Tichys Einblick
China und Qatar

Eines der größten LNG-Geschäfte aller Zeiten – Deutschland geht leer aus

Qatar liefert 27 Jahre lang verflüssigtes Erdgas nach China. Beide Länder haben eines der größten Geschäfte mit LNG aller Zeiten abgeschlossen. Ab 2026 wird Qatar Energy jährlich vier Millionen Tonnen LNG an die chinesische Gesellschaft Sinopec liefern. Deutschland geht dank Habeck leer aus.

LNG aus Qatar für das chinesische Unternehmen Sinopec wird in Tianjin, China, entladen, 15.01.22

IMAGO / VCG

Das ist einer der größten Mega-Deals in der relativ jungen Geschichte des LNG-Gases: Qatar liefert 27 Jahre lang verflüssigtes Erdgas nach China. Beide Länder haben eines der größten Geschäfte mit LNG aller Zeiten abgeschlossen. Ab dem Jahre 2026 wird Qatar Energy (QE) jährlich 4 Millionen Tonnen LNG an die chinesische Gesellschaft Sinopec liefern, wie am Montag bekannt gegeben.

Das Abkommen, dass der Energieminister von Qatar und Leiter von QE, Saad al Kaabi, dem Vorsitzenden von Sinopec MA Yongsheng, unterzeichnete, hat nach Berechnungen von Bloomberg einen Wert von 61 Milliarden Dollar. Dieser Deal werde die »ausgezeichneten bilateralen Beziehungen zwischen China und Katar weiter festigen und dazu beitragen, den wachsenden Energiebedarf Chinas zu decken«, sagte al Kaabi.

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Qatar investiert gerade 30 Milliarden Dollar in die Erweiterung des North Field, eines der größten Erdgasvorkommen der Welt, und der entsprechenden Verflüssigungsanlagen an Land. Beteiligt sind übrigens auch Investoren wie Shell Plc und Exxon Mobil Corp. Diese Anlagen kühlen das Erdgas auf -162 Grad ab, dabei wird es flüssig und nimmt ein um das 640-Fache vermindertes Volumen ein. Erst mit Hilfe dieses energieaufwendigen Tricks wird es mit Spezialschiffen über längere Strecken transportwürdig.

Entdeckt wurde das einzigartige Vorkommen 1971. Doch erst mit neuen technischen Methoden gelang es, das kostbare Gas aus der Tiefe zu gewinnen und über weite Strecken zu transportieren. Denn für den bisher üblichen Erdgas-Transport über Pipelines liegt der Fundort zu weit von den Märkten entfernt, Förderung und Transport waren nicht rentabel.

Es ist eine komplizierte chemische Fabrik im Meer. So, wie Gas aus dem Boden strömt, taugt es nicht zum Gebrauch. Aus dem Boden bringt es eine Reihe von schwefligen Verbindungen mit ebenso wie Alkanthiole, organische Verbindungen, die bei Fäulnisprozessen frei werden. Auch Spuren von Quecksilber sind enthalten. Die unterschiedlichen Anteile werden vom Erdgas getrennt, Wasser abgesondert, gereinigt und wieder ins Meer geleitet. Die Bohrtechniker haben ein Steigrohr tief in die Erde geführt. Durch dieses Rohr kommt das Gas kontrolliert an die Oberfläche. Am unteren Ende hat das Steigrohr viele Löcher. Durch die dringt das Gas aus der Lagerstätte ein, strömt nach oben. In einem Eruptivkreuz – gewissermaßen der Absperrhahn – wird der Gasdruck gemessen und die Gasmenge reguliert. Durch weiße Leitungen strömt mit hohem Druck das bereits vorverarbeitete Gas in Richtung Festland.

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Die Gasspeicher sind voll – nun kommen ganz andere Probleme
Geologisch gesehen haben die Staaten rund um den Golf einfach Glück gehabt, dass sich im Laufe der Erdgeschichte in diesen Regionen Öl und Gas in großen Mengen eingelagert hat. Diese Gasvorkommen haben Qatar so grundlegend verändert wie kaum ein anderes Land. Halb so groß wie Hessen leben hier nur rund 800.000 Einwohner. Gas hat Qatar reich gemacht, sehr reich, und zu einem der wesentlichen Spieler auf dem weltweiten Gasmarkt. Das Land hat sich mit dem »Gasdollar« überall in der Welt eingekauft, von Industriebeteiligungen bis hin zu Fußballclubs wie St. Germain in Paris. Heute ist Qatar an nahezu allen großen deutschen Konzernen beteiligt, bezahlt Forschungsinstitute, um an Spitzenforschung teilzuhaben, und schüttelt gleichzeitig mit dem Kopf, dass ein Industrieland sich von seinen wesentlichen Energiequellen abschaltet.

