Tichys Einblick
Merkel finanziert Islamverklärung

Macron versucht nun, islamische Gegengesellschaften nicht einfach weiter gewähren zu lassen

In Frankreich gibt es den späten Versuch, die Republik vor der islamischen Ideologie zu retten. In Deutschland steht islamapologetischen Eiferern eine ganze Förderlandschaft zur Verfügung.

imago Images/Hans Lucas

Die Öffentlichkeit Deutschlands unterscheidet sich von der in Frankreich: Das galt vor allem als Stil- und Temperamentsfrage. Die Reaktion auf den Mord an einem republikanischen Lehrer in Conflans-Sainte-Honorine durch einen Muslim fällt in Frankreich allerdings so radikal anders aus als in der politischen und medialen Zone Deutschlands, dass es so wirkt, als gäbe es zwischen beiden Ländern kaum noch gemeinsame Nenner. Der Lehrer Samuel Paty hatte mit seinen Schülern am Collège du Bois d’Aulne über Meinungsfreiheit am Beispiel von Mohamed-Karikaturen diskutiert, an denen er erklärte, dass nicht religiöse Gefühle die Grenzen von Veröffentlichungen bestimmen, sondern die Verfassung der Republik. Nach einer Fatwa gegen Paty – ausgesprochen von einem islamischen Prediger, dessen Tochter die Klasse Patys besuchte – exekutierte der 18-jährige nach Frankreich eingewanderte Tschetschene Abdoullah A. den Tötungsaufruf und köpfte Paty am 16. Oktober auf offener Straße.

Dem Mord war schon eine Erschütterung vorausgegangen; Präsident Emmanuel Macron hatte wenige Tage vor der Tat ein ganzes Bündel von Gesetzen angekündigt, mit denen er den, wie er es nennt, islamischen Separatismus bekämpfen und die „verlorenen Gebiete der Republik“ zurückerobern will. Dazu gehört die Einschränkung von ausländischer Moscheefinanzierung, eine Zertifizierungspflicht für alle Imame und eine Einschränkung islamischer Schulen. Unmittelbar nach seiner Rede warfen prominente Islamvertreter in Frankreich Macron Rassismus und Unterdrückung der sechs Millionen französischen Muslime vor.

Nach dem islamistischen Mord an Paty fanden in Paris auf der Place de la République, in Toulouse, Lyon und anderen Städten Demonstrationen von tausenden Bürgen statt.

Außerhalb Frankreichs kam keine von sozialen und klassischen Medien und Organisationen vorangetriebene Demonstrationswelle zustande, wie sie nach dem Tod George Floyds im Polizeigewahrsam in der Form von fast identischen Francise-Protesten durch die gesamte westliche Welt rollte. Aber so etwas wie ein fernes Echo auf die Enthauptung bei Paris klingt durchaus nach. Im Spiegel schrieb Mathieu von Rohr über die zentrale Pariser Protestveranstaltung, die am Mittwoch stattfand, schon vorher: „In keinem anderen europäischen Land kommt es so oft zu spektakulären Gewalttaten radikalisierter junger Muslime – und in kaum einem Land gibt es eine so starke antiislamische Rechte, die von solchen Taten profitieren will. Am Mittwoch soll des toten Lehrers gedacht werden. Aber ob die Veranstaltung die Kraft entfaltet, das zerrissene Land zu einen, ist zweifelhaft.“

