Tichys Einblick
Berühmte VW-Currywurst

Neuer Absatzrekord in Wolfsburg: Mehr als 8 Millionen Würstchen im Jahr 2023

Erfreuliche Nachrichten aus der deutschen Autoindustrie sind rar. Umso dankbarer nimmt die Öffentlichkeit positive Meldungen zur Kenntnis. Der VW-Konzern meldet einen Absatzrekord: allerdings nicht bei Autos, sondern Curry-Wurst. Vorsicht, Vorsicht, wenn das Özdemir hört.

IMAGO / snowfieldphotography
Seit 2015, als CEO Martin Winterkorn, im VW-Konzern viele Jahre Gottvater gleich, wegen des Dieselskandals seinen Hut nehmen musste und jüngst dafür, fast 10 Jahre später, vor Gericht erscheinen muss, kommt der VW-Konzern nicht aus den negativen Schlagzeilen.

Erst jüngst machte die Meldung die Runde, Pläne zum Bau von Elektroautos auch im Stammwerk in Wolfsburg seien wegen Nachfragemangels nach denselben aufgegeben worden, nicht aber der Umbau. Wohlgemerkt wegen Nachfragemangels. Offenbar rechnet man im VW-Hochhaus dauerhaft mit einem erheblich schwächeren Absatz von Elektroautos, der aus den Werken in Zwickau und Emden leicht abgedeckt werden könne.

Hinzu kommen schlechte Nachrichten in China, wo die chinesische Konkurrenz den europäischen Hersteller auf dem Elektro-Markt inzwischen davon geschnurrt ist, vor allem im Massenmarkt, der Absatzdomäne von VW. Die spektakuläre Anlandung des Giga-Autotransporters BYD in Bremerhaven vor wenigen Tagen mit allein 3000 Elektroautos signalisiert überdies für den künftigen Wettbewerb in Deutschland nichts Gutes.

Erfreuliche Nachrichten sind also rar. Umso dankbarer in all dieser Trübsal nimmt die deutsche Öffentlichkeit positive Meldungen aus der Autoindustrie zur Kenntnis. Und das ist mal eine: VW-Konzern meldet neuen Absatzrekord. Die Meldung kommt allerdings nicht aus dem Vertriebsressort des VW-Konzerns, sondern aus der Kantine. Und die meldet für 2023 einen „Absatzrekord für die VW-Currywurst“ (Automobilwoche, 08.03.2024).

Wie sich herausstellt, ist das – seit Jahren schon – meistverkaufte Produkt der Marke Volkswagen kein Auto, sondern die berühmte VW-Currywurst. Im Jahr 2023 verbuchte der Klassiker einen neuen Absatzrekord: Mit mehr als acht Millionen Stück schlug sie Fahrzeugmodelle wie Tiguan und Golf beim Absatz um Längen. Und das dank einer neuen Variante.

Wie der VW-Betriebsrat laut Automobilwoche in einem Beitrag im Intranet mitteilte, wurden insgesamt 8,33 Millionen Stück inklusiver aller Varianten 2023 vereinnahmt, rund 400.000 mehr als im bisherigen Rekordjahr 2022. Zu verdanken sei der Rekord der 2021 aufgelegten Hotdog-Variante, die 2023 fast zwei Millionen Mal den Weg auf den Teller der VW-Mitarbeiter fand. Nebenbei sei erwähnt: Von der klassischen Currywurst wurden 6,4 Millionen Stück abgesetzt, in den Pandemiejahren 2020 und 2021 noch 6,5 Millionen, 2019 waren es schon einmal sieben Millionen gewesen.

Derivate zahlen sich also aus – für Modellplaner des Konzerns ein wichtiger Hinweis.

Doch dieser Erfolg war hart umkämpft. Denn CEO-Oliver-Blume-Vorgänger Herbert Diess wollte 2021 den VW-Konzern nicht nur ab 2030 völlig auf Elektromobilität trimmen, sondern neben allen Fleischgerichten auch die beliebte Curry-Wurst völlig aus den Kantinen verbannen und durch vegane Alternativen ersetzen. Angeblich zum Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter. „Unser Sternekoch will bis 2025 auch auf Fleisch aus Massentierhaltung verzichten – absolut richtig und wichtig! Unsere Currywurst gibt es jetzt auch vegan.“ – So Diess damals.

Auch das ist gescheitert. Die Verbannung des Klassikers aus dem Hochhaus-Betriebsrestaurant in Wolfsburg hat 2021 bundesweit für Wirbel gesorgt. Stattdessen sollten dort keine Fleischgerichte mehr, gelegentlich Fisch und nur noch vegane Curry-Würste serviert werden.

Ein Aufschrei des Entsetzens ging durch die VW-Belegschaften, getreu dem Motto: Wehret den Anfängen. Selbst Altkanzler Gerhard Schröder, in der deutschen Öffentlichkeit umfänglich als Curry-Wurst Liebhaber bekannt, war sauer und sah sich als Ex- Aufsichtsrat des VW-Konzerns genötigt, sich in der Presse mit Leidenschaft schützend vor diesen „Kraftriegel der Facharbeiterin und des Facharbeiters in der Produktion“ zu stellen.

Die Proteste hatte erst nach dem unrühmlichen Abgang von Herbert Diess Erfolg. VW hob im August 2023 den Currywurst-Bann in der betreffenden Hochhaus-Kantine wieder auf. In den übrigen mehr als 30 Kantinen und Kiosken im Werk war die Currywurst stets im Angebot geblieben, dafür hatte die taffe Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo 2021 schon gesorgt.

Für Interessierte sei nachgetragen: Die VW-Currywurst ist in Niedersachsen auch in vielen Supermärkten erhältlich. Hergestellt wird sie in der Fleischerei der werkseigenen Volkswagen Service Factory (dpa/swi).

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