Die öffentliche Diskussion über den Zustand der Bundeswehr hat sich bislang auf die zahlreichen hinkenden Projekte – insbesondere den surrealen Fall der Gorch-Fock-Sanierung – konzentriert und die operativen Einsatzmängel problematisiert. Dabei geriet der kürzlich unter strikter Geheimhaltung von Generalinspekteur Zorn an den Bundestag weitergeleitete Bericht zur Einsatzbereitschaft der verschiedenen Waffensysteme in den Mittelpunkt des Medieninteresses. Denn einerseits war verwunderlich, dass dieses Dokument dem Bundestag, wo es im Verteidigungsausschuss beraten werden sollte, zugeleitet wird, aber wegen seiner Vertraulichkeit die im Brennpunkt stehenden Fragen gar keiner Diskussion zugeführt werden dürfen. Andererseits sind die bekannt gewordenen Zahlen zur Einsatzbereitschaft so problematisch, dass sie im Interesse der Bündnisfähigkeit Deutschlands und seiner Glaubwürdigkeit der öffentlichen Aussprache bedürfen. Wie konnte es überhaupt passieren, dass unter der langjährigen Ministerin ein Leistungsabfall der Streitkräfte stattgefunden hat, der nur noch mitleidiges Lächeln bei Freund und Feind sowie Frust und schließlich Zorn bei der Truppe auslöste?
Hatten die Vorgänger Dr. von der Leyens noch dafür gesorgt, dass der Generalinspektor hierarchisch aufgewertet wird, um international mit seinen opposite numbers gleichzuziehen und innerhalb der Bundeswehr gerade gegenüber dem Egoismus der Teilstreitkräfte mit ihren Inspekteuren für Streitkräftebasis, Marine, Luftwaffe und Heer durchzugreifen, so fand bereits unter dem dauerhaft amtsmüden Zorn-Vorgänger Wieker der institutionelle Niedergang statt. Von der Leyen hatte dessen Willfährigkeit schnell erkannt und machte ihn mit viel Elogen – „unser Generalinspekteur“ – zu ihrem Büttel.
Auch bei der Ernennung zum Inspektor der Luftwaffe galten Loyalität und Nähe zur Leyen-Truppe mehr als Meriten. Der jetzige Amtsinhaber, Inspekteur der Luftwaffe Ingo Gerhartz, war noch 2013 Referatsleiter dann später Büroleiter des GI. Von dort führte der Weg direkt zur jetzigen Position im Rang eines Generalleutnants. Der einstige, nicht gerade langjährige Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr Stawitzki – schon in dieser Position mangels akademischer Bildung nicht unumstritten – darf sich nun in der ultra-wichtigen Position des Abteilungsleiters Planung im Verteidigungsministerium üben.
Wer den Neuanfang im Verteidigungsministerium wagen will, der wird nach Abdankung der Ministerin auch die Leyen-Spielschar entlassen müssen. Denn die Truppe verdient endlich einen Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt (IBuKG), der fähig und willens ist, das Risiko gewagter Entscheidungen und nicht etwa nur deren große Verkündung auf sich zu nehmen. Wer immer der gescheiterten Ministerin nachfolgen wird, es gilt für ihn die Maxime: Mehr Preußen wagen!