Tichys Einblick
Lokführerstreik

Die Bahn – ein Sinnbild der Ampel und Zerrspiegel des Zustands

Elf Prozent höherer Lohn für rund zehn Prozent weniger Arbeitszeit, plus Inflationsausgleich. Die Lokführer zeigen, worum es im Ampel-Deutschland geht: um Stillstand, der mit mehr Geld aus der Staatskasse finanziert wird.

Leerer Bahnsteig im Hauptbahnhof Hamburg kurz vor Beginn des Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), 07.12.2023

IMAGO / Hanno Bode

Die Bahn war immer schon ein Sinnbild der Deutschen – die Ludwigseisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth transportierte als erstes Frachtgut 1836 zwei Fässer Bier. Reichsgründer Otto von Bismarck, den grüne Bundestagsabgeordnete für eine Fischsorte halten, nutzte die Bahn als Klammer für die Reichsgründung und militärstrategische Waffe, die 1871 Frankreich in die Knie zwang.

Pünktlichkeit und Präzision waren deutsche Tugenden, auch Untertanengeist; von Lenin stammt das Bonmot, dass die Deutschen vor der revolutionären Eroberung eines Bahnhofs erst eine Bahnsteigkarte lösen. Heute würden Revolutionäre durch die Komplexität lokaler Tarifzonen ausgebremst. Die Ampel-Koalition hat das Deutschland-Ticket erfunden, um entgegen aller feinsinnigen Verkehrswaben, unübersichtlicher Streckenteilberechtigungsabschnitte und Streifenkarten-Fallen die Mobilitätswende weg vom Auto hin zur angeblich umweltfreundlichen Bahn zu befördern und spuckt dafür viel Geld aus, das sie nicht hat.

Wie eben immer: Viel Geld, das man nicht hat, für Gutes

Es ist so gekommen, wie alles bei der Ampel kommt: viel Geld, das man nicht hat, für viel eingebildet Gutes, was zum Total-Flop führt. Die Schweizer Bahnen verbieten der Bundesbahn die Durchfahrt zum Basler Hauptbahnhof, weil die ständige Verspätung nur den Fahrplan durcheinander bringt. Die Schweizer Bahnen fuhren am Schnee-Wochenende fahrplangenau durch Berg und Tal bei rund 60 Zentimeter Schnee, die Bundesbahn stellte den Verkehr ab 30 Zentimeter sicherheitshalber schon im Flachland komplett ein – lokal, regional, überregional. Protzte früher die Bahn mit „Alle reden vom Wetter, wir nicht“, so gelten heute Frühling, Sommer, Herbst und Winter als Feinde der Pünktlichkeit. Irgendwas ist immer, bloß die Ausreden wechseln.

Trotzdem will die Ampel Milliarden in den Ausbau des maroden Klumpenrisikos stecken, wobei die angefangenen Baustellen bald stehen könnten, weil das dafür vorgesehene Geld im allgemeinen Haushaltschaos untergehen könnte und jeder Plan um ein Vielfaches teurer wird: Aus dem Klimatransformationsfonds fehlen 5,3 Milliarden für 2024; der Stuttgarter Bahnhof wird nicht rechtzeitig fertiggestellt und soll sich dafür noch mal um zwei auf 11 Milliarden Euro verteuern, nachdem schon vorherige Kostensteigerungen legendär sind: Ursprünglich sollte er 4,5 Milliarden kosten. Verdoppelung und Verspätung – das wahre Bahnticket.

Die Bahn kann es nicht, sie hat kein Glück und dann kommt noch das Pech in Form des Verkehrsministers Wissing von der FDP-Ampel dazu. Kein Wunder, dass die frustrierten Lokführer den Frust nur noch 35 Stunden ertragen wollen pro Woche und für die verkürzte Arbeitszeit um 10 Prozent lieber 11 Prozent Steigerung ihres Schmerzensgeldes verlangen, nebst Inflationsausgleich, finanziert mit ohne Schuldenbremse.