„Gewalttaten radikalisierter junger Muslime“ und eine „antiislamische Rechte, die profitieren will“ – das sind bei ihm zwei gleichwertige Kräfte, die an der Republik zerren – weshalb die eben „zerrissen“ ist. Wer radikalisiert die jungen Muslime eigentlich? Die Moscheen, in die sie gehen, werden schließlich nicht von Rechten betrieben. Diese Frage lässt der Spiegel gar nicht erst aufkommen. Und auch nicht die, wer die Teilnehmer der spontanen Kundgebungen nach dem Mord waren. Alles „antiislamische Rechte“? Stattdessen unterstellt der Spiegel-Autor im Bundespräsidententon, es sei die Aufgabe der Kundgebungsteilnehmer, das Land zu „einen“. Wenn das scheitert, dann hätten die republikanischen Demonstranten eben versagt. Ihm kommt es gar nicht in den Sinn, dass diejenigen, die auf die Straße gehen und die Marseillaise singen, eben keine Einheit mit einem Milieu suchen, das die Republik zerstören will. Die Demonstranten wissen, dass Abdoullah A. weder Einzeltäter noch verwirrt war, dass es eine Fatwa gegen den Lehrer gab und ein Klima, in dem diese Mordaufrufe gedeihen. Laut einer Umfrage stellt heute jeder dritte jüngere französische Muslim die Scharia über die Verfassung. Diese Gruppe sieht ihre eigene demographische Zukunft. Sie erwartet von den Republikanern Unterwerfung. Da gibt es nichts zu einen.

In vielen deutschen Verlautbarungen zu dem Mord an Paty und den Protesten fehlt in den Überschriften jeder Hinweis auf den Islam, die Fatwa und den Hintergrund des Täters. Etwa bei Zeit Online (wo sich die neuen journalistischen Standards auch in orthografischer Hinsicht von der Blatttradition lösen):

Für das ZDF handelt es sich um eine „Enthauptung nahe Paris“. Dass der Täter ein Muslim war, kann sich der Nachrichtenkonsument zusammenreimen. Aus der Überschrift und dem Text des heute-journals erfährt er es jedenfalls nicht direkt. Dort ist der von der Polizei erschossene Mörder ein „18jähriger“, die Verhafteten in seinem Umfeld sind „Menschen“ ohne nähere Einordnung.

Screenprint: zdf.de

Im Schreiben von Bundespräsident Steinmeier an Macron zu dem Mord kommt das Wort Islam überhaupt nicht vor, das Adjektiv islamistisch einmal im vierten Absatz und ohne direkten Bezug zum Täter. Ansonsten ist wattig von einem religiösen Umfeld die Rede.

Für Außenminister Heiko Maas ist der Mord „abscheulich“, aber sonst nicht weiter spezifiziert:

Schon gar nicht findet sich bei ihm im Gegensatz zu rechtsradikalen Anschlägen eine Frage nach Hintermännern und Anstiftern. Anders als nach dem Tod von George Floyd stellt er auch nicht die Frage, was die Enthauptung in Conflans-Sainte-Honorine für Deutschland bedeutet. Andere Politiker, etwa SPD-Chefin Saskia Esken, nahmen auf Twitter überhaupt keine Notiz von dem Mord im Nachbarland. Esken und viele andere Angehörige des öffentlichen Erregungskomplexes waren bis eben noch damit beschäftigt, einen spöttischen Artikel über den Pianisten Igor Levit in der „Süddeutschen“ zu verurteilen und als Dammbruch zu markieren, denn Levit zählt zu den Größen des linken Lagers, nicht wegen seines Klavierspiels, sondern wegen seiner Tweets und Talkshowauftritte. Das war, wie man so sagt, der letzte große Aufreger des moralischen Deutschland. Und der verbrauchte offenbar so viel Meinungsenergie, dass für die Enthauptung nebenan nichts mehr übrigblieb.

Bei einem Autor der taz fand sich ebenfalls kein Twitter-Kommentar zu dem Mord, obwohl er zu den Medienmitarbeitern gehört, die mehr auf dem Kurznachrichtendienst als anderswo publizieren: Mohamed Amjahid. Der 1988 geborene Amjahid ist bereits Träger mehrerer Journalistenpreise, Fellow des Thomas Mann-Hauses, eine Förderung, die das von Außenministerium, Kulturstaatsministerin und Stiftungen finanzierte Institut laut eigener Darstellung „Intellektuellen und herausragenden Persönlichkeiten“ zukommen lässt. Er durchlief außerdem das Mentoring-Programm der „Neuen Deutschen Medienmacher“, die wiederum vom Bundeskanzleramt umfangreich finanziert werden.

