Tichys Einblick
DAT-Auto-Report 2024

Eine schallende Ohrfeige für die Umweltpolitik

Ein Bericht offenbart den Graben zwischen der E-Auto-Strategie der Regierung und den Bedürfnissen der Verbraucher. Die mangelhafte Reichweite bleibt Ablehnungsgrund Nummer 1. Lange Ladezeiten, hohe Anschaffungskosten und mangelhafte Infrastruktur sind weitere Ablehnungsgründe.

IMAGO / Geisser

Von Charles Darwin, dem berühmten Vater der Evolutionstheorie, stammt die Erkenntnis: „Alles was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand.“ Diese Sichtweise kann 1:1 auf die Ökonomie angewendet werden, auch auf die Automobilindustrie sowie die Versuche der Politik, die Entwicklungen in dieser Branche nach ihren klimapolitischen Vorstellungen zu lenken.

Auf die Wirtschaft angewandt würde Darwin heute formulieren: „Alles was gegen den Markt ist, hat auf Dauer keinen Bestand.“ Und „Markt“ ist dabei alles, was „König Kunde“ in seiner Gesamtheit mit seinen Kaufentscheidungen dem Produzenten oder auch Gesetzgeber signalisiert: Entweder er fragt es nach und kauft das Produkt, oder er verschmäht es und der Produzent füllt damit unfreiwillig Regale, Lager und Show-Rooms.

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Die deutsche und Brüsseler Umweltpolitik unter Führung von Frans Timmermanns haben sich zum Ziel gesetzt, den Verkehr aus Umweltgründen zu dekarbonisieren und sämtliche Verbrennerautos durch Batterie-Elektroautos (BEV) zu ersetzen. Der Beschluss der EU-Kommission, den Verbrennungsmotor – mit deutscher Zustimmung – ab 2035 gänzlich zu verbieten, setzt den Schlusspunkt unter diese Politik, die ausschließlich Batterie-Elektro-Antriebe als klimaverträglich ansah. Jedwede andere klimaverträgliche Technologie war verpönt, alternative Antriebsquellen wie Wasserstoff oder E-Fuels waren verboten.

Mit dem Wegfall der stattlichen staatlichen Kaufprämien für Elektroautos stellte sich – nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern wie in Skandinavien (Norwegen) – heraus, dass mit der subventionierten einseitigen Kauflenkung der Nachfrage auf E-Autos am Markt lediglich eine Scheinblüte erzeugt worden ist, der einzelne Hersteller allerdings mit hohen Investitionen auf den Leim gingen, andere nicht. In der Masse wollten die Autokunden keine Elektro-Autos.

Kurz: Der Elektromarkt in Deutschland brach nach Wegfall der Kaufprämien zusammen, auch äquivalente Rabatt-Aktionen der Hersteller konnten die Nachfrageschwäche am E-Markt nicht ausbügeln. Inzwischen wird sogar wieder von einer Renaissance der Verbrenner gesprochen.

Für die einseitige und technologiefeindliche deutsche Umweltpolitik und die einschlägig voreingenommenen Medien bedeutet diese Entwicklung eine herbe Niederlage. Und wie es scheint, eine dauerhafte Niederlage. Konnte man sich nach der Jahreswende 2023/24 noch damit trösten, mit billigen Elektroautos werde sich die Nachfrage danach wieder erholen, so hat der jüngste DAT-Report diese Illusion genommen und der deutschen (und Brüsseler) Umweltpolitik eine schallende Ohrfeige verpasst.

