Tichys Einblick
Schwarz gewöhnt uns an Grün

Trotz ernster Zeiten – geht es nicht auch ein wenig fröhlicher?

Diese Frage stellte uns ein Leser. Zu Recht. Bundesinfektionsschutzgesetz, Urteil des Bundesverfassungsgerichts, Hausdurchsuchung bei einem Richter, der ein regierungskritisches Urteil wagt, Beobachtung von Kritikern der Corona-Politik durch den Verfassungsschutz – waren in dieser Woche unsere Themen. Aber sollte man sich deshalb verdrießen lassen?

Zum Wochenende daher die fröhlichen Dinge. Die Energieversorgung ist so ein ernstes Thema, ein drohender Blackout könnte die Laune verderben. Gott sei Dank haben wir Spaßmacher im Deutschen Bundestag. Etwa die Grünen-Abgeordnete Kotting-Uhl aus Karlsruhe. Sie studierte Germanistik, Anglistik und Kunstgeschichte und entschied sich laut Wikipedia für ein »alternatives Leben mit Selbstversorger-Tendenzen«. Sie ist mit dieser Art Vorbildung die kompetente Vorsitzende des Umweltausschusses des Bundestages und erklärt uns, dass die bisherige nachfrageorientierte Energiepolitik von gestern sei. »Allein Ihre Unfähigkeit, sich unter Energieversorgung etwas anderes als Grundlast vorzustellen, das ist so von gestern wie Sie selbst.« Ihr geht es um „angebotsorientierte Energiepolitik“.

Strom und damit unser auf beständigem Stromfluss beruhendes wirtschaftliches und soziales Leben soll es nur geben, wenn der Wind weht und die Sonne scheint. Sonst bleibt alles schwarz. Auch die Elektro-Autos stehen dann, denn ihre Batterien werden virtuell zu einem großen Stromspeicher zusammengeschaltet, um die vordringlichsten Löcher in der Stromversorgung zu schließen. Das wird etwas anstrengend sein, sagt Frau Kotting-Uhl. Denn klar: Da bleibt plötzlich die Wachmaschine stehen, wenn eine Tiefdrucklage die Sonne verdunkelt, und die Tiefkühltruhe ist hoffentlich nicht beleidigt, wenn ihr tageweise der Saft fehlt und der Inhalt zu solchem wird.

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So will Kotting-Uhl der Tatsache begegnen, dass nicht nur nachts die gemeine Sonne nicht scheint und der Wind sich vorerst weigert, grünen Befehlen zu folgen und beständig zu wehen. Dieses On/Off des Windes ist vorerst noch nicht eingepreist.

Auch die von Annalena Baerbock behauptete Strommenge, die nach technischer Forschung im Stromnetz gespeichert ist wie Wasser in der Leitung oder in Hochbehältern, diese Reserve gibt es nicht. Strom man nicht anfassen oder in Jutesäckchen abpacken und bei Bedarf mit dem Fahrrad aus dem Unverpackt-Laden holen.

Oder der Packstation der Post, denn die DHL rühmt sich, besonders klimafreundlich zu sein: Zukünftig kommt der Bote nicht mehr ins Haus, sondern zur Station; das spart Treibhausgase. Bei der Post. Nicht bei den Bürgern, die dann im PKW hinfahren oder sagen wir: Eine Waschmaschine mit dem Fahrrad abholen …

Aber vor lauter guten Ideen höchster Stellen schweifen wir ab. Es wäre falsch, sich nur über Frau Kotting-Uhls Aussagen zu belustigen. Peter Altmaier, Wirtschaftsminister, spricht von „Spitzenglättung“. Also die Spitzen der Nachfrage müssen gekappt werden. Spitzen der Strom-Nachfrage müssen abgeschaltet werden, etwa in der Zeit von Oktober bis März, derzeit sogar April. Wegen der kurzen Tage, vielen Wolken und wenigem Wind fällt das Angebot der Stromproduktion aus Erneuerbaren gegen Null. Dann müssen eben VW und andere in diesen Monaten ihre Produktion einstellen. Dafür können sie an sonnenreichen Monaten und wenn der Wind weht, schneller Autos bauen (nur solche mit Elektro und Batterie, denn letztere stören dann nicht die Ruhe in windstillen Tagen). Sie sehen, die Grünen sind längst an der Regierung, auch wenn dort noch Schwarze sitzen.

