Tichys Einblick
Herbert Reul

Hass gegen Polizei UND Demonstranten? – Schwarzer Innenminister Reul sieht Rot

NRW-Innenminister Reul geißelte zuerst Montagsspaziergänger als „Staatsfeinde“. Dann ging es gegen Polizisten, die er exakt auf jene Demonstranten hetzt. Er hat mal wieder seinen wahren Charakter gezeigt. Tausende Wähler geben seinetwegen der CDU ihre Stimme. In völliger Verkennung der wahren Tatsachen.

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Der Streifenpolizist wechselt die Straßenseite, als er mich sieht. In meine Richtung. Er schaut ziemlich verzweifelt, holt sein Handy, klickt eine Internetseite an und meint: „Herr Hahne, ich weiß, Sie sind doch Ehrenkommissar der Bayerischen Polizei: Was sagen Sie denn zu diesem Vorgang?“ Er zeigt mir das Nachrichtenportal von ntv und deutet auf eine Meldung vom frühen Morgen: „Unglückliche Formulierung – NRW-Innenminister Reul entschuldigt sich bei Streifenpolizisten.“

Dieser CDU-Mann hat also mal wieder seinen wahren Charakter gezeigt. Der angebliche Hardliner gegen arabische Clans und zunehmende Anzahl an Messerstechereien, der selbsternannte Obersheriff für Law and Order, dieser Günther Beckstein und Heinz Buschkowsky im Westentaschenformat. Tausende Wähler geben seinetwegen der CDU ihre Stimme. In völliger Verkennung der wahren Tatsachen. Die dunkelgrünen Schwarzen werben mit ihm die Stimmen all dieser vernagelten Konservativen, die immer noch nicht begriffen haben, was wirklich los ist.

Der CDU-Mann geißelte unlängst in schlimmster Nancy-Faeser-Markus-Söder-Manier harmlose Montagsspaziergänger als „Staatsfeinde“. Für Söder sind sie sogar in der Nähe der RAF. In einem TV-Interview schwurbelte Reul im Verschwörungston, unterfüttert mit aus der Luft gegriffenen Fakenews, es gehe bei Demos nicht mehr um Protest, nein, es sind „fast so etwas wie neue Staatsfeinde, die sich da etablieren“. Im Gleichklang übrigens mit anderen Unions-Innenministern, die sich in der Diffamierung und Stigmatisierung unbescholtener Bürger gegenseitig übertreffen.

Jetzt geht es also gegen genau jene Polizisten, die dieser Herr Reul von der CDU exakt auf jene Demonstranten hetzt, die er Staatsfeinde nennt. Und da es Gott sei Dank genug Polizisten gibt, die das nicht mitmachen, verfolgt die herrschende Klasse ja folgende perfide Strategie, wie einem jeder Polizei-Insider bestätigt: Bei Großdemonstrationen karrt man Polizisten aus aller Herren (Bundes-)Länder herbei, damit bloß keine Solidarität mit den eigenen Bürgern entsteht. Vor allem junge Beamte sind empfänglich für solche „robusten“ Einsätze …

Echte Solidarität habe ich allerdings oft genug bei Veranstaltungen erlebt, das gehört zur Wahrheit. Beamte, die beide Augen zudrückten, wenn es um diese wirren Abstands- und Maskenregeln der regierenden Verschwörungspraktiker ging. Nirgendwo wurde anschließend ein Massensterben gemeldet. Ja, es gibt diesen kleinen „Widerstand“. Aber eben (leider) auch die andere, brutale Seite der „Staatsmacht“. Erlebnisse oder Videos, die einen an der Polizei (ver-)zweifeln lassen und die mich oft genug animierten, den „Ehrenkommissar“ zurückzugeben.

