Tichys Einblick
Mensa beteiligt sich am #blackouttuesday

Intelligenz schützt vor Dummheit nicht

Mensa in Deutschland (MinD) ist ein Verein für die ganz Schlauen. Nur wer über einen IQ über 130 hat, also zu den intelligentesten 2% der Menschheit zählt, darf aufgenommen werden.

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Seit 2006 habe ich Mensa angehört und die regelmäßigen Treffen sehr genossen. Wer intelligenter als seine Mitmenschen ist, fühlt sich oft allein und unverstanden und darf unter lauter Hochbegabten endlich über all die Themen reden, denen sonst nur die Wenigsten folgen können.

Doch diese Phase endet nun, ich bin ausgetreten. Der Anlass: Auch Mensa beteiligt sich am #blackouttuesday. Radio- und Fernsehsender hatten angekündigt, aus Protest gegen den angeblichen Rassismus in den USA ihr Programm zu unterbrechen. In den sozialen Netzwerken können Nutzer an der Aktion teilnehmen, indem sie ein schwarzes Bild posten.

Mensa verrät seine Prinzipien

Damit verstößt Mensa gegen den Grundsatz, der auch für die internationale Organisation gilt: „Mensa holds no opinion.“ In der deutschen Vereinssatzung heißt es:

„MinD ist weder politisch noch religiös gebunden. Der Verein darf nicht zu politischen oder religiösen Themen Stellung nehmen.“

Doch solche Regeln dürfen offenbar jederzeit gebrochen werden, denn schließlich heiligt der Zweck die Mittel.

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Mensa-Vorstand Jens Wiechers rechtfertigte die Verletzung der Satzung: „Mensa als Verein vertritt keine Meinung, sondern versteht sich als offenes Forum für den Austausch von Ideen. Diese Offenheit wird leider oft falsch verstanden, denn Rassismus & Sexismus sind keine Meinungen, sondern Verbrechen. #BlackLivesMatterGermany“

Da die Meinungsfreiheit als solche ein Menschenrecht ist, wagt es niemand sie zu hinterfragen. Selbst Diktatoren tun dies – offiziell – nicht. Wer kritische Stimmen zum Schweigen bringen will, muss eben die Definition dessen, was eine Meinung ist und was nicht, je nach Bedarf verengen oder erweitern.

Auch juristisch ist eine solche Argumentation mehr als fragwürdig. Ein Verbrechen wird mit einer Haftstrafe von mindestens einem Jahr geahndet. Alles darunter ist nur ein Vergehen. 

Wenn Hochbegabte ihren Verstand nicht gebrauchen

Schon mehrfach wurde mir vorgehalten, als Mitglied von Mensa müsse ich wohl auf dümmere Menschen herabsehen. Doch es ist umgekehrt. Dummen Menschen kann ich Dummheit verzeihen. Klugen Menschen nicht.

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Sie haben alle Instrumente eines wachen Verstandes, um die Wahrheit zu erkennen, aber beschließen, diese Instrumente nicht anzuwenden. Wohl kaum etwas macht mich derart rasend wie dumme kluge Menschen.

Berichte, dass die US-Polizei systematisch aus rassistischen Motiven Schwarze erschieße, sind nicht nur falsch – sie sind eine Lüge. Die Medien verdrehen Fakten oder lassen sie aus, um dieses Bild in den Köpfen ihrer Leser zu erzeugen.

Warum genau die These von der rassistischen Polizei falsch ist, werde ich an dieser Stelle nicht erläutern. In der Vergangenheit habe ich es oft genug getan. Meine Argumentation ist streng statistisch – sie sollte also für einen Hochbegabten leicht nachvollziehbar sein.

Auch Mensa hat sich mittlerweile dazu entschlossen, Fakten zu ignorieren und stattdessen auf Gefühle zu vertrauen. Ist das nicht genau die Haltung, die man sonst eher US-Präsident Donald Trump vorwirft?

Eigentlich müsste ein Wissenschaftler, der mit Gegenargumenten zu seiner These konfrontiert wird, diese widerlegen können. Sich ihnen zu verweigern, wäre ein Verstoß gegen seinen Berufsstand.

Tatsächlich erlebte ich so gut wie nie, dass meinen Thesen über die US-Polizei inhaltlich widersprochen wurde. Die beste Erwiderung auf meine Ausführungen waren noch mehr Pseudo-Argumente. Der Verweis darauf, dass ich nur ein weißer Mann oder ohnehin ein Rassist sei, erfüllt die grundlegenden Kriterien an ein Argument nicht.

Die meisten Hochbegabten, die ich damit konfrontierte, beharren darauf, dass meine Ausführungen falsch seien. Doch das ficht mich nicht an, solange sie nicht benennen können, warum sie falsch sein sollen.

Jens ist nicht nur Mitglied von Mensa, sondern auch der Triple Nine Society. Er ist also nicht intelligenter als 98%, sondern als 99.9% aller Menschen. Beruflich befasst er sich hauptsächlich mit Kryptowährungen. Die Statistikprogrammen R und SPSS sind ihm vertraut.

Natürlich bin ich als Hochbegabter intelligenter als der Durchschnitt. Aber seien wir realistisch: In der Gruppe aller Hochbegabten bin ich selbst genau das – Durchschnitt.

Jens könnte meine statistischen Ausführungen über Polizeigewalt in den USA also ohne Zögern widerlegen – so sie denn falsch wären. Doch was hat er stattdessen getan? Mich auf dem offiziellen Facebook-Account von Mensa geblockt. Wem die Argumente fehlen, der greift nach jedem Strohhalm.

