Tichys Einblick
Journalismus

Medien werden wach – Endlich Investigation zum Versagen des Katastrophenschutzes!

Die Informationsfinsternis lichtet sich langsam. Während die Hauptverantwortlichen die Bilder der Todes-Flut weiter nutzen, um mit "Klimaschutz" abzulenken, wird jetzt auch in deutschen Medien das Versagen der Regierenden im Katastrophenschutz zum großen Thema.

Armin Laschet und Horst Seehofer vor der Presse an der Steinbachtalsperre im Kreis Euskirchen, 19. Juli 2021

IMAGO / Future Image

Selbst schuld, wenn man sich morgens durch elf Zeitungen quält, quergelesen natürlich. Aber man braucht danach weder Kaffee noch Frühstück. Den Arzt/die Ärztin/ oder den Heilenden/die Rettende freut es. Doch das bewahrt nicht vor Herzrasen und dem Schlag in die Magengrube. Heute frage ich mich: Wie weit muss es noch kommen in unserem Land, dass Lüge, Verniedlichung, Verführung, Verschweigen endlich ein Ende haben?

Wo ist der ach so gerühmte und preisgekrönte „investigative Journalismus“? Oder gibt es nur noch das Kartell der Demokratiegefährder, das eisern zusammensteht und die Herrschenden bis zur letzten Patrone verteidigt und deren Presseerklärungen nachplappert – wie die Medizin, wenn es um Kunstfehler und Ärztepfusch geht?

Heute lichtet sich die Informationsfinsternis. Gott sei Dank. Endlich. Etwas wenigstens. Worüber TE oder Bild schon seit Tagen schreiben, kommt nun auch bei den Kollegen an. Ganz oben platziert.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Die Jahrhundertflut mit bisher 165 Toten und noch über 1000 Vermissten ist ein Fanal, ein Menetekel für das Totalversagen der Politik. Die faselt von Klimawandel und Klimaschutz, nicht von Katastrophenschutz und dem bitter nötigen Politikwandel. Vor allem Dreyer, Söder und Laschet, offenbar getrieben vom schlechten Gewissen, dass man ihnen und ihrem Versagen auf die Schliche kommt.

Damit ist es vorbei. Die Süddeutsche (SüZ) titelt: „Massive Kritik am Katastrophenschutz.“ Und sie hebt sogar die meist totgeschwiegene AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel in die Titelgeschichte, so sehr muss Land unter sein. Der Aufmacher des Tagesspiegel füllt die halbe Seite mit drei Wörtern: „Zu wenig Alarm.“ Darunter gleich vier rot-markierte Hammer-Vorwürfe: „Sehr viele Sirenen wurden abgebaut. Kritik wegen fehlender Warnungen. Seehofer sieht billige Wahlkampfrhetorik. Bund verweist auf Zuständigkeit der Länder.“

Merkels FAZ jedoch: „EU und Vereinigte Staaten werfen China Cyberangriff vor“ – man will’s ja nicht übertreiben mit der Kritik, das nächste Frühstück im Kanzleramt wartet. Der Leitartikel jedoch Klartext: „Musste es soweit kommen?“ Die Antwort wird suggeriert, wer hätte das gedacht. Die sonst regierungstreue Funke-Mediengruppe lässt ihre Berliner Morgenpost titeln, die heute auf allen entscheidenden Schreibtischen der Hauptstadt liegt: „Hochwasser-Tragödie: Kritik am Katastrophenschutz in Deutschland.“ Hier werden Tote und Verursacher in wenigen Worten in direkten Zusammenhang gebracht.

Balken-Überschrift Die Welt: „Scharfe Kritik am deutschen Warnsystem.“ Und Bild gnadenlos, bevor auf mehreren Seiten minutiös das tödliche, ja mörderische Versagen der Regierenden und ihrer Behörden knallhart aufgelistet wird: „So wurden die Menschen in der Todes-Flut alleingelassen“ – mit einem herzzerreißenden Foto.

Fest steht: Seit Samstag, 10.Juli, hätte man es wissen müssen und die Bevölkerung warnen und evakuieren können, VIER Tage vor der tödlichen Flut. Laschet machte Wahlkampf und schwadronierte von Klimaschutz in der ARD, Malu Dreyer tat es ihm gleich. Die Große Koalition der Wissenden und damit der Fahrlässigen.

Verschleiss der Infrastruktur
Die Hochwasserkatastrophe zeigt einen weiteren Teil der Staatsverwahrlosung
Und der Chef des Bundesamtes für Katastrophenschutz, der CDU-Funktionär Armin Schuster, einst geschätzt wegen klarer Kante gegen Merkels Flüchtlingspolitik und von ihr in bekannter Manier weggelobt und ruhig-befördert? Er weilte auch dann noch im Urlaub, als wehrlose, alleingelassene Menschen ohne rettende Informationen und Warnungen in den Fluten starben oder alles verloren. Abgetaucht – die gesamte Riege der Verantwortlichen.

