Tichys Einblick
VW-Chef Oliver Blume räumt auf…

Volkswagen erwacht aus dem Traum vom autonomen Fahren

Beim VW-Konzern geht’s zur Sache. Kaum hat Blume den Porsche-Börsengang über die Bühne gebracht und IT-Sorgenkind Cariad mit neuen Pflegekräften ausgestattet, kommt als nächste Baustelle das autonome Fahren an die Reihe – ebenfalls ein Lieblingsprojekt seines Vorgängers Herbert Diess.

VW und Ford steigen aus der gemeinsamen Robotaxi Firma Argo AI aus

IMAGO / ZUMA Wire

Die Automobilwoche meldet mit Datum vom 27. Oktober 2022, dass VW und Ford aus der gemeinsamen Robotaxi Firma Argo AI aussteigen. Das Projekt war 2019 mit großen Hoffnungen und ehrgeizigen Zielen als gemeinsames Projekt rund um das Roboterauto mit der Software-Firma Argo AI gestartet worden. Die beiden Partner hielten bisher jeweils 40 Prozent an Argo AI und hatten sich auf eine breit angelegte gemeinsame Entwicklung der Technik für das autonome Fahren geeinigt.

"Coole Socke"
VW-Vorstandschef und Baustellenleiter Oliver Blume – Ein Porträt
Während aber der US-Autobauer Ford nunmehr direkt aus dem Geschäft aussteigt und dafür im dritten Quartal eine Abschreibung von 2,7 Milliarden Dollar und einen Nettoverlust von 827 Millionen Dollar verbuchen muss, scheut VW offensichtlich vor einem solch kostspieligen radikalen Schritt zurück und verfolgt eine andere Exit-Strategie. Volkswagen behält seinen Anteil, wird aber nicht weiter in Argo investieren. Der Konzern will für seine bisher mit Argo geplanten Robotertaxis, die nach wie vor über die Mobilitätstochter Moia in Hamburg 2025 an den Start gehen sollen, seinen Anteil behalten.

Mit dieser Verzögerungsstrategie beim Ausstieg erspart sich Blume ad hoc hohe Abschreibungen. Volkswagen war 2019 mit einem Investment über 2,6 Milliarden US-Dollar in die damalige Ford-Tochter eingestiegen. Die Beteiligung war als Teil einer umfassenderen Allianz mit großen Ambitionen beschlossen worden. Zusätzlich zu einer Milliarde Dollar an Finanzmitteln hatte VW auch die eigene Tochter AID eingebracht. Bis 2022 sollte VW Ford zudem weitere Anteile in Höhe von rund 500 Millionen Dollar abkaufen, so war damals der Plan (Automobilwoche). Auch diesen Betrag kann Blume als vermiedene Verluste auf der Haben-Seite verbuchen.

Diese dürften aber früher oder später kaum zu vermeiden sein. Mit dem Ausstieg von Ford dürfte Argo als Firma jedenfalls Geschichte sein. Laut US-Medienberichten wurden die Beschäftigten am Mittwoch bereits darüber informiert, dass das in Pittsburgh ansässige Unternehmen geschlossen wird. Volkswagen hat indessen angekündigt, den Mitarbeitern Angebote zum Wechsel zu machen. Wohin und wann, blieb offen.

VW verkündete – Moia im Nacken –, man werde in Kürze einen neuen Partner präsentieren. Den nennt das Unternehmen aber noch nicht. Ihn zu finden dürfte auch nicht leicht sein, denn die Entwicklung von Technik für autonomes Fahren ist kostspielig und gilt auch als riskant. Die Erfolgsaussichten inklusive möglicher zukünftiger Gewinne sind mehr als unklar.

Erst Cariad, jetzt Argo AI – die Software-Probleme bei VW reißen nicht ab. Nur zur Erinnerung: Der Konzern musste zuletzt bei seiner mit Milliarden ausgestatteten konzerneigenen Software-Tochter Cariad massive Probleme verarbeiten, so gab es Verzögerungen bei neuen Software-Generationen, die auch verspätete Starts neuer Automodelle bei Porsche zur Folge hatten. Die Software-Probleme gelten auch als ein Grund dafür, dass Ex-Chef Herbert Diess seinen Hut nehmen musste.

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