Tichys Einblick
Landtagswahlen im Osten

Es wächst zusammen, was zusammengehört

In Sachsen und Brandenburg formieren sich mit Hilfe der Grünen neue Bündnisse gegen die erstarkende AfD. Das wird den größten Wahlverlierern in den beiden Ländern zwar das Weiterregieren ermöglichen, den Aufwuchs der AfD aber nicht stoppen, sondern weiter forcieren.

imago images / Emmanuele Contini

Bestätigen sich die derzeitigen Umfragen zu den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg am kommenden Sonntag, gibt es am Wahlabend neben der AfD einen weiteren Gewinner, die Grünen. Laut der INSA-Umfrage vom 27. August können sie in Sachsen 11 Prozent und in Brandenburg sogar 14 Prozent der Stimmen erreichen. Wie die AfD kann die grüne Partei damit einen erheblichen Stimmenzuwachs für sich verbuchen, der sie, anders als die AfD, darüber hinaus einer Regierungsbeteiligung näherbringt. Sowohl in Sachsen wie in Brandenburg streben die amtierenden Ministerpräsidenten der CDU und der SPD angesichts der aktuellen Wahlprognosen jeweils eine Fortsetzung ihrer bestehenden schwarz-roten bzw. rot-roten Koalitionen unter Hinzunahme der Grünen als dritten Koalitionspartner an.

Sollte es nach den beiden Landtagswahlen zu den von CDU und SPD jeweils favorisierten Dreier-Koalitionen mit den Grünen kommen, lässt sich schon jetzt festhalten: die beiden größten Wahlverlierer regieren, wie schon nach der Bundestagswahl 2017, einfach weiter. Anders als derzeit noch im Bund wird dies aller Voraussicht nach in Sachsen und Brandenburg aber schon nicht mehr aus eigener Kraft, sondern nur noch mit Hilfe der Grünen möglich sein. In Brandenburg benötigt die rot-rote Regierung unter Führung der SPD ebenso die Grünen zur Fortsetzung ihrer Koalition wie in Sachsen die schwarz-rote Regierung unter Führung der CDU.

Andere Koalitionsoptionen sind ausgeschlossen, da das alles überragende Ziel aller etablierten Parteien in den beiden Ländern lautet, unabhängig vom tatsächlichen Wahlausgang eine Regierungsbeteiligung der AfD in jedem Fall zu vermeiden. Einzig in Brandenburg ist es vor dem Hintergrund des Kopf-an-Kopf-Rennens von SPD, Linke und CDU noch möglich, dass nicht die SPD, sondern die CDU den künftigen Ministerpräsidenten stellt. Dafür müsste sich nach der Wahl Ingo Senftleben in der CDU mit seinem Vorschlag durchsetzen, nicht nur mit den Grünen, sondern auch mit der Linken zu koalieren.

In Sachsen und Brandenburg wächst so zusammen, was auch im Bund schon längst zusammengehört: ein Bündnis all derjenigen politischen und ideologischen Kräfte, die auf den drei derzeit in Deutschland am stärksten umstrittenen Politikfeldern, der Asyl- und Migrationspolitik, der Umwelt- und Klimapolitik sowie der Euro- und Europapolitik, in den von den jeweiligen Parteiführungen von CDU, SPD, Grünen und Linken eingeschlagenen grundsätzlichen Stoßrichtungen übereinstimmen.

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Deutschland soll ein möglichst weltoffenes, multikulturell geprägtes Einwanderungsland für Migranten aus aller Welt werden, das seinen wachsenden Energiebedarf ausschließlich mit Hilfe erneuerbarer Energien erzeugt, für den Erhalt des Euro immer mehr Haftungsrisiken für andere EU-Länder übernimmt und seine nationale Souveränität Schritt für Schritt an die Europäische Union abtritt, um sich in ihr eines schönen (jüngsten) Tages (klammheimlich) aufzulösen. Diese „Vision“ bildet den aktuellen Mainstream der deutschen Politik, der auch von den meisten Medien propagiert wird und dementsprechend das öffentliche Bewusstsein beherrscht.

Die grüne Partei ist inzwischen der von den anderen etablierten Parteien weitgehend akzeptierte ideologische Bannerträger dieses Mainstreams. Sie befindet sich auf dem besten Weg, ihren Koalitionspartnern nicht nur im Bund, sondern auch in den Ländern immer mehr all derjenigen Wähler abspenstig zu machen, die sich als in höchstem Maße weltoffen, migrationsfreundlich, umwelt- und klimabewusst, transnational und EU-freundlich sowie – last not least – moralisch überlegen verstehen.

