – der positiv geladenen Batterieschicht – und Kathode – der negativ geladenen Schicht – durchbohren und einen Kurzschluss verursachen. Die Splitter müssten nicht sonderlich groß sein — ein halber bis ein Millimeter Länge, also die Dicke eines menschlichen Haares, würden ausreichen, so Less. Sei ein Splitter lang genug, um das Trennmaterial einer Zelle zu durchstechen, würde Strom zwischen Anode und Kathode fließen und es könne zu einem Brand kommen. ›Kommen in der Chemikalienmischung Metallteile vor, kann das zu echten Leistungsproblemen und sogar zu Schäden an den Geräten führen.‹«

Es handelt sich um eine anspruchsvolle und aufwendige, damit auch teure chemische Produktion. Kein Wunder, dass Tesla und Panasonic die gigantische Fabrik nicht erweitern wollen.

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Ein Sprecher von Panasonic versuchte, klarzurücken: »Panasonic stellt die fortschrittlichsten Batteriezellen für Elektrofahrzeuge her, weil wir in besonderem Maß auf Qualität achten. Unsere Protokolle zur Qualitätsüberwachung entsprechen den Industriestandards und umfassen die Ausstattung mit Reinräumen und laborähnliche Arbeitsbedingungen. Die Batteriezellen durchlaufen mehrere Teststufen, bevor sie an Tesla geliefert werden. Tesla testet die Zellen nach der Lieferung noch einmal selbst. Wir sind stolz darauf, eine der aufregendsten Revolutionen der Autoindustrie vorantreiben zu können.«

Das wirft in jedem Fall ein Licht auch auf Volkswagen. Der Autohersteller aus Wolfsburg hat bekanntlich dem Verbrennungsmotor komplett abgeschworen und will künftig nur noch Elektroautos produzieren. Vollkommen unklar ist, wie das Experiment ausgeht, den in langen Jahren gewachsenen weltgrößten Autohersteller einfach umzukrempeln und Produkte herzustellen, die der Markt bisher offensichtlich nicht will. Jedenfalls nicht in dem Ausmaß, wie sich das die Ideologen einer ›Verkehrswende‹ vorstellen – und wie das ein großer Autohersteller braucht. Vielleicht wird künftig der verzweifelte Nachfolger von VW-Chef Herbert Diess in Berlin nach Musk’schem Vorbild immer wieder um weitere Gelder nachsuchen.