Tichys Einblick
Überall Saboteure am Werk:

Robert Habeck sucht nach Schuldigen für den Niedergang

Robert Habeck spricht von Merkel, von Putin, gar vom Faschismus, um von der schlechten Wirtschaftslage in Deutschland abzulenken. Mit jedem politisch verursachten Verlust an Wirtschaftskraft verlieren wir an Demokratie, denn Robert Habecks Subventions- und Planwirtschaft wird sich nicht realisieren lassen.

IMAGO / Karina Hessland
Der Verlust des Erinnerungsvermögens dürfte in der Ampel-Regierung inzwischen epidemisch sein. Noch im September 2023 warnte Robert Habeck im Deutschen Bundestag davor, den Standort Deutschland schlecht zu reden. Bei seinem Besuch der Handwerksmesse in Leipzig nun schätzte er ein, dass sich die deutsche Wirtschaft „dramatisch schlecht“ entwickle. Der Mann muss es wissen. Wenn es auch nicht beabsichtigt war, so hat er es doch bewerkstelligt, denn die Talfahrt der deutschen Wirtschaft ist die unmittelbare Folge seiner Wirtschaftspolitik nach Mazzucato.

Vor der Wahl 2021, die sich immer mehr als Schicksalswahl der Deutschen entpuppt – wir dürfen froh sein, wenn wir nach dieser Legislaturperiode wieder zur vollständigen, repräsentativen Demokratie zurückkehren dürfen –, bereits im Jahr 2019 hat Habeck gegenüber Bild erklärt: „Wir können unsere Industriegesellschaft auf der Basis von erneuerbaren Energien aufbauen. Wir können durch die Digitalisierung Güter miteinander teilen, sodass wir weniger Rohstoffe brauchen. Wir können sagen: ,Hey, wir bauen ein reiches Industrieland um. Das kann gelingen?‘“

In der Pandemie hat der Oppositionspolitiker Robert Habeck sich bei Hart aber fair noch gefreut, dass man eine ganze Volkswirtschaft herunterfahren kann – und zwar aus ethischen Motiven. Das Herunterfahren der Wirtschaft, man nennt es übrigens Deindustrialisierung, die Verwandlung von Reichtum in Armut – ausgenommen bei grünen Funktionären und NGO-Alimentierten – gelingt ihm in rekordverdächtig kurzer Zeit.

Auf dem Wahlparteitag der Grünen 2021 gab Habeck die wirtschaftspolitischen Ideen der Vulgärmarxistin Mariana Mazzucato so zum Besten: Die öffentliche Hand, der Staat gibt vor, wo auch Bürger und Unternehmen zu investieren haben. Die freie Marktwirtschaft sei wichtig, aber nur wenn der Staat dafür sorgt, dass „die großen Kräfte der Märkte, der Marktwirtschaft in die richtige Richtung laufen – und dann brauchen wir alle die Freiheit der Märkte, die Kreativität der Unternehmerinnen und Unternehmer“. Habeck glaubt wie andere an die unbefleckte Empfängnis wirklich daran, dass diese öffentlichen Investitionen einen „gigantischen Weg von weiteren privaten Investitionen“ „schieben“ werden, weil der Staat das allein nicht schafft. Man könnte Mazzucatos redundante Wirtschaftslyrik in dem kurzen Satz zusammenfassen: Der Staat befiehlt, die Wirtschaft folgt.

Beistand für Habecks Verelendungspolitik leistet Parteifreundin Katrin Göring-Eckardt, nicht weniger erfahren und beschlagen in der Welt der Ökonomie als Robert Habeck, wenn sie das Hohelied der Verarmung des Volkes singt: „Es geht zentral um die Frage, wie wir wachsen wollen, wenn wir in Zukunft mit weniger natürlichen Ressourcen auskommen müssen, also auch darum, wo wir schrumpfen wollen.“ Im Klartext: Es geht nicht um das Wie, sondern darum, wen die Grünen verarmen lassen wollen, und zwar die Deutschen. Diejenigen, die arbeiten, weil sie durch ihre Arbeit den Schrumpfungsprozess, das grüne Wachstum, grünes BIP genannt, sabotieren. Denn der Wachstumsbegriff, der für die Meisterökonomin mit dem abgebrochenen Theologiestudium „nur von Wirtschaftsdaten“ ausgeht, ist für sie „eigentlich nicht aussagefähig“. Es geht stattdessen um Zufriedenheit, und Zufriedenheit wird an der grünen Ideologie gemessen.