Besonders erheiternd der Linken-Abgeordnete Beutin: »Wir sagen ganz klar: Für uns gehören Antifaschismus und Antiatomkraft zusammen.« Endlich wissen wir es: Die vielen Atomkraftwerke, mit denen die Sowjetunion einst Osteuropa beglückte – das war Faschismus pur. Danke!

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An den Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Herrn Thomas Haldenwang
Eher lösungsorientiert dagegen der SPD-Abgeordnete René Röspel in seinem Debattenbeitrag: »Wir sagen: Mit einer Milliarde Euro (statt in Forschung) könnte man viel besser 100.000 Familien glücklich machen, zum Beispiel indem man ihnen eine 10-Kilowatt-Peak-Photovoltaik-Anlage aufs Dach setzt.« Also, Solaranlagen auf den Slums dieser Erde lösen das fehlende Energie-Angebot in Deutschland. Klar, dass diese hier genannten Fraktionen gegen eine Alternative stimmten, die einen neuen Typ Atomreaktor fordern.

Aber kein Problem ist so hausgemacht, dass wir nicht auch eine Lösung kommen sehen. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass künftig jede Form bürgerlicher Freiheit und jede Art des Wirtschaftens gekappt werden müsse zu Gunsten der Klimapolitik. Klimapolitik wurde als oberstes Staatsziel definiert, unter das sich das Grundgesetz einzuordnen habe. Klingt wirklich bedrückend. Was haben sich einige darüber aufgeregt! Aber es war übertrieben. Liebe Kollegen*innen haben mich auf den konstruktiven Teil hingewiesen.

Zukünftig wird das Bundesverfassungsgericht vermutlich den Bau neuartiger Atomreaktoren anordnen. Denn klar: Ohne Strom bleibt auch in Karlsruhe die Küche kalt und das Richterzimmer unbeleuchtet. Da liegt doch schadstoffarmer, also grüner Atomstrom im Trend, oder? Auch andere Probleme, etwa das faktische Abschiebeverbot für abgelehnte Asylsuchende oder das Gebot, sie trotzdem auf Hartz-IV-Niveau bis zum Lebensende zu unterstützen, beides basierend auf früheren Entscheidungen des obersten Gerichts, können im Lichte der neuen Entscheidung konstruktiv gewendet werden: Keine neue Zuwanderung, denn sie würde unsere Klimabilanz weiter verschlechtern. Abschiebung aller Flüchtlinge in ihr Heimatland, denn in der Regel beträgt ihr ökologischer Fußabdruck dort nur einen Bruchteil von dem, den sie in Deutschland verursachen.

Sollte Ihnen trotz meiner gegenteiligen Bemühungen das Lachen im Hals steckengeblieben sein, dann sehen Sie bitte auch darin etwas Gutes. Ausatmen ist klimaschädlich! Hören Sie damit so früh wie möglich auf. Auch bei folgendem Sachverhalt: Die Ortsgruppe Frankfurt von Fridays for Future stellte die Frage „Was würdet ihr gerne als erstes ökologisch enteignen?“

Die Antwort kam prompt in einem Wort: „Reemtsma“, die millionenschwere Erbengemeinschaft, die ihrem Mitglied Luisa Neubauer ein von jeder irdischen Daseinslast befreites Politisieren ermöglicht in ihrem sorgenfreien Leben.

In diesem Sinne: Freuen Sie sich auf die schöne grüne Welt, in schwarzhaben wir sie ja schon mal zum Angewöhnen.

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