Tichys Einblick
Wachstumschancengesetz

Bundesrat lässt kümmerliche Entlastungen weiter schrumpfen

Die Union hat im Bundesrat dem Wachstumschancengesetz zugestimmt. Nun kommen niedrigere Steuern für Unternehmen – aber sie stellen im Vergleich zu aktuell steigenden Belastungen nur einen Bruchteil dar.

IMAGO / Metodi Popow
Manuela Schwesig (SPD) appelliert im Bundesrat an ihren Kanzler und Parteifreund Olaf Scholz sowie an die Bundesregierung: Sie sollten den Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat nicht als Blockade-Instrument darstellen. Nach der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern spricht ihre Amtskollegin aus Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, auch SPD: Die CDU hat den Vermittlungsausschuss zum Blockade-Instrument gemacht. Zack. Parteilinie halten und Lächeln zeigen. Da macht Malu Dreyer keiner was vor. Auf den Inhalt des Wachstumschancengesetz geht Dreyer kaum ein. Malu Dreyer inhaltlich etwas vorzumachen, ist viel einfacher, als es sein sollte.

Das Wachstumschancengesetz war aus zwei Gründen im Vermittlungsausschuss von Bundestag und der Länderkammer Bundesrat. Zum einen, weil die Union das Gesetz nutzen wollte, um die Ampel unter Druck zu setzen, Belastungen der Landwirte beim Agrardiesel von einer halben Milliarde Euro zurückzunehmen. Vergebens. Die Ampel lässt Bauern weiter für Radwege in Peru und befreundete NGOs wie die Amadeu Antonio Stiftung oder Correctiv mitzahlen.

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Zum anderen kam das Gesetz in den Vermittlungsausschuss, weil die Ampel für Unternehmen die Steuern senken wollte – das aber die Länder bezahlen lassen wollte. Das haben die nicht mitgemacht und das Thema in den Ausschuss verwiesen. Das erwähnt Dreyer nicht. Im Verbreiten der halben Wahrheit und im Weglassen unangenehmer Punkte ist sie mindestens genauso gut wie beim Lächeln zeigen und Parteilinie halten.

Die Ampel hat mit dem Wachstumschancengesetz ein wenig ambitioniertes Projekt vorgelegt. Um 7 Milliarden Euro sollte die Wirtschaft entlastet werden. Das ist weniger, als den Bürgern allein durch die erhöhte LKW-Maut an Mehrkosten entsteht. Von der neuen Plastiksteuer nicht zu reden. Nicht von der Erhöhung der CO2-Steuer oder der Gewerbesteuer für die Gastronomie oder der faktischen Erhöhung der Grundsteuer durch deren Neugestaltung.

Der Vermittlungsausschuss hat von dem ohnehin wenig ambitionierten Projekt kaum etwas übriggelassen. Die Entlastungen durch bessere Abschreibungen beim Bauen und Wirtschaften liegen gerade noch bei 3,2 Milliarden Euro. Das entspricht nicht einmal einer halben Erhöhung der LKW-Maut. Angesichts dessen ist es spannend, was Staatssekretärin Katja Hessel (FDP) sagt: Die CDU habe mit ihrer Blockade die Wirtschaft „in Geiselhaft“ genommen „und (ein) ganzes Land stillstehen lassen“.

Ein ganzes Land stillstehen lassen wegen einer verschobenen Erleichterung von 3,2 Milliarden Euro? Bei gleichzeitigen zusätzlichen, viel höheren Belastungen an allen Ecken und Enden? Die FDP ist an dem gefährlichen Punkt angelangt, an dem sie nicht nur PR-Lügen verbreitet – sondern anfängt, ihre eigenen PR-Lügen selbst zu glauben.

Die Bundesrechtsanwaltskammer hat das Wachstumschancengesetz im Vorfeld als gefährlich gebrandmarkt. Der Staat mache Anwälte und Steuerberater damit zu Denunzianten ihrer Klienten.
Diese Kritik sprach im Bundesrat niemand an. Bürgerrechte sind für die im Bundesrat vertretenenen Parteien offensichtlich kein Thema mehr.

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