Man kann wirklich viel gegen die Wirtschaft der DDR einwenden, doch wollten die ostdeutschen Ökonomen eine prosperierende Wirtschaft, damit alle ein gutes Leben führen können – sie haben es nur mit den falschen Mitteln versucht. Sie bauten eine im Krieg zerstörte Wirtschaft wieder auf. Bei den Grünen, bei Robert Habeck ist es indes umgekehrt: Sie zerstören im grünen Wirtschaftskrieg gegen das eigene Land eine prosperierende Wirtschaft. Schuld an den dramatisch schlechten Wirtschaftsdaten ist laut Robert Habeck natürlich der reaktionäre Mensch, der alte Adam und dessen Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit, die mangelnde Bereitschaft, dem Staat bei seinen gigantischen Investitionen in den Habeck-Komplex zu folgen und ihn womöglich sogar zu überholen. Die öffentliche Hand, der Staat mag zwar gigantische Investitionen, Subventionen genannt, tätigen, doch die Bürger und Unternehmen folgen nur, wenn sie entmündigt und gezwungen werden wie in Habecks Gebäudeenergiegesetz, dem ein Hautgout von Kriegskommunismus anhaftet.

Über Habecks Fähigkeit zur Erkenntnis der Wirklichkeit ist alles gesagt, wenn man sich erinnert, dass die Bundesregierung im Herbst 2023 ein Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent für 2024 prognostizierte. Nicht nur ich habe dem damals widersprochen. Nun korrigierte Habeck auf der Handwerksmesse in Leipzig seine eigene Prognose von 1,3 Prozent auf 0,2 Prozent. Mit sorgenumwölkter Stirn, als sei das ein Verhängnis, das von außen kommt, und als habe er damit so rein gar nichts zu tun, barmte er, dass die Entwicklung „dramatisch schlecht“ verlaufe. Und: „Das ist eine wahrlich schlechte Lage.“

Doch wie ein Schüler, der seinen Eltern die Note Sechs im Rechnen erklären muss, benennt er beredt Schuldige über Schuldige: Merkel, Putin, die Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit, die Bürokratie, die er allerdings stündlich vergrößert, den Fachkräftemangel, den die Grünen durch die Turboeinwanderung in die deutschen Sozialsysteme beheben wollen. Im Weltbild Robert Habecks dürften alle schuld am wirtschaftlichen Niedergang sein: Sonne, Mond und Sterne, die AfD, Hans-Georg Maaßen, bald schon Sahra Wagenknecht, Newton und Einstein, weil sie keine nachhaltige Physik erfunden haben. Und wie der Schüler, der seinen Eltern die Sechs erklären muss, wird nur einer ohne Schuld sein – er, Robert Habeck.

Nichts wird Robert Habeck an seinem Kurs ändern, auch wenn jetzt schon klar ist, dass die 0,2 Prozent Wachstum so wenig mit der Realität zu tun haben wie zuvor die 1,3 Prozent Wachstum für dieses Jahr. Die Wirtschaft wird weiter schrumpfen, der Rezessionsminister wird weiter an der Deindustrialisierung, also am grünen Wachstum arbeiten. In Leipzig hat er der Wirtschaft die Ansage gemacht, dass die Unternehmen sich mit Habecks Gegebenheiten abzufinden haben, denn es „kann sich in Deutschland nur etwas bewegen, wenn wir alle ein Stück weit von unseren Komfortplätzen wegkommen“. Das Handwerk solle „nach vorn schauen“. Doch vorn ist die Höhle, der Mangel. Habecks Argumentationskunst besteht einzig darin, allen anderen vorzuwerfen, was nicht sie, sondern er macht. Denn auf Komfortplätzen sitzen in Deutschland nur noch Habeck und die seinen.

Das Bundeswirtschaftsministerium hat es nur in einem zu einer wahren Meisterschaft gebracht: den Minister nicht mit anderen Meinungen zu konfrontieren, nur, wie am Abend in Leipzig, ihn von Journalisten befragen zu lassen, die sich eher wie Groupies denn wie politische Journalisten aufführen, keine kritischen Nachfrage stellen, keinen Widerspruch wagen. Auch am Bürgerdialog nahmen ausgewählte Bürger teil und die Fragen und Wortmeldungen wurden im Vorfeld von der Zeitung sortiert. Habeck spricht von Diskussion, von Argumenten, von Demokratie, doch er verweigert sich jeder echten Diskussion. Wenn eine droht, flieht er oder verbarrikadiert sich auf einer Fähre. Die Wahrheit über Robert Habeck teilt sich in Habecks Flucht vor dem Volk mit. Der wahre Robert Habeck ist der Robert Habeck der Fähre.