Übrigens: Auch die Triple Nine Society hat ähnliche Statuten wie Mensa:

„Die Triple Nine Society ist der Freundschaft, der Kommunikation, dem Abenteuer der geistigen Erkundung und der besseren Verwirklichung individueller Potentiale verpflichtet. Sie unterstützt weder das Aufzwingen eigener Philosophien auf andere Personen, noch unterstützt sie eine eigene Weltanschauung ihrer Mitglieder. Sie strebt danach, Engstirnigkeit durch Ausschließlichkeit zu vermeiden. Das zugrundeliegende Prinzip der Triple Nine Society ist demokratisch und kollegial, nicht hierarchisch.“ 

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Natürlich geht es weder Mensa noch den vielen Prominenten oder den unzähligen gewöhnlichen Nutzern, die ein schwarzes Bild teilen, wirklich darum, ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Das virtue signaling dient nur dazu, eine Gruppenzugehörigkeit zu bekunden – schließlich ist der Mensch ein Herdentier.

Genau das erklärt auch, warum Menschen sich nur schwer von ihren politischen Meinungen abbringen lassen. Meist bewegt man sich in einem gleichgesinnten Freundeskreis. Wer die herrschenden Ansichten hinterfragt, muss die soziale Isolation fürchten. Es wäre noch nachvollziehbar, dass man seine Ansichten besser für sich behält, wenn man weiß, dass sie auf negative Resonanz stoßen könnten. Doch wie die Sozialpsychologie berichtet, beginnen Menschen tatsächlich, das für wahr zu halten, was die meisten um sie herum glauben. Gegen diesen grundsätzlichen Mechanismus des Gehirns kommen selbst viele Hochbegabte nicht an.

Debatten im Elfenbeinturm

Dass intelligente Leute dumm sein können, wird niemanden überraschen, der die Debatten der letzten Jahre im akademischen Elfenbeinturm verfolgt hat. Dort heißt es, dass der Islam friedlich sei und es sich bei Kiezdeutsch bzw. Kanak Sprak nicht um schlechtes Deutsch, sondern eben nur um ein anderes Deutsch handele. An den Universitäten kann man auch von weißen, heterosexuellen Männern hören, was genau an weißen, heterosexuellen Männern so böse ist. Von den sonstigen Auswüchsen der Genderideologie ganz zu schweigen.

Schwer vorstellbar, aber ja: Derartige Akademiker sind intelligenter als der Schnitt der Bevölkerung. Doch immerhin befinden sie sich, verglichen mit den anderen Disziplinen, eher am unteren Rand der Intelligenzverteilung. Sozialwissenschaftler weisen tatsächlich einen niedrigeren IQ auf als beispielsweise Mathematiker und Physiker. In den gender studies ist man in aller Regel vor Hochbegabten sicher.

Die „Geschwätzwissenschaftler“ mögen einwenden, dass der Intelligenztest eben besonders gut zur Erfassung der mathematischen Fähigkeiten geeignet sei, doch das stimmt nicht, denn auch die verbale Intelligenz wird abgefragt. Und auch dort schneiden Mathematiker und Physiker noch besser ab als viele Geisteswissenschaftler. Eine Konzentration rein auf diesen Aufgabenbereich würde die Intelligenzlücke nur schmälern, aber nicht verschwinden lassen.

Gleichschaltung greift um sich

Als Historiker und damit Geisteswissenschaftler blickte ich oft neidisch zu den objektiveren Naturwissenschaften auf, denen ideologisches Denken fremd schien. Heute weiß ich, dass ich falsch lag. Die Naturwissenschaften sind keineswegs immun gegen Ideologie. Die politkorrekte Gleichschaltung, die die Geisteswissenschaften schon vor langem erfasst hat, greift nun auch dort immer weiter um sich.

Die drei Giganten des Silicon Valley, Mark Zuckerberg, Larry Page und Sergey Brin nahmen in ihrer Jugend an einer Hochbegabten-Studie teil, zu der nur das klügste 1% zugelassen wurde. Eigentlich sollte gerade in der Welt der Bits und Bytes – wo sonst? – die Logik gelten. Doch die großen Internetkonzerne schließen sich dem globalen Kampf gegen die Meinungsfreiheit an. Der kritische Geist James Damore, der unter Verweis auf wissenschaftliche Literatur Geschlechtsunterschiede thematisiert hatte, wurde von Google entlassen.

Meine Kieler Regionalgruppe von Mensa war stets ideologisch divers. Dort gab es mehr als eine Meinung und gelegentlich auch politischen Streit, aber immer getragen von gegenseitigem Respekt. Und wer eine bestimmte Position vertrat, tat dies üblicherweise mit Argumenten. Doch wie ich aus Schilderungen anderer Mensaner weiß, ist es in anderen Regionalgruppen um die Meinungsfreiheit schlecht bestellt. In Berlin beispielsweise gewinnen die social justice warriors an Boden.

Die Schere im Kopf

Diktaturen konnten auch darum überwunden werden, weil der kleine Teil der Intelligenten all die Täuschungen und Propaganda durchschaute. Selbstzensur angesichts von Todesangst ist verzeihbar – doch die heutige Schere im Kopf funktioniert ganz ohne Arbeitslager.

Wenn selbst die Klügsten sich dem Totalitarismus beugen, ist die Niederlage komplett. Der Niedergang Deutschlands, der sich in den letzten Jahren immer deutlicher abzeichnet, lässt sich kaum noch abwenden.

Wenn selbst Intelligenz nicht vor Dummheit schützt, was dann?


Lukas Mihr

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