Tichys Einblick
Kirchenaustritte

Es war einmal eine evangelische Kirche

Die Kirche der EKD ist nicht die Kirche Jesu Christi. In dieser Zeit müssen Christen den Funktionären der EKD entgegentreten und sich für die drängende Reformation der Kirche engagieren.

Die Distanzierung von Helmut Kentlers pädophilem Verhalten war lang ersehnt. Es dürfte Kentlers Opfer hart ankommen, dass sich nicht die Evangelische Kirche in Deutschland als Ganze entschuldigt.

imago Images/photothek

Ohne Frage finden sich in den Kirchen und Gemeinden noch Pfarrer, die eine hervorragende und hoch engagierte  Arbeit leisten – und dabei weitegehend von der EKD-Bürokratie allein gelassen oder sogar behindert werden. Keine Frage indes ist es, ob die evangelische Kirche noch existiert. Denn, wenn man unter evangelischer Kirche den Apparat der EKD versteht, die Bedford-Strohms und Thies Gundlachs, dann lässt sich von der evangelischen Kirche nicht mehr sprechen, denn diese Vorfeldorganisation der grünen Partei ist weder evangelisch, noch Kirche. Das berühmte Jesus-Wort aus Johannes 18,36 hat die EKD in sein Gegenteil verkehrt, denn sie glauben tatsächlich, dass Jesus gesagt hätte: Mein Reich ist nur von dieser Welt. Und damit gemeint hat: Vergesst das Himmelreich und treibt Politik auf Teufel komm raus – und zwar grüne. 

Ohnehin scheinen die Kirchenfunktionäre zu meinen, dass die Bibel neu übersetzt und in die babylonische Sprachverwirrung, die man gemeinhin „gendern“ nennt, getrieben werden muss. Als Martin Luther die Bibel ins Deutsche übertragen hatte, forderte er, dass man dem Volks aufs Maul schauen, heißt, die Sprache des Volkes beachten müsse, nicht dass man dem Volk aufs Maul zu schlagen, dem Volk die Sprache vorzugeben habe. Statt alle Spendengelder für Brot für die Welt auszugeben, beteiligt sich Brot für die Welt und die Diakonie an einer Broschüre der EKD: „Sie ist unser bester Mann! – Wirklich? Tipps für eine geschlechtergerechte Sprache“, die zwar von keinerlei linguistischen Kenntnissen auch nur gestreift wird, dafür aber in Sachen Genderkompetenz keine Wünsche offen lässt. Entweder man versteht etwas von Linguistik oder vom Gendern, beides zusammen geht nicht, denn Wissenschaft schließt Ideologie aus und vice versa. 

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In der Broschüre wird zur Ersetzung der Substantive durch substantivierte Partizipien aufgerufen, wodurch aus den Mitarbeitern die Mitarbeitenden, obwohl nicht alle Mitarbeiter Mitarbeitende sein müssen, aus den Spendern die Spendenden, aus den Leitern die Leitenden werden. Denjenigen, die sich an den „nicht immer schön“ klingenden substantivierten Partizipien stoßen, wird die Benutzung von „geschlechtsneutralen Begriffen“ empfohlen. 

Aber vielleicht besinnt sich die EKD eines besseren und will zumindest in der Sprache Familienpolitik betreiben, wenn dazu geraten wird, statt die Kleinbauern die Kleinbauernfamilien zu sagen oder zu schreiben. Gehört zur Definition des Kleinbauern die Familie? Ist sich die EKD sicher, dass, wenn die Kleinbauern ernten, alle Familienmitglieder an der Ernte teilnehmen, denn nur dann wäre der Satz: Die Kleinbauernfamilien ernten“ korrekt. Wenn der Filius lieber zum Fußballspiel geht und die Tochter sich lieber die Nägel lackiert, von mir aus auch gendergerecht umgekehrt, während der Vater mit dem Mähdrescher über das Weizenfeld fährt, würde mitnichten die Kleinbauernfamilie ernten, sondern nur d e r Kleinbauer und wenn ihrer viele sind, dann ernten die Kleinbauern und eben nicht die Kleinbauernfamilie. 

Im November beauftragte die 12. Synode der EKD den Rat der EKD „die derzeit geltenden Regelungen für interne und externe Kommunikation der EKD unter besonderer Berücksichtigung der Intersexualität fortzuschreiben.“ Das Ergebnis, die Durchführungsbestimmung zum Gendern in der kirchlichen Kommunikation, soll im Herbst 2020 auf der 22. Synode beraten und beschlossen werden. Die Broschüre bietet bereits einen Vorgeschmack, wie die Kirchenfunktionäre die Sprache in dem, was von der evangelischen Kirche noch übrig ist, künftig gehandhabt werden soll.  Dass diese Funktionäre von den Christen in der Kirche nicht allzu viel halten, wird bereits an den Gendervorschlägen deutlich, denn die Ersetzung des Substantivs durch das substantivierte Partizip ist der sprachliche Vollzug der Auflösung des Subjekts zugunsten der amorphen Masse, die Entrechtung des Christen in der Kirche, der nur noch als Masse der zu Gehorchenden vorkommt. Allzu hoch dürfte auch nicht der Respekt vor den Pfarren sein, wenn aus dem Rednerpult das Redepult wird, weil dann statt Pfarren oder Rednern in der Kirche der EKD nur noch Pulte reden und keine Menschen mehr. 