Die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) betreibt bereits seit 1974 automobile Marktforschung aus Sicht der Endverbraucher. Kompetenz dürfte also unterstellt werden. Dazu die DAT selber:

„Der DAT Report 2024 dokumentiert aktuelle Einschätzungen der Endverbraucher … Die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage spiegeln Meinungen der Pkw-Halter und Käufer wider, wie sie den Automarkt einschätzen und sich im Kaufprozess oder als Werkstattkunde verhalten … Als Standardwerk und viel zitierte Fachpublikation hilft er dabei, die Zusammenhänge und Entwicklungen des Automobilmarktes noch besser zu verstehen. In diesem Jahr bietet er nicht nur einen Blick auf das Autojahr 2023, sondern enthält auch einen Streifzug durch fünf Jahrzehnte automobile Fakten und zeigt, wie sich die Sicht der Endverbraucher entwickelt hat.“

Die dazu gewonnenen Erkenntnisse fasst die DAT wie folgt zusammen:

  • Ein eigenes Auto bedeutet Freiheit und Unabhängigkeit: Das Auto spielte auch im Jahr 2023 für 90 Prozent der Pkw-Halter eine elementare Rolle, weil es für sie Freiheit und Unabhängigkeit garantiert. Zudem bestätigten 84 Prozent der Pkw-Halter, dass das Autofahren Spaß mache. Bemerkenswert ist die Aussage von 73 Prozent aller Pkw-Halter, die sich jedes Mal freuten, wenn sie ihr Auto gesehen haben.
  • Allerdings gibt es Unsicherheiten in Zeiten des Umbruchs: Die Beziehung der Pkw-Halter zum Auto ist aktuell jedoch auch von Ängsten, Unsicherheiten und umwelt- sowie verkehrspolitischen Diskussion geprägt. Aufgrund aktueller Entwicklungen wie hoher Kosten (Kraftstoffpreise, Pkw-Unterhaltskosten, hohe Zinsen etc.) gab knapp die Hälfte (46 Prozent) aller Pkw-Halter an, Angst zu haben, sich bald kein Auto mehr leisten zu können.
  • Denn: Das Auto bleibt unverzichtbar im Alltag: Für die große Mehrheit der Pkw-Halter ist der eigene Pkw alternativlos. 81 Prozent aller Befragten bestätigten im Jahr 2023, dass das Auto unverzichtbar sei als Begleiter im Alltag. Das Automobil ist daher primär kein Luxusartikel, sondern häufig die einzige Möglichkeit, den Mobilitätsbedarf bei Beruf, Ernährung, Freizeit etc. zu decken.

Die allgemeine Skepsis gegenüber E-Mobilität wird durch die DAT-Befragung voll bestätigt. Elektroautos werden am Automobilmarkt auch in Zukunft nur ein Nischendasein führen können. Für die Politik wie für einzelne große Autohersteller sind die DAT-Ergebnisse niederschmetternd.

Dazu im Einzelnen:

  • Im Gegensatz zur „grünen“ Umweltpolitik bevorzugen Pkw-Halter Technologieoffenheit statt Technologiewandel. Die große Mehrheit der Pkw-Halter reagiert verhalten auf die Ausrichtung des Technologiewandels. Bei der Befragung zum aktuellen DAT-Report gaben 63 Prozent der Pkw-Halter an, dem gewollten Technologiewandel einzig auf Elektromobilität nichts abgewinnen zu können. Sie plädieren für Technologieoffenheit. Nur 19 Prozent halten hingegen die Fokussierung auf E-Mobilität für richtig und wichtig. In der Gruppe der Neuwagen- und Gebrauchtwagenkäufer ist der Zuspruch für den Technologiewandel prozentual größer, dennoch bleibt eine Mehrheit überwiegend skeptisch und ablehnend.
  • Pkw-Halter warten in Sachen E-Mobilität ab: Die alleinige Fokussierung der Politik auf Elektromobilität gepaart mit dem noch fehlenden Vertrauen in die Technologie sorgt für Unsicherheit. 80 Prozent aller Pkw-Halter warten daher die Entwicklung der E-Mobilität ab und fahren ihr Auto länger.

