Tichys Einblick
30-Prozent-Quote für Migranten

Öffentlicher Dienst in Hannover: Quote statt Eignung, Befähigung und Leistung

Die Stadt Hannover will den Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund auf durchschnittlich 30 Prozent jedes Einstellungsjahrgangs erhöhen. Da stellen sich Fragen: Wie belegt ein Bewerber seine Herkunft? Mit einem Nicht-„Kartoffel“-Nachweis? Was sagt die Antidiskriminerungsbeauftragte dazu?

Neues Rathaus in Hannover

IMAGO/Olaf Döring

Man muss ja nicht jeden Tag mit dem Grundgesetz unter’m Arm herumlaufen. Das hat der damalige Bundesinnenminister Hermann Höcherl (CSU) 1963 einmal gesagt. Stimmt. Aber man sollte doch gelegentlich einen Blick hinein werfen. Vor allem, wenn es um weitreichende politische Entscheidungen geht. Zum Beispiel könnte der Oberbürgermeister von Hannover einmal nachlesen, was in Artikel 33 (2) des Grundgesetzes steht: „Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.“

Warum Hannover? Warum schon wieder Hannover? Reicht es nicht, dass die niedersächsische Landeshauptstadt seit Ende 2018 Frontstadt bei der Einführung einer für alle 11.000 kommunalen Bediensteten verbindlichen „Genderfibel“ ist?

Offenbar nicht. Denn Hannover gibt sich jetzt wieder total woke: Mit einem 53 Seiten starken Integrationsplan und dem umwerfend originellen Titel „Wir 2.0“ soll der Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund in der Verwaltung auf durchschnittlich 30 Prozent jedes Einstellungsjahrgangs erhöht werden – insbesondere in leitenden Funktionen.

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Gemeint sind „Menschen mit internationaler Geschichte.“ Erarbeitet hat diesen Plan innerhalb von zwei Jahren ein 80-köpfiges „Kuratorium aus Vertreter*innen von Verwaltung und Stadtgesellschaft“. Das Ganze natürlich unter den wohlwollenden Augen des Oberbürgermeisters Belit Onay (Grüne). Der 2019 gewählte OB erfüllt diese Vorgabe übrigens bereits. Eine „diverse“ politische Vergangenheit hat er ohnehin hinter sich: Anfangs war er Mitglied der SPD, als Student gehörte er dem CDU-nahen Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) an, jetzt ist er ein Grüner. Und er hat türkische Wurzeln, ist zwar 1981 in Goslar geboren, besitzt aber wegen seiner Eltern und seines Geburtsorts die deutsche und die türkische Staatsangehörigkeit. Er könnte also auch Oberbürgermeister von Istanbul werden, wie es Erdogan in den 1990er Jahren einmal war.

Auf Seite 90 des Maßnahmenkatalogs lesen wir dann: Die Landeshauptstadt „erhebt bisher nur, ob ihre Beschäftigten eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit haben und/oder im Ausland geboren sind …“ Nun soll als einmalige Ersterhebung eine Umfrage bei allen Beschäftigten zu ihrer Migrationsbiografie durchgeführt werden. Um eine möglichst hohe Rücklaufquote zu erreichen, soll diese Maßnahme „mit motivierenden Botschaften durch den OB, die Dezernent*innen und den GPR begleitet werden, die Sinn und Ziel dieser Umfrage verdeutlichen“.

Eine wichtige Frage freilich ist damit noch nicht beantwortet: Wie weist ein Bewerber nach, dass er einen Migrationshintergrund hat? Wie viele Generationen voraus soll dieser Migrationshintergrund reichen? Muss ein Bewerber eine Geburtsurkunde von Eltern oder Großeltern oder Urgroßeltern vorlegen? Von beiden oder nur einem Elternteil?

Seltsam: Irgendwie werden wir den Verdacht nicht los, dass hier eine Art Ahnenpass mit Nicht-„Kartoffel“-Nachweis eingeführt werden könnte. „Kartoffeln“ – das sind nach den Worten von Ferda Ataman bekanntlich die nicht eingewanderten Deutschen.

Apropos Ferda Ataman: Wäre die Diskriminierung von nicht eingewanderten Deutschen und die Privilegierung von zugewanderten oder Nicht-Deutschen nicht ein Thema für die aktivistische Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes? Sie sucht doch nach immer neuen Opfergruppen?

Nein, damit es klar ist: Quote verstößt gegen das Demokratieprinzip. Das hat noch nicht einmal die CDU kapiert, die nun für das eine Viertel weiblicher Parteimitglieder eine 50-Prozent-Quote in führenden Ämtern eingeführt hat.

Und die ganze Sache verstößt gegen Grundgesetz Artikel 33: siehe oben. Es geht in öffentlichen Ämtern um Eignung, Befähigung und Leistung – um nichts anderes. Allerdings wissen wir, dass auch an diesen drei Kriterien gedreht wird, wenn es quoten- und migrationspolitisch opportun erscheint.