Mit dem Aufkommen der AfD hat dieser Bedeutungs- und Stimmenzuwachs zusätzlichen Schub erhalten, geht es inzwischen doch auch darum, die über mehrere Jahrzehnte mühsam errungene politisch-ideologische Hegemonie gegen den inzwischen auch in Deutschland erstarkenden „Rechts-Populismus“ zu verteidigen. Da gilt es, zusammen zu halten und die Reihen fest zu schließen. Selbst die Führung der sich einst als rechts-konservativ verstehenden CDU/CSU reiht sich angesichts einer solchen Sachlage inzwischen in den von den Grünen, SPD und der Linken angeführten Kampf gegen „Rechts“ ein und toleriert deswegen sogar Vorschläge zu Koalitionsbildungen mit der Linken.

Nicht nur in Sachsen und Brandenburg, sondern auch im Bund und in weiteren Bundesländern bildet sich so allmählich eine neue politische Front heraus, die zwischen den Anhängern des beschriebenen politischen Mainstreams und dessen Kritikern und Gegnern verläuft. Der AfD fällt dabei zunehmend die Rolle des Bannerträgers für die Verteidigung rechts-konservativer politischer Ziele und Werte zu, nachdem die Führung der CDU sich unter Merkel von diesen Zielen und Werten immer weiter entfernt hat und bislang auch keine Anstalten macht, zu ihnen wieder zurückzukehren. Innerhalb der Union gibt es zwar nicht nur in Gestalt der WerteUnion Widerstand gegen die immer weitere Öffnung der Partei für links-grüne Ziele und Inhalte. Angesichts der offenkundigen Avancen der Parteiführung im Bund und aktuell in Sachsen und Brandenburg gegenüber SPD, Grünen und selbst der Linken spricht aber nichts dafür, dass dieser Widerstand die Drift der Union ins links-grüne Lager stoppt oder gar wieder umkehrt.

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Die Position des Bannerträgers für einen rechts-konservativen Gegenentwurf zum sich als grün-progressiv verstehenden Mainstream der deutschen Politik wurde von der Union seit dem Jahr 2005 schrittweise geräumt und wird deswegen inzwischen von der AfD eingenommen. Anders als im Falle der Grünen handelt es sich bei der AfD allerdings um einen Bannerträger, dem bislang nur die eigene, aber keine andere Partei folgt. Trotzdem wächst ihr Zuspruch bei den Wählern, nicht nur in den neuen Bundesländern, wo es neben den zahlreichen Anhängern der Mainstream-Politik besonders viele Kritiker und Gegner dieser Politik nicht nur in der Wählerschaft, sondern auch in der Union selbst gibt. Viele von ihnen fühlen sich in ihrer Partei nicht mehr zu Hause, halten ihr aber noch die Treue in der Hoffnung auf Umkehr.

Die vermehrt zu erwartenden Koalitionen der Union mit den Grünen wird diese Hoffnung aber zusehends absterben lassen und den Aufwuchs der AfD zulasten der Union weiter forcieren. Der lachende Dritte sind jetzt schon die Grünen, deren Chancen auf Regierungsbeteiligung aufgrund des Erstarkens der AfD selbst dort wachsen, wo sie bislang weitgehend oder sogar völlig chancenlos waren. Das politische Bündnis der Mainstream-Parteien gewinnt so zwar zunehmend an Gestalt, verliert aber gleichzeitig an Rückhalt nicht nur bei den Wählern der Union, sondern auch bei einem Teil ihrer Mitglieder und Funktionäre. Die Wählerbasis dieses Groß-Bündnisses wird vermutlich ebenso erodieren, wie die Wählerbasis der (ehemaligen) Großen Koalition (GroKo).

Die Bündnispolitik der etablierten Parteien gegen die AfD wird so auf kurze Sicht zwar möglicherweise die Regierungsämter der größten Wahlverlierer retten, auf mittlere und lange Sicht jedoch nicht dazu führen, dass die AfD an Zuspruch bei den Wählern verliert. Sie könnte vielmehr zur einzig verbliebenen Hoffnung all derjenigen Wähler der etablierten Parteien werden, die, aus welchen Gründen auch immer, den von diesen Parteien eingeschlagenen Weg hin zu einer von der EU gesteuerten, mit hohen Haftungsrisiken belegten, von zahlreichen Windrädern und Solarzellen gespeisten, multikulturellen Einwanderungsgesellschaft nicht mitgehen wollen. Auch hier wächst, getrieben von der Bündnispolitik der Mainstream-Parteien, am gegenüberlegenden Pol zusehends zusammen, was zusammengehört.

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