Tichys Einblick
Gendern statt Hustensaft

Preußen und Apotheker*innen – die Ampel regiert ohne Rast und Ruh

Die große Transformation fordert jeder Ampelfrau und jedem Ampelmännchen einfach alles ab. Die Bundesregierung überschüttet uns mit vielen Lösungen für Probleme, die wir nicht haben. Nur echte Probleme bleiben liegen. So werden Beipackzettel von Medikamenten gegendert, die nicht lieferbar sind.

IMAGO/HMB-Media, Future Image - Collage: TE

Aber nicht nur um Medikamente geht es. „Kulturstaatsministerin“ Claudia Roth, die von Kultur so wenig Ahnung hat wie von Stoff-Design, will die Stiftung „Preußischer Kulturbesitz“ umfirmieren. Die Stiftung verwaltet die gewaltigen Kunstschätze des früheren preußischen Staates; insofern ist der Name Programm. Aber Deutschland sei halt viel mehr, sagt Roth, die nicht so ganz genau weiß, was sie sagt oder verwaltet, nur so ungefähr. Preußen hat bei ihr einen schlechten Ruf, Genaueres weiß sie auch nicht. Preußen kann zwar nicht ganz für Holocaust und Hitler verantwortlich gemacht werden, aber in der Logik der Grünen reicht in solchen Fällen schon ein fast.

Gendern wichtiger als medizinische Versorgung
Kliniken erwarten 2023 beispiellose Pleitewelle
Irgendeine Verbindungslinie lässt sich immer herbeireden, wozu unterhält man mit Hunderten von Millionen aus der Staatskasse grüne Thinktanks, NGOs und ganze Universitätsseminare. So wird ordentlich Geschichte umgegraben und gesiebt, ob nicht doch noch etwas Vergangenes zu finden ist, das man entsorgen kann, ja muss. Otto von Bismarck etwa, Reichskanzler, Reichsgründer und Reichssozialversicherungserfinder hat sich nicht ausreichend gegen die Kolonialisierung gewehrt, weg mit dem nach ihm benannten Zimmer im AA, also Auswärtigen Amt.

Gut, dass Grüne nur an der Oberfläche kratzen. Das Außenministerium heißt zur Erinnerung an Bismarck AA. Es bleibt also noch viel zu tun, wenn Baerbock sich erst von ihrer teuren Staats- Stylistin losreißen kann. Die Moralisten und Besserwisser finden noch in jeder Epoche und an jeder Person (m/w/d) ein Haar, das man heute anders kämmen würde, und wenn es das Kreuz im Friedenssaal in Münster oder ein zusammengeklaubter Bibelspruch auf dem Stadtschloss in Berlin ist: Wir wissen es heute besser, sehen den Splitter im Auge der Geschichte und den Balken vor der eigenen Birne nicht. Mal schauen, wie die Nachgeborenen über diesen Kulturkampf gegen Herkunft und Tradition urteilen werden, wenn die Ampel Geschichte ist.

Macht endlich die Männer wieder sichtbar

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Tausche frischen Hustensaft gegen abgelaufene Antibiotika - Flohmarkt der Medikamente
Sie könnten zum Beispiel feststellen, dass es Gesundheitsminister Karl Lauterbach gelungen ist, die Versorgung mit Medikamenten zu unterbinden und Krankenhäuser in den Ruin zu treiben sowie die ärztliche Versorgung von Kindern zu gefährden. Aber immerhin will er dafür sorgen, dass die Bemerkung auf den Beipackzetteln „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ gegendert wird. Also wird es künftig lauten „Fragen Sie Ihre Ärztin oder Arzt oder Apothekerin oder Apotheker“. Oder so ähnlich. Vielleicht darf im demokratischen Gesundheitssystem auch abgestimmt werden: Arzt*in oder Apothekerix. Arzt (m/w/d) oder Apotheke/r*innen. Wobei doch „Apotheke“ eigentlich weiblich ist, weil die Apotheke?

Das kaum mehr erhältliche Mischmittel Boxagrippal und Tantum Verde verwenden schon seit Frühjahr 2021 neue Formulierungen: „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre(n) Arzt/Ärztin oder Apotheker/Apothekerin“. Sicherlich macht das die schwer verständlichen Beipackzettel endlich verständlicher, insbesondere für Randgruppen, um die sich sonst so sehr gesorgt wird, wie kaum sprachmächtige Zuwanderer und jene, für die „Leichte Sprache“ erfunden wurde. Oder könnte das Gegenteil der Fall sein? Nicht zu vergessen, dass dieser Vorschlag ursprünglich von dem Ärztinnen-Funktionärix Klaus Reinhardt stammt,  Präsidentin der Bundesärzte- und -ärztinnenkammer. (So weit kommt’s noch, dauert nicht mehr lange.)