Amjahid schrieb vor kurzem in der taz unter der Zeile „Hört auf den Koran“ ein Stück über die Islamkompatibilität der Maßnahmen gegen Corona (kein Alkohol, Gesicht bedecken).

Sein Thema behandelt er gewissermaßen in Anführungszeichen; eigentlich schreibt er über einen ehemaligen Klassenkameraden, der in der Schule bei jedem Unterrichtsthema verkündete, das stünde schon so im Koran. Wahrscheinlich, so Amjahid, hätte er das gleiche auch über die Corona-Regeln gesagt. Allerdings schreibt er wiederum nicht mit einem so großen ironischen Abstand, dass ein kritischer Text über das muslimische Überlegenheitsgefühl daraus würde.

„Nun sind Witze über die Islamisierung des Abendlandes während der Pandemie so was von April 2020“, erklärt Amjahid in der taz: „Damals schon wurden Kalifate ausgerufen und vorhergesagt, dass wir bald alle in Burka rumlaufen würden. Diesen Musel-Humor verstehen AfDler*innen gerne falsch und basteln hässliche Instagram-Kacheln daraus. Dabei gibt es natürlich nicht ‘den Islam‘.
Im Gegensatz zu den Weißen, die es als durchweg Privilegierte sehr wohl und sehr pauschal gibt, zumindest in Amjahids Buch „Unter Weißen. Was es heißt, privilegiert zu sein“.

Was den Humor betrifft, den AfDler und andere immer falsch verstehen und zum Kachelbasteln benutzen: davon bietet der preisgekrönte Autor auch etwas, wenn auch in kleiner Dosierung. Amjahids zentrales Thema bei Twitter ist die Polizei, er sendet sehr, sehr viele Kurznachrichten zu dem, was er – mit Hashtag versehen – Polizeiproblem nennt. Die Polizei schlechthin sieht er als überwiegend rassistische Organisation. Er lobt es als Vorbild für Deutschland, wenn sie anderswo verschwindet:

Inschallah.

Obwohl das defunding der Polizei in Minneapolis nicht ganz so stattfand.
Aber jeder versteht, was er sich wünscht.

Was auch für einen Tweet kurz danach gilt. Dort skizziert der Thomas-Mann-Fellow schon einmal kurz die künftigen und jedenfalls von ihm angestrebten Verhältnisse in , wie es Amjahid gern nennt, Almanya:

Als jemand darunter twittert: „Nur über meine Leiche“, antwortet Mohamed Amjahid:
„Ok.“

Das ist bündig, unironisch und unmissverständlich. Und auch wenn er selbst dafür die Konstitution wahrscheinlich nicht mitbringt: Mit seiner Antwort schreibt und denkt er in der Nachbarschaft von Abdoullah A., dem Köpfer von Conflans-Sainte-Honorine.

Denn:

Der Autor, dem, siehe oben, zu dem Mord in Frankreich gar nichts einfiel, verbat sich übrigens nach den Morden in Hanau jede Ablenkung von der rechtsextremen Kartierung des Täters.

Der Journalist, der zumindest auf Twitter auch über Leichen gehen würde, um Almanya in seinem Sinn umzugestalten, ist öfter Gast bei den „Neuen Deutschen Medienmachern“, einem Lobbyverein, der allein 2019 aus dem Fonds der Bundeskanzlerin 1,011 Millionen Euro erhalten hatte. Als Vorsitzende der „Neuen Deutschen Medienmacher“ amtiert Ferda Ataman, eine Art Multifunktionärin, die im Spiegel kommentiert, in öffentlich-rechtlichen Medien zu den beliebten Interviewgästen gehört und bei vielen Regierungs- und regierungsnahen Veranstaltungen mitmischt.

