Tichys Einblick
Putin-Connection im Bundesrat

Die verlorene Ehre der Manuela Schwesig

Des Kremls beste Frau in Deutschland hat es an die Spitze eines Verfassungsorgans geschafft. Manuela Schwesig ist Präsidentin des Bundesrats. Wer nach einem Beweis für den umfassenden Werteverlust unseres Polit-Betriebs suchte: Hier ist er.

IMAGO / Metodi Popow

„Wir sind wehrlos, wehrlos ist aber nicht ehrlos.“ Den deutschen Sozialdemokraten mangelt es nicht an großen historischen Momenten, das kann man kaum ernsthaft bestreiten. Und die Rede von Otto Wels im Reichstag 1933 gehört ganz sicher dazu. Unter anderem mit dem anfangs zitierten Satz begründete der damalige SPD-Abgeordnete die Ablehnung seiner Fraktion gegen das sogenannte Ermächtigungsgesetz, das den Weg für die Alleinherrschaft der Nationalsozialisten frei machte.

Mit ihrem Widerstand gegen die Diktatur damals hat sich die SPD bleibende Anerkennung verdient. Die heutigen Sozialdemokraten sonnen sich immer noch gerne im Glanz ihrer aufrechten Vorgänger. Leider unternehmen die modernen Roten wenig bis gar nichts, um das Gedenken an Otto Wels und dessen mutige Mitstreiter nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten in Ehren zu halten.

Schlimmstes Beispiel: Manuela Schwesig.

Die Dame steht jetzt turnusmäßig an der Spitze des Bundesrates. Damit führt sie nicht nur ein Verfassungsorgan, sondern sie ist ganz offiziell die Vertreterin des Bundespräsidenten. Ist Frank-Walter Steinmeier verhindert, dann ist Frau Schwesig unser amtierendes Staatsoberhaupt. So steht es im Grundgesetz.

Es sei ihr eine Ehre, lässt die 49-Jährige im Internet wissen. Normalerweise antwortet man dann höflich: „Die Ehre ist ganz meinerseits.“ Doch im Fall von Manuela Schwesig bekommt ein echter Mensch von Ehre diesen Satz auch bei allerbester Erziehung einfach nicht übers Herz.

Denn gäbe es im deutschen Polit-Betrieb noch so etwas wie Ehre – oder zumindest Werte, oder auch einfach nur Restanstand –, dann wäre die Frau aus dem Norden nicht nur nicht Präsidentin des Bundesrats: Sie wäre auch schon längst nicht mehr Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern. Sie würde überhaupt keine öffentliche Rolle mehr spielen (außer, womöglich, vor Gericht).

Früher nannte man Schwesig „Küsten-Barbie“. Inzwischen nennt man sie „Putin-Barbie“. Der erste Spitzname hat ihr sicher geholfen, weil sie sich dadurch immer als Opfer chauvinistischer Angriffe inszenieren konnte. Der neue Spitzname hilft ihr eher weniger: Denn der ist erkennbar kein chauvinistischer Angriff, sondern eine politische Wertung.

Tatsächlich gilt Schwesig inzwischen als die beste Frau des Kremls in Deutschland. Während sich Gerhard Schröder im Rampenlicht für Moskau in die Bresche warf, zog Frau Schwesig hinter den Kulissen die Fäden – und betätigte sich als eine Art Chef-Lobbyistin für russische Gas-Interessen, vor allem also für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2.

Als die USA im Sommer 2020 die Sanktionen gegen das Projekt verschärften, ließ Frau Schwesig Anfang 2021 eine „Klimastiftung“ gründen. Die sollte mit ihrem vorgeblich klimafreundlichen Anstrich helfen, Nord Stream 2 trotz der Sanktionen fertig zu bauen. Das Ganze war in Wahrheit nichts anderes als ein Etikettenschwindel zugunsten Russlands.

Entsprechend stapeln sich die Unglaublichkeiten rund um die Stiftung. Frau Schwesigs Getreue haben stets beteuert, die Stiftungssatzung sei allein von der Landesregierung verfasst worden. Doch es sind Dokumente aufgetaucht, die nahelegen, dass eine große internationale Anwaltskanzlei daran mitgeschrieben haben könnte – zu deren Mandanten gehörte, ausgerechnet, der russische Staatskonzern Gazprom.

Und als die Stiftung für zwei indirekte Gazprom-Spenden in Höhe von insgesamt 20 Millionen Euro Steuern nachzahlen sollte, verschwanden plötzlich wichtige Unterlagen. Eine Beamtin des Finanzministeriums will sie „in Panik“ verbrannt haben. Frau Schwesigs zuständige Minister haben weder das Parlament noch die Öffentlichkeit darüber informiert. „Der Schweriner Nebel ist also kein Naturphänomen, sondern ein menschengemachtes Klimaereignis“, schreibt die „Welt“.

Präsident der Stiftung ist Frau Schwesigs Vorgänger als Ministerpräsident und ihr politischer Ziehvater: Erwin Sellering (SPD). Er hat mehrfach vor Gericht versucht zu erreichen, dass die Stiftung keine Fragen von Journalisten zur Stiftung beantworten muss – bisher ohne Erfolg. Aber obwohl Frau Schwesig nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine – und nachdem ihre eigene Moskau-Connection bekannt wurde – ankündigte, die Stiftung aufzulösen, gibt es sie immer noch: mit Erwin Sellering an der Spitze.

Rücktrittsforderungen der Opposition gehören zum politischen Geschäft, keine Frage. Aber wohl selten sind sie so plausibel wie im Fall von Manuela Schwesig, die sich ganz offenbar als russische Interessenvertreterin in Deutschland versteht und der dafür auch kaum ein Trick zu schmutzig ist.

„Ehre, wem Ehre gebührt“, sagt das Sprichwort. Manuela Schwesig ist damit ganz sicher nicht gemeint. Und so leid es einem für Otto Wels und sein Vermächtnis tun mag: die SPD auch nicht mehr.

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