Tichys Einblick
Otto Schily: verfassungswidrige Anmaßung

Der Machtkampf ums Impfen

Die Impfpflicht für jedermann soll kommen. Es läuft offenbar auf einen Machtkampf hinaus und auf einen Test, wie weit sich die Bürger solche Eingriffe gefallen lassen. Ein früherer Bundesinnenminister meldet sich mit klaren Widerworten.

IMAGO / Laci Perenyi

Starke Worte: Als »eine verfassungswidrige Anmaßung des Staates« bezeichnete der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily eine Impfpflicht. Er selbst sei bereits dreimal geimpft, doch in einer freiheitlich-rechtsstaatlichen Demokratie dürfe sich der Staat nicht anmaßen, dem einzelnen Menschen eine bestimmte ärztliche Behandlung aufzuzwingen, so meldet sich Schily in einem Kommentar zu Wort.
Das gelte umso mehr angesichts der Tatsache, dass es sich um neu entwickelte Impfmethoden handele, deren Langzeitfolgen nach einem relativ kurzen Zeitabschnitt der Anwendung keineswegs abschließend verlässlich beurteilt werden könne, so Otto Schily. Soweit ihm bekannt sei, bestehe durchaus Anlass zur Sorge, dass erhebliche Impfschädigungen in nicht unerheblicher Größenordnung auftreten.

Klare Worte des Alt-Grünen und Alt-SPDlers.

Als »absurd und nicht durchsetzbar« bügelte Jens Spahn einst im Bundestag Kritiker ab und hielt eine allgemeine Impfpflicht für ausgeschlossen, das war noch gar nicht so lange her. »Für meine Regierung gibt es keine roten Linien mehr«, sagt jetzt Scholz, obwohl auch er kurz zuvor noch dagegen war. Impfpflicht für jedermann solle kommen. »Wortbruch« kommt es von Sahra Wagenknecht.

Es läuft offenbar auf einen Machtkampf hinaus und auf einen Test, wie weit sich die Bürger solch massive Eingriffe in ihre Gesundheit gefallen lassen. In Frankreich ging das schief, als Macron es zuerst an relativ kleinen Gruppen wie dem Pflegepersonal probierte; in den USA hat ein Bundesgericht Präsident Biden gestoppt, der eine Impfpflicht anordnen wollte. Ein Impfbefehl über etliche Millionen Bürger sei Aufgabe des Parlaments, nicht des Präsidenten, so das Bundesgericht und ließ offen, ob eine Impfpflicht überhaupt verfassungsgemäß sei. Das Weiße Haus wollte alle Privatunternehmen, die mehr als 100 Menschen beschäftigen, dazu verpflichten, ihre Mitarbeiter bis Anfang 2022 impfen zu lassen. In Österreich gehen Hunderttausende von Menschen auf die Straße, um gegen eine Impfpflicht und Corona-Zwangsmaßnahmen zu demonstrieren.

In Deutschland sind Linke und Grüne für sofortiges Impfen von Gentechnik. Ein Habeck wettert mit seinen Grünen vehement gegen das nach 40 Jahren Beobachtung erwiesenermaßen unkritische Glyphosat auf dem Acker, verdammt wie fast alle Grünen gentechnisch veränderte Kartoffeln, Raps und Mais – und jetzt befürwortet er ein gentechnisches Experiment, für das noch keinerlei Langzeiterfahrungen vorliegen. Nicht ohne Grund wird in sorgsam abgestuften Verfahren bei neuen Pharmaprodukten bis zu zehn, zwölf Jahre beobachtet, welche Folgen auftreten.

Das ist hier alles andere als klar. Es häufen sich beunruhigende Meldungen über teilweise sehr heftige Nebenwirkungen und Folgen.

Sogar in fünf- bis elfjährige Kinder sollen diese mRNA-Stoffe gespritzt werden. Das wollen mittlerweile viele Eltern freiwillig ihren Kindern antun, ohne dass jemand etwas Genaueres über Wirkungen und Folgen weiß. Kinder und Jugendliche haben meist einen milden Krankheitsverlauf, wenn sie denn überhaupt Symptome zeigen. Es liegt nach bisherigen Erkenntnissen also kein Grund für eine Impfung von Kindern und Heranwachsenden vor. Die Kleinen, die sonst nach dem Willen vieler Meinungsmacher nur biologisch, möglichst ohne Zucker und ohne chemische Zusatzstoffe ernährt werden und möglichst kein Fleisch essen sollen, werden hierdurch bereits zu gentechnisch veränderten Organismen gemacht. Kein Mensch kann etwas über die Langzeitwirkung auf die kleinen Körper sagen. »Natürlich in Kinderdosierung« – heißt es, wenn es um die Dosierung geht. Das klingt nach Lutschbonbon und Kaugummi. Doch Herumspringen in frischer Luft nützt dem Immunsystem deutlich mehr als die Lockdowns mit ihren katastrophalen Folgen gerade für Kinder.

»Akt der nationalen Solidarität« – was wurde in den vergangenen Jahren alles an Appellen an die »Nation« heraufbeschworen, obwohl die doch eigentlich aufgelöst werden soll. Doch je lautstarker die Worte, desto mehr Vorsicht ist geboten. Wohl selten hat die Politik so gelogen wie in dieser Pandemie. Sie ist von Anfang an dem Drehbuch »Wie man eine Panik inszeniert« gefolgt. Papiere dieser Art wurden bekanntlich in Auftrag gegeben, ministerielle Kritiker rücksichtslos zum Schweigen gebracht.

Doch Angst verhinderte eine vernünftige Diskussion im Umgang mit diesem Virus, der für viele Menschen durchaus tödlich werden kann. Verhindert wurde auch eine vernünftige Behandlung mit dem durchaus vorhandenen medizinischen Sachverstand. Hätte es sich, so drückt es der Heidelberger Arzt Dr. Gunter Frank aus, tatsächlich um eine extrem tödliche Pandemie gehandelt, wären die Maßnahmen zu lasch gewesen und vor allem deutlich zu spät gekommen.

Zum Schutze der Gesundheit – heißt es immer. Mit Gesundheit und Vorsorge lässt sich nahezu alles begründen; vom Impfen bis hin zum Verbot von Zucker. Eine Politikerkaste will vorschreiben, was jeder Einzelne zu tun und zu lassen hat. Gar zu verlockend klingen neue Machtgefühle. Doch es kann nur an die Politik heißen: Finger weg von Medizin und Gesundheit! Das ist Sache des Einzelnen. Dann kann man auch sehen, was wie wirkt. Ansonsten fällt die Kontrollgruppe weg.

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