Er sollte sich ein Beispiel an seinem Kollegen und Parteifreund Cem Özdemir nehmen. Aber stattdessen nuschelt Habeck im Ulbricht-Sound: „Es ist etwas ins Rutschen geraten: Dinge sind sagbar geworden, die vor Jahren nicht sagbar waren: Morddrohungen, Gewaltaufrufe, Verunglimpfungen von Menschen, Kommunalpolitiker*innen wie anderen, Gleichsetzungen von Menschen mit Tieren, Ausrottungsfantasien, die Sprache des Faschismus.“ Kritisiert er den Gebrauch der Sprache nur, wenn er sich gegen Grüne, nicht aber, wenn er sich gegen die CDU oder die CSU, gegen die Freien Wähler oder die AfD richtet?

Wenn Robert Habeck sich einmal die Debatten der sechziger und siebziger Jahre im Bundestag anschaute, würde ihm auffallen, wie lebendig diese Debatten waren. Doch man gewinnt den Eindruck, dass grün zu sein, Narzisst zu sein bedeutet und bedeutet, keinen Widerspruch zu ertragen. Besteht für Robert Habeck die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung aus „Faschisten“? Ist es Faschismus, wenn man von seiner Hände oder seines Kopfes Arbeit gut leben möchte und man will, dass seine Kinder noch eine Zukunft in diesem Land haben? Ist es Faschismus, eine funktionierende Wirtschaft einer klimaneutralen Wirtschaft, also ein echtes einem grünen Wirtschaftswachstum vorzuziehen? Sind Proteste wie in Biberach undemokratisch, die Aufmärsche für die Regierung aber demokratisch? Kommt es nur noch darauf an, von wem etwas gesagt wird, nicht was?

Man weiß nicht, wie Robert Habeck durch das Germanistikstudium gekommen ist, wenn er behauptet: „Aber Sprache schafft Wirklichkeit. Was gesagt wird, wird irgendwann Realität.“ Vielleicht hat er den Unfug bei Judith Butler oder Louis Althusser, der seine Frau erdrosselt hat, gelesen. Es wäre für ihn und das Land besser, wenn er zurücktreten und sich mit Austin und Searle, mit Juri M. Lotman und Roman Jakobson beschäftigen würde, mit den Sprachfunktionen beispielsweise, mit Sprachwissenschaft, bevor er sich über Sprache äußert. Noch besser wäre es allerdings, wenn er Karl Popper, Hannah Arendt und John Stuart Mill studieren würde.

Doch wer verlangt, dass alle, „die in Mikrophone sprechen, also auch die Politiker und Politikerinnen, sich fragen, ob sie alles dafür tun, den Raum des demokratischen Meinungsstreites offen zu halten oder ob sie ihn abschließen, indem sie mit ihrer Sprache Menschen ausschließen“, verlangt nach Zensur. Ist es nicht Robert Habeck, der Menschen ausschließt, beispielsweise die Bauern. Schließt Robert Habeck mit dieser Forderung nach der Stasi in uns nicht den Raum des demokratischen Meinungsstreites? Wie wäre es mit einer fairen Diskussion mit Alice Wedel oder mit Sahra Wagenknecht über Fragen der Wirtschaft? Ein Gespräch mit Bauern, eine Diskussion mit einem nicht handverlesenen Publikum?

Doch der Grund, warum Robert Habeck von „Faschismus“ spricht, liegt darin, abzulenken von der „dramatisch schlechten“ Entwicklung der Wirtschaft, der wirtschaftlichen Situation der Unternehmen und der Privatleute, die er, und nur er zu verantworten hat. Doch Robert Habeck wird darüber nicht diskutieren, wie er mit den Bauern nicht diskutieren will, weil Fakten aus seinem „Raum des demokratischen Meinungsstreites“ verbannt sind. Die Wahrheit ist sehr einfach und historisch approbiert: Mit jedem staatlich verursachten Verlust an Wirtschaftskraft verlieren wir an Demokratie, denn Robert Habecks Subventions- und Planwirtschaft wird sich nicht unter demokratischen Verhältnissen realisieren lassen. Am Ende baut man dann eine Mauer, einen antifaschistischen Schutzwall.