Der Kunde lacht und freut sich 

Es gibt Tage, da merkst Du, was alles schief läuft, und lachst, weil Du alles richtig gemacht hast. Nämlich genau andersherum, als die Ampel es will. Der Umstieg von der Bahn ins Auto lohnt, und zwar in ein richtiges. Zum Beispiel, weil der Diesel in der Garage steht, und nicht so ein E-Mobil. Ein solches mag ja gut zu gebrauchen sein in Shanghai, wo es warm ist und Bus, S-Bahn und Transrapid funktionieren.

In Deutschland, wo es trotz Klimaerwärmung kalt werden kann und die Bundesbahn nicht fährt, wärst Du verratzt. Man lernt von wütenden E-Auto-Fahrern, dass auch Batterien geheizt werden müssen wie früher die Dampflok und die Reichweite schrumpft. Meine vorgesehene Reise würde also 5-mal Aufladen für 500 Kilometer erfordern. Mein Diesel fährt mit einer Tankfüllung hin und zurück, oder spart 10 lange, kalte Wartezeiten an der E-Tankstelle. Die Mobilitätswende gerät zur Horrorvision.

Ohne Auto geht es nicht. Erst streiken die Lokführer, dann braucht die Bahn Tage, bis der Verkehr wieder läuft. Dann schneit es, und es fährt gar kein Zug. Es schneit zwar nur einen Tag, aber die Schneeräumarbeiten dauern fünf Tage. Auch die S-Bahn fährt nicht, die Regionalbahn sowieso nicht. Kaum geräumt, streiken wieder Lokführer. Zwar erst ab 22 Uhr, da könntest Du eigentlich schon zu Hause sein. Aber sicherheitshalber stellt die Bahn den Verkehr schon ab 18 Uhr ein. Gut, dass Du den Diesel hast; bei seinem Verbrauch sparst Du sogar noch. Denn die Bahn, die nicht fährt, ist dafür teuer.

Das ist die Mobilitätswende in Deutschland – E-Autos ohne Strom, Bahn ohne Fahrt, Flugzeuge, die nicht fliegen. Rudolf Diesel und Carl Benz sei es gedankt, dass wir noch fahren. Die EU will uns zwar in eine Bahn zwingen, die nicht fährt, und in ein E-Auto, das steht, wenn man es braucht. Aber noch laufen Diesel und Benz.

Die Bahn wiederum hat ein neues Geschäftsmodell im Test, derzeit nur in München und Südbayern. Es geht um Stehzüge. Sie stehen in Bahnhöfen und werden von Öko-Strom beheizt. Dort können sich frierende Kunden aufwärmen. Eine wunderbare Idee. So werden Wohnungen frei, und wir brauchen ja solche für anspruchsvolle Dazukommende. Die schon Dagewesenen bevölkern dafür die Stehzüge. Nur die Toiletten sind ein Problem, weil überfüllt. Der Gang zur Bahnhofstoilette führt in die Kälte und an streikenden Lokführern vorbei. Der Verkehr könnte als Schienenersatzverkehr per Elektro-Bus von Bahnhof zu Bahnhof ersetzt werden. Während der Bus auflädt und vorheizt, wärmen sich die Passagiere in den früher als ICE benutzten Stehzügen auf.

Großzügig bietet heute, in der Transformationsphase der Ampel, die Bahn Reisenden eine Stornierung für stillgelegte Züge an. Allerdings ist die nigelnagelneue App nicht in der Lage, die Stornierung entgegenzunehmen. Entnervte Nicht-Bahnfahrer belagern die Service-Schalter und Telefonleitungen. Vermutlich wird das dort beschäftigte Personal auch bald in den Streik treten, bei der Arbeit kein Wunder, dass der Bahner den Bettel hinschmeißt. Gegen Lohnsteigerung, selbstverständlich.

Und so geht der Zeitgewinn durch den PKW drauf durch Versuche, die abgelockten Fahrscheine zu retournieren. Betrug als Bahnprinzip?

Die Bahn ist eben ein Spiegel Deutschlands.


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