Die Gründe zur Ablehnung der Batterie-Elektro-Autos (BEV) sind gravierend:

  • Die Reichweite ist weiterhin Ablehnungsgrund Nummer 1: Die Mehrheit der privaten Neuwagenkäufer entschied sich 2023 noch für ein Modell mit einem Verbrennungsmotor. Für sie blieb 2023, wie im Vorjahr auch, die begrenzte Reichweite der Hauptgrund gegen die Anschaffung eines batterieelektrischen Pkw. Des Weiteren wurden oft die hohen Anschaffungskosten, die unausgereifte Infrastruktur und die langen Ladezeiten angeführt. Die weiteren genannten Gründe gegen den Kauf eines BEV bestätigen eine gewisse „Technologieunsicherheit“ hinsichtlich Batterie als Unsicherheitsfaktor bzw. ihre Haltbarkeit.
  • Förderprämie bei E-Auto-Käufern wichtigster Kaufgrund: Mehr als die Hälfte der Neuwagenkäufer (55  Prozent), die sich bewusst gegen einen Verbrenner und für einen neuen batterieelektrischen Pkw entschieden haben, gaben als Hauptanschaffungsgrund das Nutzen der Förderprämien an. Der im Vorjahr noch an erster Stelle genannte Umweltgedanke rutschte dadurch mit 38 Prozent (2022 waren es noch 56 Prozent) auf den zweiten Rang ab. Knapp dahinter mit 37 Prozent folgt die Aussage, dass ein E-Auto zum eigenen Mobilitätsbedarf passe.
  • Vorbehalte gegenüber gebrauchten E-Autos: Neu- und Gebrauchtwagenkäufer wurden danach gefragt, ob ein gebrauchtes BEV für sie infrage käme. 9 Prozent der Neu- und 13 Prozent der Gebrauchtwagenkäufer könnten sich das vorstellen. Die Mehrheit würde ein E-Auto entweder nur als Neuwagen kaufen oder sich grundsätzlich gegen ein E-Auto entscheiden. Wichtig: 38 Prozent aller Gebrauchtwagenkäufer haben keine Garage, Tiefgarage oder Carport und demnach keine Möglichkeit, das Auto privat zu laden.
Fazit: An alternativen Antrieben führt kein Weg vorbei

Aus dem DAT Report 2024 folgt, dass ein Umstieg auf ein E-Auto wie von der Politik gewünscht für viele Autokunden noch weit entfernt ist. Rund 3 Prozent aller befragten Pkw-Halter besitzen mittlerweile ein E-Auto. Von den restlichen 97 Prozent können sich 39 Prozent zwar einen Umstieg grundsätzlich vorstellen, davon aber nur 5 Prozent in den nächsten zwölf Monaten. Für die große Mehrheit (47 Prozent) der Umstiegswilligen kommt ein Wechsel auf ein BEV frühestens in mehr als fünf Jahren infrage. Etwa ein Drittel (34 Prozent) kann sich einen Umstieg gar nicht vorstellen.

Die Skepsis gegenüber E-Autos ist also zu Beginn 2024 weiterhin sehr hoch. Laut DAT sagen drei Viertel aller Pkw-Halter: „E-Autos sind bezogen auf die Technologie noch nicht ausgereift. Daher warte ich die weitere Entwicklung ab“. Für 80 Prozent gilt der Akku als Unsicherheitsfaktor, und für 87 Prozent ist die Anschaffung eines BEV zu teuer.

Die Kenntnisse über E-Fuels sind indessen gestiegen. Während 21 Prozent der Pkw-Halter ihr Wissen über E-Fuels mit „völlige Unkenntnis“ beschrieben, kannten 33 Prozent den Namen. Die verbleibenden 46 Prozent – und damit deutlich mehr als im Vorjahr (2022: 34 Prozent) – haben bereits davon gehört oder sich aktiv damit beschäftigt. Von ihnen halten fast zwei Drittel (59 Prozent) E-Fuels für eine vielversprechende Antriebsart neben der Elektromobilität. Dagegen halten 31 Prozent nichts davon, 10 Prozent sind unentschlossen.

Aus all dem kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass auf freiwilliger, marktwirtschaftlicher Basis die Elektromobilität gegenüber der Verbrennertechnologie in der laufenden Dekade nur geringe Marktchancen hat. Will man die Umwelt entlasten. führt an alternativen Antrieben kein Weg vorbei.

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