Tichys Einblick
Flüge nach Bali

Die Letzte Generation will sich aus PR-Desaster schwätzen

Klimakleber blockieren Autofahrer fürs Klima – und fliegen dann nach Bali in Urlaub. Nicht gerade ein PR-Erfolg für die „Letzte Generation“. Nun versuchen ihre Anhänger Absurdes, um sich das Desaster schön zu schwätzen.

Mitglieder der Letzten Generation demonstrierten am 8.12.2022 am Münchner Flughafen

IMAGO / aal.photo

Bali ist eine Provinz in Indonesien. Von Deutschland aus gesehen liegt der Ort hunderttausende Kilometer entfernt, wie es Annalena Baerbock oder Luisa Neubauer wohl vorrechnen würden. Wenn sie einen Flug dorthin an den Pranger stellen wollten, oder erklären, dass mit diesem Flug die letzte Chance vertan wurde, den Klimawandel zu stoppen. Zumindest bis zur nächsten letzten Chance. Doch Luisa S. (22) und Yannick S. (24) gehören zu den Klimaklebern der Letzten Generation, also zu den Guten und werden von den eigenen Anhängern nun für ihren ökologischen Bigfoot-Fußabdruck in Schutz genommen. Wie die Klimaschmutz-Verteidiger ihren Corpsgeist auf die Straße bringen, ist allerdings durchaus amüsant.

Da ist zuerst die Letzte Generation selbst, die ihre fliegenden Klassenkämpfer verteidigt: Für deren Sprecherin Carla Hinrichs war es „ein Haar in der Suppe“, dass S und S den Autofahrern nicht annähernd das gleiche Recht auf Umweltsünden erlauben, das sie für sich selbst in Anspruch nehmen. Um für den Klimaschutz zu predigen, müsse man nicht selber Klimaschutz leben, meint Hinrichs. Autofahrer und Fleischesser dürften sich gerne mit den Vollzeit-Extremisten auf die Straße setzen. Es sei Zeit, „jetzt den Blick voneinander ab- und dem wirklich Wichtigen zuzuwenden“, belehrt Hinrichs. Nachdem sie vorher alle anderen der Doppelmoral beschuldigt hat. Aber mit dem „Den Blick aufs Wichtige wenden“, ist es für die Letzte Generation wie mit dem Klimaschutz: Man kann es auch von den anderen verlangen – oder gerade dann –, wenn man es selbst nicht vorlebt.

Schizophrenie oder Doppelmoral?
Ab nach Bali! Statt Gerichtstermin fliegen Klimakleber in den Urlaub
Doch die Rechtfertigung der Letzten Generation selbst ist noch lange nicht der absurdeste Weg, die fliegenden Klimaschützer zu rechtfertigen. Auf Twitter erklärt der Nutzer „Alf Frommer“ seinen rund 25.000 Followern: „Auch Klimaaktivisten dürfen Flugzeuge benutzen, es geht darum Fliegen klimafreundlich umzubauen, nicht zu verbieten.“ Hat Deutschland demnach die Pflicht, Lastenräder mit Flügeln zu bauen? Wenn die Wirtschaft nicht einmal das hinkriegt, hat die Wirtschaft versagt und sind S und S förmlich zum Fliegen verurteilt – durch den repressiven Kapitalismus.

Aber nicht nur der Kapitalismus ist schuld an der Schuld der Klimakleber. Sondern auch die Medien. Zumindest wenn es nach dem „Sachbuchautor“ und „Klimaschutzaktivist*in“ Maurice Conrad geht. Medien seien „kognitiv nicht in der Lage…, politische Forderungen und Konsumkritik/ Verhalten auseinander“ zu halten. Das heißt also, man kann von anderen durchaus etwas fordern, das man selbst nicht zu tun bereit ist. Aber diese Formulierung würde der Sprachgewalt eines Sachbuchautoren und Klimaschutzaktivist*in nicht gerecht – und wäre außerdem zu ehrlich.

Apropos Sprachgewalt. Auch „die Wissenschaft“ stellt sich vor die Klimatrotter. Also jetzt nicht die Physik, die Mathematik, die Medizin oder sonst irgendwas Nützliches. Aber immerhin findet sich ein Philosoph bereit, die Verteidigung zu übernehmen: Daniel-Pascal Zorn. Er heißt wirklich so und schreibt auf Twitter: „Die Forderung, ein Kritiker müsse moralisch perfekt ‚mit gutem Beispiel vorangehen‘, unterstellt jeder Kritik einen Absolutheitsanspruch.“ Und das will niemand, der Letzten Generation einen Absolutheitsanspruch unterstellen. Also wirklich. Echt nicht.

Schon gar nicht die Letzte Generation selbst: Wenn sie Autofahrer in den Stau nötigt, weil sie ihnen das Autofahren vermiesen will, ist das kein Absolutheitsanspruch. Wenn sie Gemälde beschädigt, weil nur so das Eis in der Arktis aufhört zu schmelzen, oder wenn sie Flughäfen belagert, weil man nicht fliegen soll – also die anderen nicht –, dann ist das alles andere als ein Absolutheitsanspruch. Sondern ein… Nun. Wie man das nennt, dafür liefert Zorn keine gerechte Lösung. Noch nicht. Bis die gefunden wird, können wir den Absolutheitsanspruch der Letzten Generation vorläufig Bumsfideles oder Tralalala nennen – und dürfen uns bis dahin noch auf viel Bumsfideles Tralalala der letzten Generation freuen.

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