WDR und SWR, die öffentlich-rechtlichen Sender der hauptbetroffenen Regionen, müssen laut Staatsvertrag den Behörden im Katastrophenfall ein sogenanntes Drittsenderecht einräumen. Amtliche Gefahrendurchsagen müssen sofort ausgestrahlt werden – hier kommt im Gesetzestext einmal sinnvoll das Wort „unverzüglich“ zur Anwendung. Sie sendeten Popmusik – weil die zuständigen Behörden, so erklären WDR/SWR, „keinen Gebrauch davon gemacht haben.“ Die Landesregierungen, von CDU und SPD geführt, machten keinen Gebrauch – bitte, buchstabieren!

Apropos unverzüglich: Die „Unverzügliche von Thüringen“ weilte in den USA, trank mit Biden auf dem Balkon des Weißen Hauses ein Gläschen Wein und ging mit der Klima- und Gender-Ideologin Kamala Harris frühstücken – sie kam wie geplant (kein Reise-Abbruch) am Tag nach der Flut zurück und landete nicht auf dem Regierungsflughafen Köln-Wahn ein paar Kilometer neben den tödlichen Tragödien von Ahrweiler und Erftstadt. Nein, sie flog nach Berlin und ging kurz vor 19 Uhr erstmal gemütlich Einkaufen. Erst dann brach sie zu Wahlkampf pur für Malu Dreyer auf. Bloß nicht neben dem lachenden Laschet gesehen werden! Ja, es bleibt mir nur dieser Zynismus, sorry. Angesichts von Massensterben und Verwüstung geht es nicht anders.

Den Höhepunkt bietet der politisch Hauptverantwortliche des Bundes für Heimat- und Katastrophenschutz, Innenminister Seehofer (CSU): Er spricht von „schäbiger und billiger Wahlkampfrhetorik.“ Ja, ist es etwa kein Wahlkampf, keine Inszenierung, wenn Söder (CSU) „rein zufällig“ gerade in der Sekunde an der Live-Schalte der „heute“-Reporterin vorbei durch seine oberbayerische Katastrophe stapft?!

Gnadenlos nutzen die Hauptverantwortlichen die Bilder der Todes-Flut, um durch Klima-Blabla vom eigentlichen Thema abzulenken.

Politikversagen
Tagelange Warnungen vor der Flut – und keine politischen Reaktionen
Man stelle sich zum Beispiel vor, es hätte nur noch die von Armin/Markus/Malu/Annalena herbeigesehnte hundertprozentige E-Auto-Flotte gegeben – nur einen Augenblick vorstellen! Klar, wir müssen umdenken, die Geschichte neu schreiben, sie quasi framen, von querdenkender Alter-Weißer-Mann-Wissenschaft befreien: Die verheerende Magdalenenflut von 1342 mit tausenden von Toten, dem Aufkommen der Pest und einer Verwüstung halb Mitteleuropas war natürlich dem C02-Ausstoß der Autos, der Flugzeuge, der Industrie geschuldet, wie konnte man das nur übersehen. Auch die Sturmfluten 1362 und 1634 an der Nordseeküste, auch 1730 die schlimmste Hochwasserkatastrophe im Alpenraum… Alles Klimawandel, alles CO2, alles Erderwärmung!

Was jetzt dank eines (wieder beginnenden) investigativen Journalismus herauskommt, lässt einen nur noch Heulen. Nur ein Beispiel: Die Einwohner von Erftstadt hätten rechtzeitig gerettet werden können. Finnische (!) Satellitentechnik sah den die Stadt verheerenden Bruch des Kiesgruben-Damms voraus, ganze 24 Stunden vor dem Ereignis.

Jetzt ist Hilfe und Trauer angesagt. Zur helfenden Trauerarbeit gehört die schnelle, restlose und konsequente Aufarbeitung der Ursachen und die Anklage der Verursacher. Brutalst möglich, um einen CDU-Spruch zu bemühen. Die bringt es jedoch fertig, durch ihre Verteidigungsministerin mitten in die erschütternde BILD-Strecke hinein eine viertelseitige riesige Anzeige zu schalten, natürlich mit Minister-Foto: „Gedenken 77. Jahrestag des 20. Juli 1944“.

Der Text nennt die Courage der Widerstandskämpfer als „bis heute leuchtendes Vorbild für Haltung und Gewissen gegen jede Art von Extremismus in der Bundeswehr und in unserem Land.“ Jeder weiß, wie diese Begriffe inzwischen eindeutig und ohne jeden Zweifel konnotiert sind. Man hätte auch gleich schreiben können: Vorbild gegen jede Art von Querdenkertum, AfD-Wahl, Regenbogen-Widerstand, Gender-Kritik, Klima-„Leugnung“ (ich kenne niemand, der das Klima leugnet) und Impf-Gegnerei…. Also gegen jeden, der nicht CDU/CSU plus deren Koalitionspartner wählt.

Danke für den Hinweis. In drei Wochen beginnt die Briefwahl, Ende August ist wahrscheinlich alles entschieden. Gibts eigentlich Wahlkabinen und Wahlgeheimnis in den Familien, Partnerschaften, Wohngemeinschaften? Aber das wäre ein neues Thema…

Anzeige