Die jüngsten Austrittzahlen bestätigen, dass die Christen in Scharen die Kirche der EKD verlassen, all jene, die sich nicht politisch und sprachlich bevormunden lassen wollen und die resignieren, weil sie die Kirche nicht mehr als Ort des Glaubens, sondern als Klippschule grüner Ideologie erleben. 

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Unvergesslich ist mir, dass in der Diskussion im Anschluss an meinen Vortrag, eine Mutter einem pensionierten Pfarrer, der die Politisierung der Kirche in den höchsten Tönen lobte, ins Wort fiel. Empört berichtete sie, dass ihre Tochter in der Konfirmationsvorbereitung sich auf eine Fahrt freute, dann aber erleben musste, dass nicht vom Glauben gesprochen wurde, sondern es nur darum ging, wie die Kirche parteipolitisch noch grüner werden kann. Als die Mutter das Programm der Konfirmationsfahrt vorlas, kehrte betretenes Schweigen ein. 

 Im Jahr 2019 flohen  272 000 Christen aus der Kirche der EKD. In einem  Facebook-Post vermutete der Chefredakteur Reinhard Mawick des wohlfühlprotestantischen Kulturblättchen „zeitzeichen“, das unter anderem von Heinrich Bedford-Strohm herausgegeben wird, „dass „rechte Christen“ …. eben doch verstärkt austreten.“ Dass in der EKD offensichtlich zwischen guten und schlechten, zwischen „rechten“ und rotgrünen Christen unterschieden wird, zeigt das schismatische Wirken der Kirchenfunktionäre, die nicht einen, sondern spalten, die Zwietracht unter den Christen säen. Dekuvrierend ist Mawicks Statement deshalb, weil es im Umkehrschluss besagt, dass diejenigen, die aus der Kirche austreten, automatisch durch ihren Austritt rechts seien. Wer als Christ aus der Kirche austritt, kann nur ein rechter Christ, und rechts sind alle, die nicht rotgrün oder, um das Oxymoron zu benutzen, nicht linksliberal sind. 

Aber vielleicht ist es auch gut, dass in der Kirche Platz für neue, nicht rechte, sondern ausgesprochen progressive Christen ist. So forderte der Aktivist  der Black Lives Matter Bewegung, Shaun King, die Kirchen zu stürmen, die Bilder und Statuen, die Jesus Christus und die Heilige Familie als weiß darstellen, zu zerstören, weil sie rassistisch wären, weil sie als rassistische Propaganda die Unterdrückung der People of Color fördern würden. Überhaupt sollten alle bemalten Fenster eingeworfen, alle Fresken und Gemälde vernichtet werden, auf denen biblische Figuren als Weiße dargestellt worden waren. Würde dieser Bildersturm umgesetzt, würde es die Vernichtung der europäischen Kunst von Giotto bis Albrecht Dürer, von Leonardo da Vinci bis Michelangelo – man denke nur an die Sixtinische Kapelle, an Raffaels Madonnen – bedeuten. 

Peter Hahne
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Vielleicht sollte man die EKD-Funktionäre mit diesen Leuten allein lassen, deren Ideologie sie so aktiv gefördert haben, denn wir haben es hier nur mit den extremen, aber folgerichtigen Ausläufern von Dekonstruktivismus, Genderismus, Postkolonialismus, rotgrüner Ideologie zu tun, aus denen sich der Wohlfühlprotestantismus der EKD zusammensetzt. Während die Kirchenfunktionäre durch die Politisierung der Kirche die „rechten Christen“ aus der Kirche treiben, haben sie den ideologischen Nährboden für den neuen Bildersturm und den Angriff auf die Kirchen mitverursacht.

Aber am Ende ist die Kirche der EKD nicht die Kirche Jesu Christi, es ist nicht ihre Kirche, deshalb bleibt es dabei, dass es Aufgabe des Christen in dieser kampferfüllten Zeit ist, den Funktionären der EKD entgegenzutreten und sich für die drängende Reformation der Kirche zu engagieren. Es wäre dies die Verteidigung unserer Kultur, unserer Sprache und unseres Glaubens in einem. 

Es war einmal eine evangelische Kirche, es wird wieder eine evangelische Kirche werden müssen. 

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