Zu Beginn der Corona-Epidemie twitterte Ataman im März 2020:
„Ich habe irgendwie eine Ahnung, welche Bevölkerungsgruppen in Krankenhäusern zuerst behandelt werden, wenn die Beatmungsgeräte knapp werden.“
Sie unterstellte also, dass medizinisches Personal in Deutschland, sollten Beatmungsgeräte wie in Italien nicht für alle reichen, gezielt Migranten benachteiligen werde. Ihr Tweet war gleich doppelt toxisch. Zum einen, weil sie die Angst vor einer zu keinem Zeitpunkt drohenden Knappheit an Beatmungsgeräten anfachte. Zum anderen durch ihre Unterstellung, das medizinische Personal in Deutschland würde Patienten dann nach ethnischen Kriterien selektieren.
Bei den „Neuen Deutschen Medienmachern“ trat auch die taz-Autorin Hengameh Yaghoobifarah auf, die bekanntlich die Polizei auf die Müllhalde wünscht, den Deutschen ganz allgemein eine Dreckskultur attestiert und auch sonst sehr allgemeine Urteile über die Almans pflegt, die, wenn jemand ähnlich über Muslime schriebe, prompt als Rassismus angeprangert würden:

Weder Ataman noch Yaghoobifarah twitterten übrigens ein eigenes Statement zu dem Mord in Frankreich, sondern begnügten sich jeweils mit einem kurzen Retweet.
Zu dem Rauswurf von Monika Maron bei S. Fischer äußerte sich Ataman dagegen ausführlich, zeigte sich befriedigt darüber und bezeichnete die Autorin als rassistisch, weil sie „pauschale Ressentiments gegen Muslime und ihre Religion“ schüre. Selbstredend ohne jeden Beleg, wo Maron das tut.

Bei Ataman klingt das fast wie die Verteidigung eines Monopolanspruchs: Pauschale Ressentiments schüren, das dürfen nur Leute wie wir. Kleine Scherze versteht die Frontfrau der „Neuen Deutschen Medienmacher“ auch zu platzieren:

Um dann ruhig abzuwarten, bis jemand diesen Tweet wieder völlig falsch versteht, hässliche Social-Media-Kacheln daraus bastelt und Hass & Hetze fabriziert, gegen die wiederum weitere Steuergelder zum Beispiel für Atamans Verein bereitgestellt werden müssen.

Der mit Preisen und Förderung gut versorgte Mohamed Amjahid passt perfekt in dieses Umfeld. Während Macron immerhin versucht, die islamische Einschüchterungsideologie zurückzudrängen – mit welchem Erfolg auch immer – und dafür auch den finanziellen Hebel ansetzt, tut die Bundesregierung nicht nur nichts desgleichen. Sie finanziert sogar eine Art Kompetenzzentrum für Hass auf staatliche Institutionen, Ressentimentverstärkung und Islamverklärung. Und die üppigen Gelder dafür fließen nicht aus den Quellen irgendwelcher subalterner Ämter, sondern direkt aus dem Etat der Bundeskanzlerin.

Man kann das Inschallala-Haltung nennen: Möglichst nicht über den politischen Machtanspruch des Islam reden, immer Geld geben, auch an Organisationen wie die Ditib und den Zentralrat der Muslime, dessen Dach bis zu einer Abspaltung der Grauen Wölfe reicht; Segregation und Ressentiments fördern, gesellschaftliche Spaltung bejammern, die man selbst finanziert, und erwarten, dass sich auf diese Weise zwischen Mehrheitsbevölkerung und Muslimen schon alles zurechtruckelt.

Es heißt immer, Frankreich sei Deutschland bei der Entwicklung seiner islamischen Gegengesellschaft heute um etwa fünf Jahre voraus. Jedenfalls kommt Merkel das Verdienst zu, diesem Abstand seit 2015 erheblich verkürzt zu haben. Ihr Nachfolger wird an dem Punkt stehen, an dem der französische Präsident sich jetzt befindet.

In einem Interview mit den „Neuen Deutschen Medienmachern“ verriet Amjahid übrigens, was er von den Almans erwartet:
„Auf der politischen Ebene würde ich mir wünschen, dass wir in Deutschland ein Mindestmaß an Willkommenskultur entwickeln.“

Seiner weiteren Karriere in Deutschland dürfte wenig bis nichts im Weg stehen.