Qatar produziert bereits mit voller Kapazität, mehr geht nicht. Mit fast 30 Milliarden Dollar baut Qatar seine Produktionskapazitäten aus, doch die werden nicht vor Ende 2025 lieferfähig sein. Die meisten Ladungen werden zudem im Rahmen langfristiger Verträge nach Asien verschifft.
Doch die Produktionsanlagen sind mit langfristigen Verträgen ausgebucht, erst mit den Erweiterungen kann das Land auch seine Liefermengen steigern.

Am heißen Strand von Ras Laffan bei der Hauptstadt Doha wurden gewaltige Industrieanlagen in den Wüstenboden gestampft – zugleich eine der größten Baustellen der Welt. Denn noch immer wird gebaut, eine Baustelle, auf der – nebenbei bemerkt – Menschen aus über 40 Nationen arbeiten. Ras Laffan ist ein Riesenkomplex für die Verarbeitung von Erdgas, im Wesentlichen nichts anderes als ein gigantischer Kühlschrank in der Wüste.

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Frachtraten für Flüssiggas-Tanker haben sich verzigfacht
Riesige Anlagen bereiten das Gas auf, trennen unter anderem Schwefel ab, der gut verkauft werden kann. Der Kühlprozess läuft in mehreren Stufen in gewaltigen Kühlaggregaten ab. Der Energieaufwand für die Abkühlung ist allerdings enorm. Immerhin muss eine Temperaturdifferenz von -161 Grad des kalten Gases zu den Außentemperaturen bis zu +50 Grad überwunden werden. Aber Energie gibt es hier in Hülle und Fülle, da muss niemand so genau nachrechnen. Insgesamt werden 15 Prozent der Energie des Erdgases allein für die Verflüssigung und den Transport verbraucht.

Länder auf der ganzen Welt drängen darauf, sich den Brennstoff für Kraftwerke und Heizungen von großen Exporteuren wie Qatar und den USA zu sichern, was die Preise in die Höhe treibt. Der Weltmarkt für verflüssigtes Erdgas ist so gut wie ausgeschöpft, und vor 2026 wird kaum noch neues Erdgas gefördert. Mit diesem »wegweisenden« (Bloomberg) Abkommen will China seine Energiesicherheit für Jahrzehnte absichern.

Europa versucht, russisches Pipeline-Gas durch LNG zu ersetzen, doch die Gespräche mit Katar sind ins Stocken geraten. Vor allem Deutschland ist nicht bereit, sich auf langfristige Verträge einzulassen. Viele EU-Regierungen wollen aus fossilen Brennstoffen aussteigen und glauben, dass LNG-Geschäfte ihren »Klimazielen« zuwiderlaufen würden.

Im März war der derzeitige Bundeswirtschaftsminister Habeck nach Qatar gereist und fragte unbedarft nach LNG. Das spöttische Lächeln über Habecks-Bückling und naive Anfrage bei den qatarischen Fachleuten, die als ausgewiesene Fachleute allesamt ein Ingenieurstudium in England oder in den USA hinter sich haben, war unübersehbar. Aufgrund der sehr hohen Investitionssummen haben sie allerdings nur Interesse an langfristigen Verträgen. Habeck erklärte jedoch, nur rasch für kurze Zeit in der Größenordnung von ein paar Monaten LNG haben zu wollen, als stunde es in Gasflaschen zur Abholung bereit. Gas sei nur eine Übergangsenergiequelle. Jetzt zeigt sich: China setzt langfristig auf Kernkraft, Kohle und Gas und nicht auf Wind und Solar.

Währenddessen kommt auch aus Japan die Warnung, dass sich der weltweite Wettbewerb um Flüssigerdgas in den nächsten drei Jahren verschärfen wird. Denn es wird zu wenig in die Versorgung investiert. Japan, das selbst über kaum eigene Kohle- oder Gasvorkommen verfügt, wird schon seit langem von Qatar mit LNG-Spezialschiffen mit LNG versorgt und gilt als der größte LNG-Importeur. Und wieder geht Deutschland leer aus und will mit Hoffnung heizen.

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