Tichys Einblick
Einmal SPD-KPD und zurück

Warum ich für Kevin Kühnert als Vizevorsitzender der SPD bin

Kühnerts Wahl wäre richtig und folgerichtig für die traurige Ruine, die einst eine stolze Partei war. Für Kühnerts Wahl zum Parteivize existieren mehrere schlechte Gründe.

Kevin Kühnert

Jens Schlueter/Getty Images

Kevin Kühnert, Bundevorsitzender der Jusos, bewirbt sich um den Posten des Vizevorsitzenden der SPD und Ralf Stegner zieht seine Kandidatur zurück, um den Weg für den Juso-Chef freizumachen. Damit ist Kühnert der Kandidat der Parteilinken für die auf drei Vizes verkleinerte Stellvertreterrunde – und besitzt damit gute Erfolgsaussichten.

Kühnerts Wahl wäre richtig und folgerichtig für die traurige Ruine, die einst eine stolze Partei war. Für Kühnerts Wahl zum Parteivize existieren mehrere schlechte Gründe:

1. Das Mitgliedervotum für die Linksausleger der Partei, Esken und Walter-Borjans, ist ein Erfolg der Jusos. Weshalb sollen sie dafür nicht belohnt werden?

2. Seit Beginn der Groko gelingt es den Jusos immer besser, die desolate und inhaltlich entkräftete SPD mit bis ins linksradikale spielenden Forderungen vor sich her zu treiben. Weshalb sollten die Jusos nicht auch die Verantwortung für die Restpartei übernehmen, die sie ohnehin schon inhaltlich dominieren?

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3. Die SPD ist eine Partei ohne Inhalt, weil sie ihre Kernkompetenz für die soziale Frage längst verloren hat, mehr noch, ihre Funktionäre wissen nicht einmal mehr, was Sozialität und soziale Frage bedeutet. Nirgends wird das deutlicher als in dem Versuch, den Bürger zu einem entmündigten Objekt einer ausufernden Sozialbürokratie zu machen. Diese staatsparternalistischen Vorstellungen sind freiheitsfeindlich und in der Tendenz kommunistisch. Warum also nur in der Tendenz kommunistisch sein?

4. Die Forderungen der Jusos nach einer Verkehrs-GEZ, die Absicht, den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit, der im übrigen eine Schimäre darstellt, aufzulösen, indem der allmächtige Staat mit seinen dann allmächtigen Funktionären zum Zentralunternehmer wird, ist reaktionär und entspringt kommunistischem Gedankenungut.

Die SPD ist auf dem Weg, noch den letzten Sozialdemokratismus zu verlieren. Übrig bleibt eine Ansammlung von Funktionären, die aus Konzeptionslosigkeit einer neuen, im Grunde aber sehr alten und inzwischen reaktionären Idee folgen werden, die von den Jusos aus der Giftküche der Geschichte gewonnen wird. Man muss es ganz klar sagen: die SPD ist auf dem Weg, eine kommunistische Partei zu werden und die Linke noch links zu überholen. Ihren Wirklichkeitsverlust sucht sie im Delirium der Phrasen zu vergessen. Sie ist intellektuell auf dem Niveau eines Call-Centers angekommen. Deshalb ist die Wahl von Kevin Kühnert zum Parteivize nur konsequent. War die KPD nicht einst eine Abspaltung der SPD? Heute allerdings existiert nichts mehr, von dem sich radikale Parteimitglieder abspalten müssten, sie haben die Partei übernommen.

Wie schrieb doch Karl Marx in „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“: „Hegel bemerkt irgendwo, dass alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen hinzuzufügen: das eine Mal als große Tragödie, das andre Mal als lumpige Farce.“