Tichys Einblick
Nach der Entkernung der Fußtritt

Merkel demütigt die CDU

Angela Merkel ist an einer Wahlniederlage der CDU gelegen, weil sie sich nur unter Baerbock und Co eine Fortsetzung ihres Kurses immer weiter weg vom Wertesystem der alten Bundesrepublik, und damit ihres Weges, erwarten kann.

IMAGO / Political-Moments

„Die Worte höre ich wohl, doch mir fehlt der Glaube.“ Nur ein Naivling hätte nicht so gedacht, als Angela Merkel bei ihrem Rücktritt vom CDU-Vorsitz 2018 nahezu pathetisch versprach, sich nicht mehr in die Dinge ihrer Partei einzumischen, und zugleich ihre Mitstreiterin Annegret Kramp-Karrenbauer auf ein abzusehendes Himmelfahrtskommando schickte. Die stets kühl-überlegende Dame aus dem Osten hatte die einstige Partei Konrad Adenauers und Helmut Kohls längst nach ihrem Gusto umgeformt. Aus einer einst christlich-liberal konservativen Partei war eine Mischung irgendwo im Niemandsland zwischen Grünen und SPD entstanden, sämtliche Widersacher waren aus der Partei vertrieben worden. Der Rest übte sich im willigen Abnicken einsamer Entscheidungen in den kleinen und auf Treue eingeschworenen Zirkeln der Macht. Ein perfektes System williger Zuträger stellte sicher, dass der „Rat der Weis*innen“ über jedes geringste Anzeichen von Kritik in den eigenen Reihen informiert wurde. Für Jeden, den der Bannstrahl aus dem Olymp traf, war die parlamentarische Zukunft passé. Nicht zuletzt die von Wahl zu Wahl besonders in den Ländern katastrophalen Wahlergebnisse der CDU, hat es Merkel ratsam erscheinen lassen, die Reißleine zu ziehen. Nur so konnte eine schon seit Jahren überfällige Diskussion über die Misere der Konservativen vermieden werden. Das System Merkel jedoch blieb intakt und drehte, immer wenn es nötig schien, auf.

Koalitionsoptionen
Laschets Kalkül: Baerbock wird Rot-Rot-Grün nicht wirklich wollen
Vorbei war es mit dem Gelübde der Zurückhaltung, als in Thüringen durch ein taktisch-geschicktes Manöver der AfD die CDU plötzlich gemeinsam mit der AfD und der FDP den Ministerpräsidenten-Kandidaten der FDP zum Kurfürsten von Thüringen wählten. Ein unfassbarer Vorgang, der nicht nur den SED-Spitzenfunktionär Ramelow für einen Augenblick die Biedermann-Fassung vergessen ließ, sondern Merkel selbst im fernen Südafrika so auf die Palme brachte, dass sie aus tausenden Kilometer Entfernung Kramp-Karrenbauer zur sofortigen „Rückabwicklung“ der Ministerpräsidenten-Wahl aufforderte. Dazu sei eine kleine Anmerkung gestattet – Grund war das Abstimmungsergebnis von Erfurt, dessen „Rückabwicklung“ sie forderte. Mit dieser SED-Terminologie stieg Merkel just in das Vokabular jenseits der Verfassung ein, welches sie selbst stets der AfD vorwirft. So ganz nebenbei gab sie damit auch ihrer glücklosen Nachfolgerin den Blattschuss.

Doch es geht ja weiter: Bei „Anne Will“ meierte sie nicht nur den eigenen Kanzlerkandidaten Armin Laschet in aller Öffentlichkeit ab, sondern erklärte darüberhinaus, dass niemand ein Abonnement auf das Kanzleramt habe, und auch Andere als die CDU das Recht hätten, dort einzuziehen. Noch niemals in der Geschichte aller Parteien der Bundesrepublik hatte es eine solche Abwertung der eigenen Partei im Wahlkampf gegeben. In der vergangenen Woche legte Merkel nach, indem sie den Wählern klarmachte, wer eine Veränderung der Klimapolitik wolle, müsse dafür die notwendigen Mehrheiten schaffen. Einen großen Korb mit Grünkohl und Gurken (biologisch angebaut, versteht sich) ist das Mindeste, was Annalena Baerbock für diese Wahlhilfe hätte schicken müssen. Den neuesten Bärendienst erwies die, und man muss es wirklich noch mal klar sagen, „Kanzlerin der CDU“ ihren hart gegen die Fortsetzung des Links-Bündnisses in Berlin im Landtagswahlkampf kämpfenden Parteifreunden der CDU, indem sie die zwangsläufig vom Ministeramt zurückgetretene und jetzt unbekümmert die Position des Regierenden Bürgermeisters von Berlin anstrebende Franziska Giffey (SPD) über den grünen Klee lobte und als hervorragende Politikerin adelte. Parteischädigendes Verhalten ist das Mindeste, was selbst das einfachste Mitglied ihr mit Recht vorwerfen kann. Nur, selbst in den höchsten Höhen der Christdemokraten herrscht ängstliches Schweigen.

Aus all dem kann man nur einen Schluss ziehen: Angela Merkel ist an einer Wahlniederlage der CDU gelegen, weil sie sich nur unter Baerbock und Co eine Fortsetzung ihres Kurses immer weiter weg vom Wertesystem der alten Bundesrepublik, und damit ihres Weges, erwarten kann.

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