Merkel hatte ja mal in einem überraschend lichten Augenblick eingeräumt, manche ihrer (wirren) Corona-Maßnahmen „erinnern mich an meine DDR-Vergangenheit … nämlich der Eingriff in die Freiheitsrechte.“ Geht sie jetzt als hochbezahlte Rentnerin mit dem größten und aufwendigsten Büro aller Ex-Kanzler mit auf die Demo und lässt sich von Reuls Hilfssherrifs vertrimmen?

Zurück zur Polizeibeschimpfung. Was CDU-Mann Reul da abgelassen hat, ist verbaler Unrat der schlimmsten Sorte. Streifenbeamte gegen Kripo auszuspielen ist ohnehin perfide. Die Uniformierten jedoch derart menschenverachtend abzuqualifizieren, ist das die neue christliche Politik? „Es müssen doch nicht alle auf’m Auto sitzen und Verbrecher in der Stadt jagen. Da haben wir genug von.“ CDU-Reul sagte vor angehenden Polizisten mit Bezug auf die Kripo weiter: „Wir brauchen dringend Leute, die den Kopf anstrengen und die sich hinsetzen und die im wahrsten Sinne tüfteln, ermitteln.“

Herr Reul scheint zu übersehen, dass die Streifenpolizisten ihren Kopf nicht nur anstrengen, sondern h i n h a l t e n. In Bayern (CSU!) werden allein 7.000 Beamte jährlich angegriffen, verletzt, bedroht. In Berlin oder Reuls CDU-Land NRW sind es noch mehr. Täter sind nicht selten jene Großfamilien oder Flüchtlinge, die die Unionsherren Söder, Bouffier, Wüst, Reul, Strobl etc. doch herzlich willkommen heißen. Jene Politiker, die die Arbeit der Polizei unmöglich machen, indem Täterbeschreibungen nur noch im CDU-Wokismus herausgegeben werden dürfen: ein Mann, eine Gruppe Männer, einige Jugendliche, ein Party-Event … Hessen ist in dieser Causa weit vorn.

Ich bekam den Ehrenkommissar-Titel 2002 aus der Hand des damaligen Bayerischen Innenministers Beckstein auch deshalb, weil ich zeitlebens offen darüber berichtete, welchen Strapazen und Angriffen gerade Streifenpolizisten ausgesetzt sind – die übrigens mehr als 80 Prozent der Bediensteten ausmachen. Sie werden als erstes über den „Polizeiruf 110“ gerufen, sie begeben sich in gefährlichste Situationen und sehen die schrecklichsten Unfälle und Taten. Den ganzen gesellschaftlichen Dreck haben diese Beamten vor Augen. Und schließlich im Unterbewusstsein. Nirgends ist die Zahl der verzweifelten Selbstmorde, der Depressionen, Scheidungen, Drogen- und Alkoholabhängigkeit so stark wie in diesem Beruf. Schichtdienst, geringe Zulagen, wenig Familienleben, kaserniert …

Und dann kommt so einer von der CDU daher und diffamiert in menschenverachtender Weise ausgerechnet diese Beamten – Entschuldigung hin oder her. Genauso wie unbescholtene Bürger, die in Sorge um unser Land, um unsere Kinder und die Zukunft auf die Straße gehen und ihr gutes Recht wahrnehmen. Weiß dieser Herr nicht, dass seit 1945 weit mehr als 400 Polizisten in Ausübung ihres Dienstes ihr Leben verloren und ihre Familie zu Witwen und Waisen machten? Davon allein 366 uniformierte Schutzpolizisten.

Ich rate meinen „Kollegen“, mal einfach eine Woche den „Schutz“ solcher Politiker einzustellen. Wieso riskieren sie für solche Leute ihr Leben oder patrouillieren vor deren Luxuswohnungen in glühender Hitze und bitterer Kälte?! Und wann immer es geht, bei Demonstrationen im Sinne ihres Gewissens und des Volkes zu agieren. Durch solch mutige Beamte ist an meinem Geburtstag, am 9. November 1989 um 23.30 Uhr an der Bornholmer Straße in Berlin die Mauer gefallen, allein dadurch!