Lauterbachs Schilda
Statt Medikamente: Gendern im Beipackzettel
Er ist auch durch die Idee hervorgetreten, künftig abgelaufene oder nicht abgelaufene, vollständige oder unvollständige, verschmutzte, verunreinigte und begrenzt saubere Medikamente auf Flohmärkten zu tauschen. Jetzt sollen Frauen durch Sprache sichtbar gemacht werden, heißt es doch. Reinhardt betonte in diesem Zusammenhang, dass rund die Hälfte der Ärzteschaft weiblich sei. Unter den Beschäftigten öffentlicher Apotheken seien fast 90 Prozent Frauen, ergänzt Apothekerin- und wenige Apotheker-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening.

Wenn das so ist, müsste doch eigentlich ein fairer Sprachgebrauch die wenigen verbliebenen Männer sichtbar machen. Dachte man immer so. Gesünder oder besser versorgt wird jedenfalls keiner/keine/keinix. Oder kein*er? Oder was? Wir haben zwar zu wenige Medikamente, aber wir gendern den Beipackzettel, den wir nicht zu sehen bekommen.

Probleme weg gendern

Während die Ampel also Probleme löst, die wir nicht haben, nämlich Gesundheit per Schreibweise zu verschlimmbessern, bleiben die vorhandenen Probleme ungelöst. Über mangelnde Medikamentenversorgung jedenfalls spricht und schreibt kaum jemand mehr. Probleme lassen sich also mittels Sprache entsorgen, weg-gendern.

Sie retten den Planeten
Das Totalversagen der Ampel – nur Unvermögen oder Absicht?
Auch das Gerede über explodierende Gaspreise, ausbleibende Energiehilfen und Inflation insgesamt ist zum Verstummen gebracht. Das Handelsblatt hat Wirtschaftsminister Robert Habeck zum „Politiker des Jahres“ gekürt. Er habe einen neuen Stil in die Politik gebracht, jetzt müsse er nur noch liefern, sagt Jury-Vorsitzender Josef Käser dazu, der eigentlich lieber auf Joe Kaeser hört, weil das klingt so zeitgeistig. Joe Kaeser, früher Siemens, bringt es auf den Punkt: Zunächst geht es um Schein, um Anschein. Die Vortäuschung von Handlung ist wichtig, die Tat kann warten und wird vielleicht noch kommen.

Wobei Joe Kaeser diesem Robert Habeck Unrecht antut. Der Mann handelt. Die USA entwickeln völlig neue Formen von Fusionsreaktoren; entsprechende Forschung wird in Deutschland gar nicht erst unterstützt. Wir haben doch Windräder made in China! Und Solarzellen, auch von dort! In Großbritannien will Rolls Royce Mini-Kraftwerke in Fabriken herstellen und dann wie Ostereier übers Land verteilen und damit ganze Landstriche mit Strom beliefern. In Deutschland undenkbar. Japan hat gerade eine Kette von langlaufenden Lieferverträgen für LNG-Gas abgeschlossen und die Laufzeit seiner Kernkraftwerke auf 60 Jahre verlängert – Habeck predigt das endgültige „Aus“ für April. Der Mann handelt. Und wie. Ob Deutschland dann noch handlungsfähig sein wird, sei dahin gestellt ebenso wie die Frage, ob Apotheker*innen (m/w/d) dann noch was zum Verkaufen und die Menschen induLa (in diesem unseren Land) noch was zum Einnehmen haben.

Eine Krise nach der anderen
Flohmarkt der Medikamente
Kritik an Roths Plänen kam übrigens vom früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse, eine Art historischer Müllmann in der SPD: Dies sei ein „Versuch, sich von geschichtlichen Lasten zu befreien“, sagte er. Thierse warf den Grünen vor, dass sie „mit moralischem Furor Geschichtsreinigung betreiben“ würden. Weil sie derzeit schmerzliche Kompromisse machen müssten, „benötigen sie wohl umso heftiger Ersatzhandlungen“.

Ersatzhandlungen, Ersatzstrom, Ersatzmedikamente, Ersatz von Tat durch Wunsch und Ersatz von Sprache durch Floskeln: Auch über Weihnachten und andere Jahresendfeiern hinweg arbeiten Ampelfrauen und ihre Ampelmännchen fest an der großen Transformation, die alles Bekannte ersetzen soll. Vielen Dank, jedenfalls für den Beipackzettel, den es bald als Ersatz für Medikamente geben wird.

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