Tichys Einblick
Räumung unter prominenter Aufsicht

Lützerath zwischen Farce und Komödie: Die Grünen sind schon weiter

In Lützerath wird nicht nur fürs Weltklima gekämpft. Vor allem prominente Unterstützer von Luisa Neubauer bis zu Katja Riemann kämpfen auch gegen ihren drohenden Bedeutungsverlust.

Die Polizei hat mit der Räumung der Ortschaft Lützerath begonnen, 11.01.2023

IMAGO / Sven Simon

Seit dem Morgen läuft die Räumung von Lützerath. Mehrere Hundertschaften der Polizei und eine Wasserwerfer-Staffel sind im Einsatz. Die Polizei hat offenbar bis jetzt die Lage im Griff. Wurden am Vormittag noch Steine und Molotowcocktails gegen die Polizei geworfen, hat sich nach Einschätzung der Polizei die Lage „deutlich beruhigt“. Eine „Vielzahl von Aktivisten“ habe sich entschlossen, „den Bereich hier friedlich und ohne Gegenwehr zu verlassen.“

...dann nicht doch besser Kernenergie?
In Lützerath findet das peinliche Rendezvous der Grünen mit der Realität statt
Da sich in Lützerath Organisationen wie „Fridays for future“ und Aktivisten wie Luisa M. Neubauer auch vehement gegen ihren Bedeutungsverlust wehren, erstaunt es nicht, dass Luisa Neubauer die „schiere Anzahl der Polizisten“ als „Provokation“ empfindet. Man sollte für sie hoffen, dass es ihr doch noch gelingt, Anschluss an die Wirklichkeit zu gewinnen, denn die Aufgabe der Polizei besteht nicht im Klimaschutzbewegtenschutz, sondern in der Durchsetzung des Rechtsstaates. Schließlich existiert kein Recht aus Apokalyptik. Wie verzweifelt der Verlust an Öffentlichkeit gerade von Fridays for future empfunden wird, verdeutlicht die bizarre Ankündigung von Greta Thunberg, am Sonnabend nach Lützerath zu kommen. Wie dann die Situation ist, ob es dann noch eine Situation gibt, lässt sich noch nicht sagen, denn die Häuser sind noch nicht geräumt.

Der Protest von Klimaextremisten wendet sich nun auch gegen die Grünen. So wurden an der Bundeszentrale der Grünen in Berlin an Fenster und Türen große Kreuze geklebt. Robert Habeck hat in einer Pressekonferenz zu einem anderen Thema kurz zu den Ereignissen in Lützerath Stellung bezogen. Er ließ durchblicken, dass ihm die sogenannte Klimabewegung als Wahlkampfhelfer höchst willkommen ist, aber dass Lützerath nun wirklich das falsche Symbol für den Klimakampf sei: „Die leergezogene Siedlung Lützerath, wo keiner mehr wohnt, ist aus meiner Sicht das falsche Symbol.“ Er verteidigte den Kompromiss mit RWE: „Es ist eine Vereinbarung, die dem Klimaschutz dient.“ Das Wort, das Habeck in seinem kurzen Statement am häufigsten benutzte, lautete „Wasserstoff“.

Das ist es, worum es Habeck geht, um den Umbau der deutschen Energiewirtschaft in eine Wasserstoff-Wirtschaft als Teil der Großen Transformation. Deshalb zeigte er sich auch relativ unbeeindruckt von den Protesten in Lützerath. Habeck und die All-eletric-Fraktion, der Klima-Komplex hat sich innerlich längst von Lützerath und seinen Klimabewegten verabschiedet. Ob Lützerath den Grünen wirklich Probleme bereiten wird, wird man sehen. Sie sind wohl weiter und auf anderen Wegen unterwegs, als man das in Lützerath auch nur im entferntesten ahnt. Man könnte aus grüner Sicht zu der internen Schlussfolgerung kommen: Die Klimabewegung hat ihre Schuldigkeit fast getan, die Klimabewegung kann fast gehen.

Noch eine Posse wie eine deutsche TV-Komödie am Rande: Auch wenn sich immer weniger Menschen daran erinnern dürften, wer Katja Riemann oder Peter Lohmeier ist, ist es doch schön, dass sich die Schauspieler, nach dem sie ausgeschlafen haben, mit anderen „Prominenten“ zusammen zu Wort gemeldet und den sofortigen „Stopp der Räumung in Lützerath“ gefordert haben. Auch Igor Levit gehört zu den Unterzeichnern, über den Wikipedia informiert, dass er nicht nur ein „politischer Aktivist“, sondern auch ein Pianist sei. Jedenfalls hat Katja Riemann nicht ihren Sinn für Humor verloren, wenn sie kämpferisch wie in einer deutschen Komödie zu Protokoll gibt: „Wir Unterzeichnenden stehen an der Seite der vor Ort Protestierenden, auch wenn wir nicht vor Ort sind.“ Sie stehen, auch wenn sie nicht stehen, besser kann man es nicht sagen.

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